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Troja

Troja

Titel: Troja Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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ziemlich furchtbar sein.«
    »O Lamashtu.« Ninurta rang nach Luft. »Ich schulde dir mehrfach Dank. Für deine Besorgnis um diesen unwerten Leib, und für eine wunderbare Geschichte, über die auch der alte Rap’anu sehr lachen wird.«
    Lamashtu starrte den Händler aus aufgerissenen Augen an.
    »Was ist denn so erheiternd daran, daß jemand ein Gemetzel anrichten will, Herr?«
    »Im Baal-Tempel« – Ninurta unterbrach sich, gluckste wieder – »gibt es nicht nur gewöhnliche Priester, sondern auch Seher. Du hast einen qadshu belauscht, keinen sangu . Ich sage dir jetzt in der Sprache von Akkad, was du gehört hast. Palasttor, bab ekallim ; Verlangen, erishtu ; Waffe der Rechten, kakki imittim . Verstehst du?«
    Adapa und Tsanghar wieherten los. Lamashtu starrte ratlos um sich, und auch Djoser begriff offenbar nicht, was da so lustig sein sollte. Zaqarbal dagegen grölte, wand sich, hieb dem Assyrer krachend auf die Schulter.
    »Ah, du weißt es noch immer nicht, oder? Es sind dies Bezeichnungen für bestimmte Teile oder Formen der Leber eines Opfertiers. Verstehst du jetzt?«
    Lamashtu schüttelte langsam den Kopf.
    »Der ältere Priester hat den jüngeren beschimpft, weil er beim Herausschneiden einer Opferleber offenbar sehr ungeschickt war – ›du hast mit Palasttor, Verlangen und Waffe-der- Rechten ein Blutbad angerichtet‹.«
    »Ja, aber… wen will er von hinten durchbohren?«
    Das löste bei Zaqarbal einen neuen Lachanfall aus; Ninurta bemühte sich um Fassung. »Er will niemanden von hinten durchbohren – er hat eine bereits vorhandene rückwärtige Durchbohrung erwähnt. Wahrscheinlich hat er so etwas wie qinnatu gesagt – ›du hast mit den drei wichtigen Leberteilen ein Gemetzel angerichtet, du After‹!«
    Diesmal lachten auch Djoser und Lamashtu. Ninurta wartete, bis sich das Gelächter gelegt hatte. »Wunderbar – aber andere Dinge sind weniger wunderbar. Wir müssen reden.«
    »Darf ich jetzt weiterschlafen, oder hast du vor, in unregelmäßigen Abständen zu lärmen?«
    »Halt den Mund und setz dich zu uns, Knabe; es geht dich auch an.«
    Zaqarbal grunzte, ließ sich auf den Boden sinken und lehnte den Rücken an die weiße Wand. »Da bin ich aber gespannt. Was hat das alte Schlitzohr Rap’anu gesagt?«
    Rap’anu empfing den Händler in seinem weitläufigen, üppig mit Teppichen, feingeschnitzten Truhen und Möbeln aus teuren Hölzern eingerichteten Arbeitsraum. Zwei Schreiber, die mit ihm am schwarzen Tisch gesessen hatten, rafften ihre Tontafeln, Stifte und Stempel zusammen und gingen; ein alter Sklave oder Diener brachte warmes, gewürztes Bier.
    Der wichtigste Berater von Ugarits König Hamurapi ließ weder Neugier noch Ungeduld erkennen; seine Fragen klangen beiläufig, aber Ninurta hatte große Mühe, sie befriedigend zu beantworten, ohne gleichzeitig zuviel zu verraten.
    »Du hast also mit dem Herrn in Ashur gesprochen«, sagte Rap’anu schließlich. »Ich will nicht wissen, was ihr verhandelt habt. Ich gehe einfach davon aus, daß ein gerissener Händler nichts ohne Gewinn tut.«
    »Es ehrt mich, als gerissen bezeichnet zu werden – vom listigsten Mann am Gestade des Westmeers.«
    Rap’anu strich über die Tischplatte. »Lassen wir das. Also, kurz gesagt: Ashur denkt nicht daran, eine mögliche… Schwäche des großen Königs Shupiluliuma auszunutzen; die Arami- Stämme rotten sich nicht gerade jetzt gegen uns und andere zusammen; Mitanni und Amurru hegen den Frieden. So etwa?«
    »Mit allen Vorbehalten, Herr. So sieht es aus, für einen arglosen Händler, dem niemand ein Geheimnis anvertrauen mag.«
    »Nun ja, es stimmt mit dem überein, was sonst zu hören ist.« Rap’anu legte beide Zeigefinger an die Nase und verschränkte die übrigen Finger vor dem Mund. Undeutlich sprach er weiter.
    »Der Herrscher will dich befragen, im Palast, morgen abend – aber das wußtest du ja schon. Sein Anliegen gleicht dem meinen. Oder? Nun, vielleicht nicht ganz.« Er stülpte die Lippen vor, löste die Finger, formte ein Dach aus ihnen. »Die Dinge geraten in Bewegung, und solange wir nicht wissen, wohin sie treiben, können wir weder Wälle bauen noch Gesandte ausschicken.«
    »Kluge Männer bauen immer Wälle«, sagte Ninurta ohne besondere Betonung. »Wo errichtest du die deinen?«
    »Ha. Die Seemauer ist schadhaft, die übrigen Wälle sind bereits ausgebessert.«
    »Du erwartest also keine Feinde vom Wasser her?«
    Rap’anu verzog das Gesicht. »Ich sprach in Bildern, Händler; nimm

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