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Trojanische Pferde

Trojanische Pferde

Titel: Trojanische Pferde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Lender
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sie Jassar am Ende doch erwischen. Auch ohne Ibrahim.«
    Wie sollte sie es anstellen, Jassar nichts zu sagen? Sie starrte die Pistole auf dem Tisch an, bis Tom sie in seine Tasche zurücksteckte.
    Sasha sah Tom in die Augen. »Okay. Wann?«
    »In drei Tagen. Nachts. Sie kommen jeden Tag ins Hotel, um Ihre ›Freundin‹ Maria zu sehen, die aus Italien zu Besuch ist; notfalls besuchen Sie sie auch wirklich. Wir werden alles tun, was nötig ist, um zu kommunizieren. Und drei Tage sollten ausreichen, um Ihnen beizubringen, wie man schießt.«
    Sashas Wut ließ merklich nach, sie brauchte nur an Jassar zu denken, und schon stellte sich Klarheit ein, das Gefühl einer Bestimmung. »Nicht nötig. Ich kann schießen, seit ich zehn bin, Schrotflinten, Gewehre – und Pistolen. Außerdem wird es ein Schuss aus kurzer Entfernung sein.« Das Zittern in ihrer Stimme war verschwunden.

    Sasha nahm sich Zeit, die ganze Einrichtung von Jassars Arbeitszimmer noch einmal auf sich wirken zu lassen, da sie wusste, dass dies ihr letzter Besuch bei ihm sein würde.
Zwei Tage noch.
Im Anschluss an ihre Lektion erhob Jassar sich vom Fußboden und setztesich in einen der Polstersessel. Sasha verharrte noch ein wenig vor ihm kniend und wickelte ihren Koran umständlich in sein spezielles Tuch ein. Bisher hatte sich ihr Wunsch erfüllt: einen ruhigen Abend mit Jassar zu verbringen beim Studium der heiligen Texte. Sie hatte um eine Unterrichtsstunde außer der Reihe gebeten, um sich im Stillen zu verabschieden und ihm genügend Informationen zu hinterlassen, mit denen er später die Lücken ausfüllen konnte, um wenigstens im Nachhinein, so ihre Hoffnung, alles zu verstehen.
    Sie stand auf und setzte sich in den Sessel neben ihm. »Danke«, sagte sie. Sie betrachtete Jassar, die schlaffen Augenlider, die markante Nase und die ernste, nachdenkliche Stirn. Noch immer hatte er sanfte Augen.
    »Keine Ursache. Du bist eine dankbare Schülerin.« Es lag Stolz in seiner Stimme.
    Sie schenkte Tee ein. »Jassar«, begann sie. »Ich habe letztens daran gedacht, dass wir uns jetzt über zehn Jahre kennen.« Sie sah ihn nicken. Soweit war alles zu ihrer Zufriedenheit. »Und ich weiß noch, wie Sie zum ersten Mal über Ibrahim gesprochen haben, als Sie damals immer nach den Ölkonferenzen in Wien bei Christina eingekehrt sind.«
    Er schlürfte seinen Tee. »Ja.«
    »Ich erinnere mich, dass Sie große Hoffnungen auf ihn gesetzt haben …« Sie hielt inne, um abzuwarten, ob er darauf eingehen würde. War er von ihm enttäuscht? Sie wusste, dass Ibrahim ihm, seit er aus Harvard zurück war, im Ministerium assistierte, aber hatte Jassar irgendetwas vom Wandel seiner politischen Einstellung mitbekommen?
    »Ich setze immer noch große Hoffnungen auf ihn. Er hat auf ganz wunderbare Weise in die Spur zurückgefunden. Das ist zum Teil dir zu verdanken, meine Liebe. Ich hoffe, du kannst ihm weiter eine Gefährtin sein, auch während er im College ist.«
    Sasha antwortete nicht, wusste nicht, was sie sagen sollte.
Gott, das wird nicht einfach.
»Glauben Sie, dass er Ihnen im Ministerium nützlich ist?«
    »Unbedingt. Er hat wesentliche Beiträge zum Arbeitsbeschaffungsprogramm geleistet, selbst in der kurzen Zeit, seit er aus dem College zurück ist.«
    »Und er vernachlässigt auch seine religiösen Studien nicht?«
    »Du bist zu bescheiden, meine Liebe. Ich bin sicher, dass das auf deinen Einfluss zurückgeht. Er zitiert jetzt sogar aus dem Koran.«
    Wäre es doch bloß ihr Einfluss gewesen! Aber in Wirklichkeit war es die Spitze des al-Mujari-Eisbergs. Oder des Eispickels? »Mir kommt er hin und wieder ein bisschen anmaßend vor, seit er aufs College geht«, sagte sie. »Zumindest, was seine politischen Ansichten betrifft. Sie stimmen nicht immer so recht mit denen der Familie überein.«
    Jassar winkte ab. »Ibrahim ist ein aufgeschlossener Geist. Harvard hat auf ihn abgefärbt. Er respektiert andere Ansichten.«
    Sie klammerte sich an die Hoffnung, dass sie ihn dazu bewegen konnte, sich ihr Band anzuhören, um dann mit dem Ergebnis ihrer Intervention zu Tom zu gehen … »Was, wenn er unter den Einfluss von Leuten mit abenteuerlichen Ansichten geriete? Unvereinbar mit denen der königlichen Familie?«
    »Mach dir keine Gedanken. Wenn so etwas geschähe, würde ich mich einmischen.« Er zwinkerte ihr zu. »Außerdem müsste er es dann ja erst einmal mit dir aufnehmen, und ich weiß genau, wie überzeugend du sein kannst.« Sie hatte einen Kloß im Hals. Er

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