Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Troja

Troja

Titel: Troja Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
Vom Netzwerk:
neben dem irgendeinem oder allen Göttern geweihten Altar ihren großen Bottich aufgestellt hatten, in dem faulige Flüssigkeiten sich entfalteten, jeden Morgen ergänzt um den Inhalt der Nachteimer aller Bewohner… Und die Heimkehr von Leukippe, kurz vor dem ersten Wintersturm, und am folgenden Tag auch die von Minyas. Beide konnten von Geschäften erzählen und Ninurtas Schicksal beklagen; beide wußten aber auch Bedrohliches über den kommenden Krieg. Es hieß, die zum Zug gegen Troja entschlossenen Westler hätten Gesandte ausgeschickt, um allen, die nicht auf ihrer Seite in den Kampf ziehen wollten, mit Vernichtung zu drohen; kleine schnelle Schiffe mit Spähern hätten die thrakischen Küsten erkundet und sich zwischen den Inseln von Lydien, Karien und Lykien gezeigt. Allgemein herrschte Einigkeit darüber, daß die Geschichte mit der geflohenen Fürstin ein Vorwand sei, nur geeignet, die an Ehre und derlei glaubenden einfältigen Kämpfer anzutreiben.
    »Da geht vieles durcheinander«, sagte Leukippe am ersten Abend nach der Heimkehr. Die Trojanerin, eine schlanke Vierzigjährige mit fast weißem Haar und milden Zügen (die dazu führten, daß man ihre Tücke beim Handeln unterschätzte), wirkte müde – müde von der Fahrt, aber auch ein wenig bedrückt, sobald sie von ihrer Heimatstadt sprach. »Die westlichen Fürsten besitzen das Land und die Städte erst seit wenigen Geschlechtern. Lauter Emporkömmlinge, roh und dumpf, mit wenigen Ausnahmen. Sie prahlen, prügeln sich ebenso gern, wie sie sich ungern waschen, haben eine Horde seltsamer Götter mit durchweg schlechtem Benehmen. Viele der Männer sind unbeschnitten, und da sie sich ungern waschen…« Sie rümpfte die Nase. »Aber gierig sind sie in hohem Maße, und sie wissen sehr wohl, daß ihre schäbigen Hütten nichts sind im Vergleich zu dem, was die Herren besaßen, die sie abgelöst haben. Und zu dem, was meine Heimat noch immer hat. Sie können erzählen, was sie wollen, von gekränkter Ehre und geraubten Fürstinnen – es geht um Trojas Reichtum, um die Handelswege nach Nordosten, um die Kostbarkeiten, die aus dem Hinterland und durch die Meerengen kommen.«
    »Hat nicht diese, uh, Helena gesagt, sie sei gar nicht geraubt worden, sondern freiwillig mitgekommen?« sagte Tarhunza.
    Tashmetu hob die Hand. »Wir hatten das Vergnügen, sie vor vier Jahren in Ugarit zu bewirten. Zusammen mit diesem Königssohn, Alexandras. Sie sind eine Flamme in zwei Körpern.«
    »So wirken sie. Was die Einwilligung in den Raub angeht, hat sie dies in der Versammlung wiederholt, vor dem Rat des Königs. Daß sie einfach von ihrem öden Gemahl wegwollte. Und ohne sie, Tochter des alten Königs, wäre Menelaos nicht Fürst der Spartaner.« Leukippe trank, mit geschlossenen Augen; halb in den Becher hinein sagte sie: »Auch darum geht es.«
    »Worum?« sagte Zaqarbal. Er hatte den Arm um Kynaras Schulter gelegt; die rechte Hand spielte unter dem Stoff mit Kynaras Brust.
    »Die Entfernung der Frauen aus allem, was wichtig ist. Ihr werdet in ihren Ländern keine Frau mehr finden, die eine Werkstatt leitet oder Handel treibt. Neuerdings bauen sie sogar für ihre Liebesgöttin Aphrodite Tempel, in die Frauen nicht gehen dürfen. Ich hörte, an einigen Stellen ist es sogar so, daß Frauen diese Tempel nicht einmal von außen sehen dürfen. Und ich nehme an, daß Priamos Helena im Rat reden ließ, um ihre Meinung fragte und sich, wie die übrigen Trojaner, ihrem Wunsch beugte… das allein ist für Agamemnon, Menelaos und die anderen schon ein Kriegsgrund. Ich jedenfalls werde nicht mehr zu ihnen fahren. Schade, eigentlich, denn es gibt dort viele schöne Dinge, trotz allem, und guten Handel; aber sie wollen nicht mit einer Frau feilschen. Bei der letzten Reise mußte ich das dem Lademeister überlassen und aus der Ferne zusehen, wie er ihnen das Haar vom Gemächt herunterredete.«
    Diese Beratung. Und jene Beratung. Immer wieder die Frage, was aus Ninurta geworden sein mochte und wo Tolmides den Winter verbrachte. Lob für Djoser, der sein altes Schiff für sehr viel Gold einem Landsmann in Byblos verkauft hatte, der ohne Schiff, aber mit einer teuren Masse Zedernholz an Leben und Handel zu verzweifeln begann und gern viel zahlen wollte, wenn er nur rechtzeitig mit der Ladung heim nach Tameri käme. Djoser hatte verkauft und war auf Ninurtas Schiff gestiegen, die Yalussu…
    Noch eine Beratung, als Minyas vorschlug, möglichst früh die Thraker aufzusuchen, ehe die

Weitere Kostenlose Bücher