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Trojanische Pferde

Trojanische Pferde

Titel: Trojanische Pferde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Lender
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sprach weiter und machte es nur noch schlimmer. »Aber er und ich, wir haben uns noch nie so nahegestanden, vor allem, seit er aus dem College zurück ist. Nie zuvor habe ich mich so auf ihn verlassen im Ministerium, nie zuvor hat er mir so viel Hoffnung gemacht.« Sashas Zorn wuchs.
Teuflisch.
    »Ich gestehe, dass ich noch nie so zuversichtlich war, dass er in meine Fußstapfen treten wird«, fuhr Jassar fort. »Er hat sich zu einem … rechtschaffenen Charakter entwickelt.«
    Warum war er so blind für die Wahrheit? Andererseits, wie auch sollte er als Vater nicht von seinem eigenen Sohn begeistert sein? Es bereitete ihr immer größere Schwierigkeiten, ihre Wut im Zaum zu halten. »Vielleicht wird sich manches aber doch ein bisschenanders darstellen, wenn Sie es mit etwas Distanz betrachten – vielleicht, wenn er im Herbst zurück aufs College geht.«
    Jassar fiel ihr beinahe ins Wort. »Keineswegs. Dieses Jahr wird es besonders schwer sein, ihn gehen zu lassen.« Er machte eine Pause. »Wenn man älter wird, lebt man zusehends durch seine Kinder. Alle Hoffnungen und Träume gelten ihnen. Und Ibrahim ist mein ältester Sohn. Es gibt keinen vergleichbaren Stolz auf der Welt.«
    Sasha wusste nicht, was ihr mehr Richtung und Klarheit verlieh – ihre Wut auf Ibrahim oder ihre Liebe für Jassar. Dagegen wusste sie genau, dass es ausgeschlossen war, Ibrahim auf die geplante Weise das Handwerk zu legen. Was sie zu Tom gesagt hatte, war ein Irrtum. Wenn es schon unumgänglich war, dass Jassar seinen Sohn verlor, dann musste sie wenigstens bei ihm bleiben und sich um ihn kümmern. Wie sollte sie es auch ertragen, Jassar zu verlassen? Tom würde alles andere als begeistert sein, aber der Plan musste geändert werden. Und zwar sofort, denn es blieb nicht mehr viel Zeit.

KAPITEL 28
    J ULI, VOR ZWANZIG J AHREN . R IAD , S AUDI -A RABIEN .
Tom Goddard saß am Telefon und ließ einen mächtigen Anschiss von John Franklin, seinem Sektionschef in Langley, über sich ergehen. Seine Gedanken waren in Aufruhr. Zwei Stunden zuvor hatte Sasha ihm die Mitteilung vor den Latz geknallt, dass sie ihre Zusage, Ibrahim auszuschalten – als Teil einer Serie von sechs miteinander koordinierten Anschlägen, überwiegend unter seiner Aufsicht durchgeführt –, nun doch nicht einhalten wollte. Sie hatte die Beretta Cheetah mit dem maßgefertigten Schalldämpfer wie ein eiskalter Profi in den Palast geschmuggelt, um dann einen Tag später in ihrer schwarzen Abaya auf den Hocker im Bad der konspirativen Suite im Riader Hotel Le Meridien, wo die abschließende Einsatzbesprechung angesetzt war, zu sinken und zu erklären: »Wir müssen den Plan ändern.«
    »Es ist alles vorbereitet«, sagte er, einen beruhigenden Ton anschlagend. Aber er hatte sofort gesehen, dass etwas nicht stimmte. Der nächste Gedanke war gewesen, sie zu beschwichtigen.
Gut zureden. Dann weitersehen.
    Auf ihrem Hocker sah sie aus wie ein kleiner Boxer, der auf den Gongschlag wartet. »Ich weiß«, sagte sie und sah ihn dabei so beiläufig an, als würde sie ihm mitteilen, was sie zum Frühstück gegessen hatte.
    Er wollte es zunächst der Angst zuschreiben, spürte dann aber, dass sie überhaupt keine Angst hatte, und musste sich im selben Moment eingestehen, dass er vollkommen ratlos war.
    »Alle Beteiligten stehen in den Startlöchern. Wir können jetzt nichts mehr ändern. Sagen Sie mir, was los ist. Ich weiß, dass Sie es durchziehen können.«
    »Es nützt alles nichts, Tom.« Ihr Blick wurde weicher, als sie seinen Namen aussprach. »Ich habe keine Angst. Aber ich werde es nicht auf die Weise machen, wie wir es geplant haben.« Sie rutschte auf ihrem Hocker ein Stück zurück und saß, Ellbogen aufs Knie gestützt, seitlich leicht gekrümmt, als hätte sie ihn genug gequält und erwartete jetzt den Spruch des Richters.
    »Wie meinen Sie das?«, fragte er mit jäh aufsteigender Panik.
    »Ich werde Jassar nicht verlassen. Denken Sie sich eine Alternative aus. Ich habe versucht, andere Lösungen zu finden, aber ich habe keine Idee.« Sie senkte den Kopf und sah ihn, fast ein bisschen kokett, von unten an. »Sie sind der Spion. Lassen Sie sich etwas einfallen.«
    Für einen Moment überlegte Tom, ob es sich um einen Bluff handeln könnte. Sie wollte Ibrahim ebenso dringend ausgeschaltet wissen wie er selbst. Pokerte sie um irgendetwas? Er hatte noch nie irgendwelche verborgenen Motive bei ihr erkennen können. Keine Hintergedanken. Dennoch musste er fragen: »Was

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