Trojanische Pferde
stand auf und tastete sich mit ihren nackten Füßen über die raue, mit Sand und Splitt bedeckte Ladefläche des Sattelschleppers. Einer der Männer half ihr nach unten, während die anderen Tom und den beiden Unbekannten Bericht erstatteten. Dann kam Tom auf Sasha zu. Die Qual schien sie von innen aufzufressen, sie musste Tom beichten, was sie getan hatte. Sie atmete angestrengt.
»Wir müssen Sie hier rausbringen.« Tom sah ihr forschend ins Gesicht. »Alles in Ordnung bei Ihnen?«
»Ich …« Sie wollte es Tom unbedingt sagen, wollte sich von seiner kühlen Nüchternheit beruhigen lassen, aber dann brachte sie, von Fassungslosigkeit überwältigt, praktisch kein Wort hervor. »Ibrahim … ich …«
»Ich hab’s gehört.« Er nahm ihren Arm und führte sie durch eine Tür in ein Büro. Papiere lagen auf einem ramponierten Schreibtisch und ringsum auf dem Fußboden verstreut. Alle Fenster waren von innen schwarz übermalt. Er setzte sie auf einen Holzstuhl neben einem staubigen Tisch, nahm dann ihr gegenüber Platz. Er blickte auf seine Uhr.
»Wir haben nicht viel Zeit. Als Erstes müssen wir Sie zur Botschaft bringen, dann ein paar Sachen zum Anziehen besorgen, Ihre Haare schneiden und färben. Wir haben Papiere und einen US-Pass für Sie, die Sie als Ehefrau eines Ölmaklers aus Houston ausweisen. Je schneller wir aufbrechen, desto besser.«
Sasha fühlte, wie die Energie in ihren Körper zurückströmte. »Ich werde nicht weggehen.«
Tom sah sie an, als hätte sie den Verstand verloren. »Was?«
»Ich gehe zu Jassar zurück.«
»Nein, auf keinen Fall.«
»Ich muss.«
»Sind Sie wahnsinnig? Man wird Sie töten.«
»Nein.« Sie sah ihm mit so viel eiserner Entschlossenheit in die Augen, wie sie nur aufbringen konnte. »Sie werden mir helfen.«
»Wie denn?«
»Sie sorgen dafür, dass er mir glaubt und mich versteht.«
Tom sah sie nur an und war sprachlos.
»Ich brauche die Beweise. Dann geh ich damit zurück.« Inzwischen ging es nicht mehr nur darum, Haltung zu bewahren und sich irgendwie über Wasser zu halten. Ihre Gedanken ordneten sich wieder, und sie wusste, was sie wollte.
»Was für Beweise?«
»Das Tonband.«
»Auf gar keinen Fall. Man wird es mit uns in Verbindung bringen.«
»Sie sind es mir schuldig.«
»Warum?« Zweifel flackerte in seinen Augen auf. Er spielte seine Rolle gut, aber sie konnte erkennen, dass auch er das Gefühl hatte, er würde ihr etwas schulden.
»Sie haben mich zum Bauern in Ihrem Spiel gemacht.«
»Sie wussten genau, was Sie erwartete.« Sein Blick war wieder hart geworden. Sie starrte zurück und fragte sich, ob sie die gleiche Härte aufbringen würde. Hatte er immer jemanden, der die schmutzige Arbeit für ihn erledigte? Jemanden wie sie? O ja, ihr Blick war bestimmt härter als seiner.
Sie schwiegen lange. »Was wollen Sie?«, fragte er schließlich.
»Wie ich bereits sagte. Das Tonband. Um Jassar zu demonstrieren, warum ich es getan habe.«
»Und ich sagte Ihnen bereits, dass das völlig ausgeschlossen ist.«
»Sie können eine Kopie machen und sie mir geben.«
Tom sah auf seine Uhr, fuhr sich mit den Fingern durch die Haare.
»Ich kann Sie rausbringen. In Sicherheit. Auf der Flucht, aber erst mal sicher. Wir können Sie sogar beerdigen. Ein vorgetäuschter Tod und eine neue Identität.«
Er klang kalt. Sie sagte: »Nein, ich gehe zu Jassar zurück.« Er seufzte, dann beugte er sich zu ihr, wie er es immer tat.
»Okay«, sagte er, mit sanftem Blick jetzt. Er hob die Hand und strich ihr über die Stirn, etwas, das er bisher noch nie getan hatte.
»Okay.«
Sasha spürte, wie es ihr die Kehle einschnürte, all die Erschöpfung, der Schrecken und die Qual der letzten Tage drohten über ihr zusammenzuschlagen. »Danke«, konnte sie gerade noch hauchen.
»Wir müssen uns überlegen, wie wir Sie in den Palast zurückschleusen können.« Wieder sah er auf seine Uhr. »Wir haben vorsorglich, für den Fall, dass das Unternehmen fehlschlägt, eine Version der Ereignisse entwickelt, die wir der Öffentlichkeit präsentieren könnten.« Er sprach jetzt fast zu sich selbst als zu Sasha. »Danach war ich schon seit längerer Zeit ein unsicherer Kantonist und habe mich schließlich an die Spitze einer Gruppe von Renegaten innerhalb des CIA gesetzt, die sich an die von Amerikanern, Briten und Israelis gemeinsam geplante Operation zur Ausschaltung führender al-Mujari-Mitglieder rangehängt hat, um auf eigene Rechnung auch Ibrahim zu beseitigen.« Er
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