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Troja

Troja

Titel: Troja Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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shakinu hatte sich abgewandt. Rap’anus Gesicht war undurchdringlich wie immer, und das Zucken Hamurapis schien kaum heftiger als zuvor.
    Ninurta näherte sich dem kleinen Tisch, auf dem Brot, Salz, Früchte, Krüge und Becher bereit waren. Er nahm einen Fladen, streute Salz darüber, aß; nach dem zweiten Bissen sagte er: »Ich danke für eure Gastlichkeit, für Brot und Salz. Und ich bitte um eine Auskunft. Was war mit dem Boten aus Hattusha?«
    »Wir erwarten ihn noch.« Der shakinu hob die Schultern.
    »Das Schiff ist gekommen, aber der Gesandte will erst morgen mit dem König sprechen.«
    Die zweite Runde des Feilschens begann. Diesmal war Rap’anu zuständig. Er wiederholte Teile seiner Ausführungen vom Vortag, trug Ninurta Nachforschungen und Botschaften an oder auf: der Stand der Rüstung der Achaier, die Absichten des Königs Prijamadu hinsichtlich Alashias – ob er lediglich den alten Fürsten helfen wolle oder selbst Teile der Insel zu besitzen wünsche, und wie viele Schiffe und Männer er zu schicken gedenke, sowie auch: ob diese eine Bedrohung Ugarits werden könnten.
    »Und vor allem Madduwattas.« Rap’anu schien Mühe mit dem Namen zu haben, fast so, als ob es ihm Brechreiz bereitete, ihn auszusprechen. »Er ist uralt, sagt man, sieht aber jung aus, wie man sagt. Daß er alt ist, wissen wir, denn er war schon lange Herrscher seines Grenzgaues, als vor mehr als vierzig Jahren Talafu die Achaier aus dem Secha-Land vertrieb. Sieht er wirklich jung aus? Der Widerstand gegen ihn in Arzawa ist erloschen wie ein Feuer unter einem Wolkenbruch – welche Art Wolkenbruch hat er bewirkt? Hat es etwas mit den dunkelrot gewandeten Priestern zu tun, die ihm dienen – ihm und diesem seltsamen Gott Shubuk, der Menschen will? Wird Madduwattas für oder gegen die Hatti sein?«
    Ninurta zeterte höflich. Zu viele schwere Fragen für einen schlichten Händler; außerdem sei es schon zu spät im Jahr, nur mit Glück und Göttergunst werde man überhaupt noch Yalussu erreichen, und wenn es dort keine Nachrichten gebe, müsse man im Frühjahr Ilios und die Städte der Achaier und die Häfen von Arzawa aufsuchen, und wegen der Strömungen und Winde des Frühjahrs könne man dann nur über Tameri nach Ugarit gelangen. Selbst wenn man die gewinnverheißenden Häfen der Chanani und Pilistier, von Ashdudu und Suru bis nach Ushnu und Shuksi, nicht anlaufe – schmerzlicher Verzicht! –, könne man frühestens in zehn Monden…
    »Wieviel verlangst du für eine Abkürzung der Fahrt?« Hamurapis Geduld schien zu versiegen, und unter innerem Druck oder ob der Unruhe hatte das Zucken aufgehört.
    »Deine Gunst, Sohn des Baal und Neffe des Dagan. Steuer statt Zoll auch im nächsten Jahr. Und einen Nachlaß der soeben errechneten Abgaben.«
    Am Schluß lautete die von Ninurta unterschriebene Anweisung auf vierzehn Minen – 840 shiqlu . Er kniete vor dem König, berührte dessen Fuß mit der Stirn, verneigte sich vor Rap’anu, nickte Niqmepa zu und ließ sich von einem Palastdiener hinausführen. Das große Tor sei bereits für die Nacht versperrt, sagte der Mann; er werde ihn zu einem Nebeneingang bringen.
    Auf dem Weg durch die Gänge lauschte Ninurta dem Hall der Schritte, bedachte die Winkel und Nischen und Klüfte in den Köpfen der am Handel Beteiligten, staunte über den ungeheuren Gewinn, den er vorbei an den sehenden, wiewohl blinden Augen von Niqmepas Hafenschreiber an Bord der Schiffe gebracht hatte.
    Als er durch die vom Palastdiener geöffnete Tür auf eine dunkle Gasse trat, wunderte er sich darüber, daß Rap’anu ihn nicht noch einmal sehen wollte. Und daß keiner gesagt hatte, wann Beauftragte des shakinu die Zahlung holen würden. Er dachte an Tashmetus Warnungen – Brot und Salz, und Wein für den Gott. Im Palast war er sicher gewesen.
    Hinter ihm schloß die Tür sich krachend. Vor und neben ihm tauchten dunkle Gestalten auf; eine hielt ein Messer, in der Rechten. Aus den Augenwinkeln sah Ninurta huschende Schatten weiter weg; dann traf ein wuchtiger Hieb seinen Kopf, und er sah nichts mehr.
    ERZÄHLUNG DES ODYSSEUS (II)
    Wohl dem, der heiter erschlafft den Faden gespannter Geschichte weiterspinnen und lügen kann, wenn die Wahrheit entkräftet baumelt und zagt, nur öder Verfall und verhallendes Grunzen.
    Wir hatten gesprochen von Besuchen und Handel und Helena, wenn mich das versickernde Spülicht eurer Trünke zusamt der Nachwirkung dreifältigen Verzückens nicht maßlos verfinstert. Händler kamen,

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