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Troja

Troja

Titel: Troja Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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zweite auch gesagt, aber die erste will nicht hören. Möwen sind eben dumm.«
    Zaqarbal verschränkte seine Finger mit denen Kynaras. »Was sagen sie jetzt?« Er lächelte.
    »Das ist die dritte Möwe. Sie sagt, daß ein auf der Insel lebender Sidunier zuviel Zeit auf, neben und unter der Frau mit den dicken Eutern verbringt; er sollte mehr arbeiten und vor allem öfter Möwen füttern.«
    »Öfter? Ich habe noch nie Möwen gefüttert. Aber was wissen diese eierlegenden Tiere von Eutern?«
    Kynara schwieg eine Weile; ihre Finger waren schlaff. »Keine Euter«, sagte sie dann; es war kaum mehr als ein Murmeln.
    »Keine Euter, nur Lustbeutel.«
    Zaqarbal hob die verschränkten Hände zum Mund und küßte Kynaras Fingerspitzen. »Wir haben es so oft versucht… Ist nicht die Erschöpfung danach schon die Mühe wert?«
    »Die Erschöpfung nicht; die Lust.« Sie drehte den Kopf und sah hinunter ins Tal. »Bei den Schafen ist es nicht so schwierig. Die schaffen es fast alle jedes Jahr.«
    »Bääääh. Vielleicht solltest du mit einem der Widder verhandeln.«
    Kynara lachte. »Schau mal.«
    Kir’girims zahmer Löwe Kashtiliash jagte mit großen Sätzen und kläglichem Gebrüll auf eine Gruppe von Schafen zu, die sich das Bachufer entlangfraßen. Ein Widder schlenderte ihm entgegen, die Schultern so, als ob er die Daumen lässig in den Gürtel gehakt hätte; er senkte den gehörnten Kopf und stupste den Löwen leicht an. Kaum ein ernsthafter Rempler, aber Kashtiliash fiel um, jaulte, kam auf die Beine und schlich davon.
    »Jetzt wird er Kir’girim etwas vorjammern«, sagte Zaqarbal.
    »Sie könnte ihm doch einen Trunk der heldenmütigen Tapferkeit brauen.«
    Der Löwe näherte sich dem Versammlungsgebäude, einem langgestreckten niedrigen Haus aus hellen Steinen, das neben dem zweistufigen Badebecken vor einer Höhle errichtet war. Vom Rand des oberen Beckens flappte eine Krähe auf; deutlich war zu sehen, wie Kashtiliash zusammenzuckte, als der Vogel schrie.
    Eine Gestalt mit Wollmütze und grauem Umhang tauchte aus einer der weißgeschlämmten Wabenzellen auf: Djoser verließ Ninurtas Wohnung, in der nun Tashmetu lebte.
    »Ah, der seßhafte Rome«, sagte Zaqarbal. »Ist dir aufgefallen, daß er immer Ringe unter den Augen hat? Ich wüßte gern, ob sie auch so kratzt wie du.« Er bewegte sich, als ob er den schmerzenden Rücken von der Berührung mit den Kleidungsstücken befreien müßte.
    »Sie hat kurze Nägel.« Kynara ritzte ihm mit der freien Hand die Wange. »Außerdem kriegt sie ihn auch ohne Krallen klein.« Dann schüttelte sie den Kopf. »Sieht Ninurta aber ähnlich…«
    »Was?«
    »Die schönste Frau der östlichen Gestade zu erbeuten und sich dann von Haiti verschleppen zu lassen.«
    »Was sagt man denn über Tashmetu?«
    Kynara sah ihm in die Augen. »Das weißt du doch.«
    »Nein. Ich höre Gemurmel von Eignern und sehe Blicke. Mehr weiß ich nicht.«
    »Sie ist mehr als willkommen. Freundlich, hilfsbereit, zurückhaltend, gibt klugen Rat – aber nur, wenn man sie fragt.« Ihre Stimme war warm. »Alle Männer im Tal beneiden Djoser, und mindestens die Hälfte der Frauen auch.«
    »Das ist gut. Wenn Ninurta je wiederkommt, wird er sich freuen zu hören, daß du eine liebe neue Schwester hast, die dem Rome den Winter anwärmt.«
    »Sei nicht so gehässig.«
    »Bin ich nicht. Ich gönne es den beiden, und Ninurta ist am anderen Ende der Welt. Wenn er überhaupt noch ist.«
    »Er fehlt dir, nicht wahr?« Zaqarbal nickte stumm.
    »Er fehlt uns allen. Merkwürdig, daß einer fehlen muß, damit man merkt, wie sehr man ihn braucht.«
    »Und Tolmides?«
    Kynara zog die Oberlippe zwischen die Zähne und knurrte leise; dann sagte sie: »Vielleicht verbringt er irgendwo einen angenehmen Winter, mit Libu-Frauen. Vielleicht ist er mit seinem Schiff untergetaucht, um Poseidon zu belästigen. Wer weiß… Aber was immer ihm geschehen sein mag, ist etwas, das zur Gefahr des Lebens und des Geschäfts gehört, nicht wahr? Ein wenig Sorge um ihn und seine Leute, aber viel Sorge um Ninurta, denn was ihm geschehen ist, gehört nicht zu den gewöhnlichen Gefahren.«
    Zaqarbal wackelte mit dem Kopf. »Seltsam, daß zwischen zweierlei Lebensgefahr Unterschiede bestehen. Und seltsam, daß du Ninurta mehr vermißt als Tolmides, von dessen weicher Haut du so geschwärmt hast.«
    »Inzwischen habe ich mich an die schwielige Schwarte des albernen Siduniers gewöhnt…«
    »… die du damals schon zu gut kanntest.«
    »Zu gut?

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