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Troja

Troja

Titel: Troja Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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und dauernd bastelte er an merkwürdigen Dingen herum. Irgendwann hatte er eine Mine Gold und eine Mine Silber, vom gleichen Schmelzer in gleich große Formen gegossen, in den Händen gewogen und gesagt, das Gold sei schwerer als die gleiche Menge Silber; drei Tage lang bastelte er an Waagen, ohne zu bedenken, daß das Schiff schaukelte und noch die gröbste Waage ausschlagen ließ, ehe man etwas ablesen konnte. Dann wieder seine Holzrädchen und Seilstücke und die Behauptung, es müsse eine Möglichkeit geben, Lasten besser und einfacher zu heben. Als sie gegen den Wind ruderten, der plötzlich von Nord auf Ost umsprang und sie nach Westen trieb, hing Tsanghar lange über der Bordwand, erbrach sich dort aber nicht, sondern starrte ins Wasser und murmelte etwas in seiner Heimatsprache – Beschwörungen, Rätsel, Verse, Berechnungen? Zaqarbal hätte ihn vermutlich geknebelt, dachte Djoser, und Ninurta hätte sich mit ihm unterhalten. Der Assyrer, der immer alles wissen wollte… Manchmal kam es Djoser so vor, als habe er den rechten Arm verloren, als Ninurta verschwand.
    Dann auch noch die Insel… Zwei Tagereisen westlich von Roddu sichteten sie das winzige, kahle Riff, das ihnen als Anhaltspunkt diente. Djoser schickte einen seiner beiden Steuerleute an Bord der Kerets Nutzen und übernahm selbst das rechte Steuerruder, als die Sonne untergegangen war. Die Kynara fuhr voran, in die Nacht hinein, ohne Segel (der Wind war nicht ungünstig, aber Mond und Sterne mochten das helle Tuch glitzern lassen, und wenn auch bei Sonnenuntergang keine anderen Schiffe in Sicht gewesen waren, konnte man doch nie vorsichtig genug sein), danach die Yalussu , zum Schluß Kerets Nutzen . Dann bedeckte sich der Nachthimmel, so daß Djoser die Zeit nicht mehr an den Sternen ablesen konnte. Er nahm an, daß es kurz nach Mitternacht war, als sie die verschwommene Masse der Insel erreichten. Die Kynara tastete sich in die enge, mit Riffen, geborstenen Felsen und scharfen Graten unter Wasser überreich ausgestattete Einfahrt. Zwei Ruderschläge, dann scharf nach links; drei Schläge, sieben Atemzüge lang geradeaus gleiten, dann scharf nach rechts steuern… Es dauerte so aufreibend lang wie immer.
    Eine Kehre, Gleiten, zwei schroffe Biegungen hintereinander, eine in Gegenrichtung, dann glitten sie durch einen Vorhang aus Pflanzen und waren in der großen Grotte.
    Djoser hörte die bewundernden Ausrufe jener, die zum ersten Mal herkamen; er zuckte mit den Schultern. Tagsüber fiel Licht in die riesige Höhle, die von Erdbewegungen geformt oder in Äonen von den kleinen Bächen ausgespült worden sein mochte – Licht, schräg von oben, das die tausend Farben der Steine, der Moose und des Wassers flimmern und verschmelzen ließ; was waren da die beiden Fackeln, die der Wächter entzündet haben mußte, als die Schiffe die enge Einfahrt erreichten und Zaqarbal, unhörbar für die auf den anderen Schiffen, das Losungswort in die Nacht sprach. (Wie Djoser den Sidunier kannte, hatte dieser sich scheinbar zufällig mit irgend wem auf der Kynara über die Ladung unterhalten und an der richtigen Stelle, rein zufällig, das würzige, ölhaltige Korn genannt.)
    Zwei Bronzefäuste, in der Wand befestigt, hielten große Fackeln, deren Licht vom schwarzen Grottenwasser gebrochen, geschluckt und verwandelt wieder ausgespien wurde. Die Wölbung verlor sich hoch oben im Dunkel. Tagsüber fiel noch ein wenig Licht aus dem inneren Teil der Grotte; dort hatten die Bäche der Insel einen über hundert Schritte breiten Strand um ihre Mündung herum geschaffen, wo die Schiffe ausgebessert werden und die Inselbewohner baden konnten. Aber es war Nacht; durch die hintere Öffnung fiel kein Licht, und soviel Djoser sehen oder ahnen konnte, lagen am Strand keine Schiffe.
    Diesseits der inneren Enge, am Kai, teils gemauert, teils als Sims aus dem Felsen gehauen, sah er zwei leichte Ruderer und ein weiteres Handelsschiff für große Frachten und Fernen. Der Rome ächzte leise. Es war die Dagans Dauer; was bedeutete, daß die der Seeräuberei entwöhnte Tarhunza auf der Insel weilte; was bedeutete, daß die an Leib und Seele vollkommen maßlose Hatti-Frau versuchen würde, ihn und andere in ihre Maßlosigkeiten zu verwickeln; was bedeutete, daß es Gelage und Gerede und Gebrüll geben würde statt geruhsamer Arbeit mit den nötigen Mengen Schlafs; was bedeutete… Er ächzte noch einmal.
    Hinter ihnen, in der verhangenen Öffnung, knarrten und knirschten die Hölzer,

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