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Troja

Troja

Titel: Troja Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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Lamashtu, die zu seinen Füßen saß. »Ihr ist immer noch kalt, weißt du, und sie meint, es betrifft dich. Eine düstere Drohung.«
    »Du scheinst Freunde zu haben.« Hasdrubals rauhe Stimme klang wie ein Reißen des Stoffs, aus dem die Nacht besteht.
    »Verdienst du derlei, Herr?«
    Ninurta hob die Schultern. »Treusorgende Freunde verdient man nicht, sie fallen einem zu. Ich bin gerührt, Lamashtu, Tsanghar, und ich danke euch. Ihr könnt aber ganz unbesorgt sein. Ich werde die Nacht hinter diesen sicheren Mauern dort verbringen. Geht schlafen – und ich danke euch noch einmal.«
     
    Tashmetu zupfte an Ninurtas Schurz, als er mit dem knappen Bericht fertig war. »Entblöße dich, du Ziel der selbstlosen Freundschaft zweier Fremden. Ich bin nicht ganz so selbstlos; aber was befürchten sie?«
    Ninurta ließ sich aufs Lager fallen, wo Tashmetus hurtige Finger die nicht vollzogene Entblößung übernahmen. Er erzählte von Lamashtus fröstelnden Ahnungen und dem belauschten Gespräch der Baal-Priester.
    Tashmetu lachte – gedämpft. »Ich glaube, sie sind klüger als du. Deine Deutung des Gesprächs ist erheiternd, aber in Ugarit sind zur Zeit viele Dinge möglich.«
    »Ach, du willst mir angst machen, damit ich mich in deinem Bett verkrieche.«
    »Das sowieso. Aber du solltest dich vorsehen. Fremden stoßen leicht Dinge zu…«
    Ninurta nahm ihr Gesicht in die Hände. »Deshalb ja die Eile. Wann wird dein Schiff beladen sein?«
    »Gegen Mittag. Und dann?«
    »Ich werde abends mit deinem edlen König sprechen. Und mit Rap’anu. Niqmepa, der Verwalter des Handels, ist auch dabei. Aber das habe ich dir doch längst gesagt.«
    »Laß es mich noch einmal hören. Wenn du leise redest, wie jetzt, ist in deiner Stimme etwas wie ein aufgerauhtes Tuch, das die Innenseiten meiner Schenkel reibt.« Sie nahm seine Handgelenke, löste die Hände von ihren Wangen und beugte sich vor; ihre Zunge berührte Ninurtas Brust. »Sprich weiter«, sagte sie dabei. »Und sprich leise.«
    »Alles ist vorbereitet. Meine Schiffe werden spätestens am Abend fertig sein. Deines sollte, gegen alle Gewohnheiten, gleich nach dem Beladen auslauten, o Wonne meiner Leber.«
    »Leber?« Sie gurrte. »Das ist nicht die Leber.«
    »Ah. Ja. Wonne, jedenfalls. Nicht bis zum übernächsten Morgenwind warten.«
    »Und jetzt nicht mehr reden.«
     
    Am Nachmittag sah Ninurta eine verschleierte Sklavin mit einem Tuchballen an Bord der Kerets Nutzen gehen. Gleich darauf legte das Schiff ab; Seeleute griffen zu den Rudern. Langsam glitt es in die Bucht hinaus, immer weiter, kroch dem offenen Meer entgegen.
    Der Assyrer beredete noch einmal alles mit Djoser und Zaqarbal; anders als sonst war der Sidunier fast beunruhigend ernst.
    »Und wenn doch etwas geschieht?« sagte er mehrfach.
    »Dann tut ihr, was wir besprochen haben.«
     
    Im Empfangsraum des königlichen Palasts blakten Fackeln; aus zwei Glutbecken stank es nach Räucherharz. Hamurapi, mächtiger Herr über Besitz, Leben und Tod aller Bewohner des Landes und der Stadt Ugarit (und ohnmächtiger Knecht des Großkönigs Shupiluliuma), hatte sich in ein Löwenfell gehüllt. Er saß auf dem Thronsessel, spielte mit dem Becher, der auf einem Tischchen neben ihm stand, und sah den Assyrer nicht an, als dieser sich nach dem üblichen Kniefall erhob.
    »Setz dich«, sagte Rap’anu.
    Vor dem Thron stand ein niedriger Tisch mit drei Schemeln. Rap’anu hatte die Unterarme auf die Tischplatte gestützt. Ihm gegenüber, fast verborgen hinter Tafeln und Stempeln und Stiften, saß Niqmepa. Der shakinu , ein uralter Mann ohne Haare und mit einem Gesicht, dessen Haut rissig und faltig war wie ein ausgedörrtes Rindenstück, hob eine Holztafel.
    »Das sind die Dinge, die deine Leute zu den beiden Schiffen gebracht haben. Lausch, o Händler.«
    Ninurta lauschte aufmerksam, beobachtete dabei, so gut dies im Zwielicht des Raums möglich war, den nicht mehr jungen König. Das Zucken, das in kurzen Abständen über sein Gesicht lief, schien schneller und schlimmer geworden zu sein.
    Niqmepa las eintönig Waren und Werte von der Tafel ab. Gefäße mit Wein, Gefäße mit Öl, Kisten mit diesem, Kasten mit jenem, Ballen hiervon und Packen davon. Der Gesamtwert der Ladung, schloß er, betrage sieben Talente in Silber.
    »Aufgerundet«, sagte Ninurta. »Zweifellos zugunsten des Herrschers, dem die Götter ein langes und ersprießliches Leben gewähren mögen.«
    »Zweifellos.« Rap’anu hustete. »Es ist so Brauch – wie

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