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Trojanische Pferde

Trojanische Pferde

Titel: Trojanische Pferde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Lender
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fünfundzwanzig, hatte hochgedrückte Brüste und einen super Knackarsch, aber es war eindeutig jemand anderes. Und zwar ebenso eindeutig auch nicht die Tochter von dem Typen. Der sich in diesem Moment in den lohfarbenen Segeltuchsessel gleiten ließ, als hätte er einen Bandscheibenvorfall. Vielleicht hatte Fräulein Steile Titte ihn ein bisschen hart rangenommen. Dass sie überhaupt mit so einem alten Furz – potthässlich obendrein – zusammen war, hatte, das war so was von klar, einzig und allein mit seiner Rolex aus reinem Gold zu tun.
    Es gab noch mehr Zeit totzuschlagen für Tom, daher ging er in seiner Biografie noch ein Stück zurück in die Zeit, da er als Terrance Godchaux in Flint, Michigan, geboren worden war, als Sohn eines Klempners und einer Getränkekellnerin. Seine Highschool-Karriere blieb unauffällig, und da er es im Footballteam der Schule als Tight End nicht mal so recht zum Stammspieler brachte, gab’s auch keine Aussicht auf ein College-Stipendium. Seine Mutter hatte ständig »Freunde« zu Besuch, und es dauerte eine ganze Weile, bis er kapierte, dass sie ihr Geld gaben, und als ihm dann auch noch klar wurde, dass sein Vater nichts dagegen unternahm,hatte er die Schnauze voll und haute in den Sack, ab zur nächsten Greyhound-Station mit einer lumpigen Reisetasche und ausgerechnet dem
Großen Gatsby
unterm Arm, und als der Bus in New York einlief, da war Tom Goddard geschaffen worden. Tom winkte einem Kellner und bestellte einen großen Nizza-Salat mit der verführerischen Sardellen-Vinaigrette. Damit brachte er weitere fünfundvierzig Minuten über die Runden.
    In New York eingetroffen, streicht Tom Goddard ein bisschen durch die Gegend, kellnert, bringt zwei Jahre an der State University New York hinter sich und schafft einen Abschluss in Politikwissenschaft an der New York University. Direkt von der Uni weg wird er vom CIA verpflichtet. Dass er bei seiner Bewerbung gelogen hat, erweist sich als sattes Plus. Er habe Unternehmungslust und Einfallsreichtum bewiesen, meinte der Rekrutierungsleiter für den Abschnitt New York und umwarb Tom hartnäckig. Nach vier Jahren als Nachwuchsgeheimdienstler am Heimatstandort in Langley zog er ein bisschen um die Welt. Costa Rica. England. Israel. Saudi-Arabien.
    Ein knochiges Jüngelchen, vielleicht fünfundzwanzig, stolzierte auf einen Tisch hinter dem Oberkellner zu, gefolgt von einem großen dunkelhaarigen Mädchen in einem bedruckten Sommerkleid, gelb mit grünen Blumen drauf, mit dünnen, hübsch gebräunten Beinen. Nee, das isse auch nicht. Diese hier trägt eine verspiegelte Sonnenbrille, anscheinend ist sie sauer auf den Jungen, denn sie starrt nur geradeaus, nachdem sie Platz genommen haben, bewegt den Kopf nicht und sagt keinen Ton, während der Junge, bei dem die Sehnen am Hals hervortreten, die ganze Zeit, während er die Speisekarte studiert, auf sie einredet, auch noch, als der fette Hilfskellner Wasser einschenkt, und er hört nicht mal auf zu reden, als sie aufsteht und ins Hotel zurückgeht.

    Sasha näherte sich den Tischen auf der Terrasse, als ihr ein großes junges Mädchen mit bedrucktem Kleid und verspiegelter Sonnenbrilleentgegenkam, energisch, die Lippen zusammengekniffen, offenbar mit einer Stinkwut im Bauch. Als sie über die Schulter des Mädchens spähte, begann ihr Puls sich zu beschleunigen. Da war der schlunzige Amerikaner! Saß an einem der Tische, die unvermeidliche Zigarre in der Hand. Er trug ein knittriges, bis knapp über den Brusthaaransatz zugeknöpftes Baumwollhemd und charakteristisch zerknitterte, bermudaähnliche Shorts sowie Sandalen. Nur seine jungenhaft blonden Haare waren so tadellos frisiert, als käme er frisch von einem Filmset. Was machte er hier? Dass es ein Zufall war, bezweifelte sie. Ja, sie wollte mit ihm reden. Sie senkte den Blick, ging weiter und, jawohl, er bemerkte sie sofort. Sie ging zu einem Tisch unter einem Sonnenschirm nahe der Hauswand. Direkt in seinem Blickfeld, für den Fall, dass er Ermunterung brauchte. Sie machte es sich im Sessel, hinter ihrer Sonnenbrille, bequem und beobachtete, wie er die Asche von seiner Zigarre schnippte. Ja, sie würde noch warten, bevor sie zu Jassar ging. Erst noch mehr erfahren. Sie würde Ibrahim beobachten, hören, was Nigel und unter Umständen dieser schmuddelige Amerikaner wussten, und dann zu Jassar gehen.

    Inzwischen, mit fünfunddreißig, war Tom Goddard Chief of Station in Riad und hatte fünfzehn Agenten in Saudi-Arabien unter sich.

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