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Trojanische Pferde

Trojanische Pferde

Titel: Trojanische Pferde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Lender
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Gefühle von Unwürdigkeit und schlechtem Gewissen auf sie ein, und sie musste sich in Erinnerung rufen, dass sie doch eigentlich dankbar war für die Gelegenheit. Die Gelegenheit, etwas zu erlangen, für das es keine Übersetzung zu geben schien, die ihm vollkommen gerecht wurde: Absolution, Sühne, Erlösung. Jedenfalls etwas, an dem sie in diesem Leben unbedingt arbeiten wollte. Sie sandte ein kurzes Gebet an ihre hinduistische Gottheit Ganesha.

    2. J ULI, LAUFENDES J AHR . R IAD , S AUDI -A RABIEN .
Jassar stand mit heftig mahlendem Kiefer vor dem Arbeitsministerium und wartete. Assads Mann hatte übertrieben: Es waren keine tausend protestierenden Studenten, allenfalls sechshundert. Was schlimm genug war, wenn man sie rufen und murren hörte – er konnte sogar ihren Schweiß riechen – und sah, wie sie die Polizei immer mehr in die Enge trieben. Zwei Einheiten von Assads Leuten, höchstens fünfzig Mann, und die in vorderster Reihe taten ihr Möglichstes, um die Demonstranten mithilfe ihrer Einsatzschilde von den Stufen des Ministeriums fernzuhalten. Die anderen hatten sich auf der Treppe postiert, die Gewehre schussbereit. Ihre Gesichter waren nicht zu erkennen hinter ihrem Schutzvisier, wohl aber der Angstschweiß, der sich darunter bildete.
    Endlich war das Mikrofon bereit. Jassar sah, dass Assad ihm ein Zeichen gab. Er löste sich aus der Schutzgruppe der königlichen Garde, die ihn umgab, und schritt auf den Mikrofonständer zu.
Es muss schnell gehen
, sagte er sich. Das Gejohle begann, sobald die Studenten ihn erblickten, und steigerte sich rasch zu einem tosenden Crescendo, als würde ein Düsenflugzeug abheben. Jassar blinzelte in die Sonne, roch den aufgewirbelten Staub auf dem Platz, dann sah er den Stein, der auf ihn zuflog, jedoch zu spät. Er hörte den dumpfen Aufprall, als er gegen seine Stirn schlug, fühlte, wie seine Knie nachgaben. Dunkle Umrisse tanzten am Rande seines Gesichtsfeldes, dann hörte er scharfe Knalle, wie von Feuerwerkskörpern. Erst als er auf den Stufen zusammenbrach, begriff er, dass es Schüsse aus den Polizeigewehren waren.
    Während einige der königlichen Gardisten ihn auf die Füße zogen, sah er, wie die Demonstranten in heller Panik, unter Rufen und Schreien, davonliefen. Und jetzt sah er auch mindestens ein Dutzend Studenten auf dem Boden liegen, einige wälzten sich vor Schmerz, die meisten aber regten sich nicht, und unter ihren Körpern bildeten sich Blutlachen.
    Allah sei mit ihnen. Und mit uns.
    Dann ballte er die Fäuste.
Bin Adbur, dir muss das Handwerk gelegt werden.

    2. J ULI, LAUFENDES J AHR . N EW Y ORK C ITY
. Daniel fühlte die Hitze der Nachmittagssonne schon auf dem polierten Messing der Drehtüren, bevor sie ihm, als er auf die Rockefeller Plaza und in einen feuchten New Yorker Julitag hinaustrat, voll ins Gesicht schlug. Die Luft schmeckte bereits wie der Schlick, der ihm immer an der Haut hing, wenn er Ende August nach Hause kam. Er blickte sich um und wählte eine Route aus für seine »Runde« um das Rockefeller Center. Eine gute Methode, um die Stimmung zu heben, wenn man niedergeschlagen war, die Batterien aufzuladen, wenn man erschöpft war, und sich neue Anregungen zu holen, wenn man glücklich war. Auf dieser Runde konnte Daniel sich immer wieder in Erinnerung rufen, dass New York das Zentrum der Macht, des Handels, des Geldes, der Künste – kurzum, das Zentrum von allem war, das ihm bisher irgendetwas bedeutet hatte.
    Wow.
Er hob das Kinn und zündete seine Zigarre neu an, während er die vergangene halbe Stunde Revue passieren ließ. Um ein Haar hätte er in den Sack gehauen und wäre einfach rausspaziert aus seiner Bonusverhandlung mit Dieudonne. Stattdessen war am Ende eine Abmachung herausgekommen, die ihm im Verlauf der nächsten Jahre mehr Bonuszahlungen sichern konnte, als er in seiner ganzen bisherigen Karriere zusammengetragen hatte. Zuerst einmal hatte sich Daniel einen kleinen Übergriff geleistet und eine von Dieudonnes guten Kubanischen – eine Cohiba Esplendido – beschlagnahmt, um ihm beim Rauchen Gesellschaft zu leisten, was praktisch vorgeschrieben war bei der Firma Ladoix Sayre, die es sich zur Maxime gemacht hatte, die New Yorker Nichtrauchergesetze zu ignorieren. Dieudonne hatte ihn mit einem Lächeln in Sicherheit gewiegt, um ihn dann hinterrücks mit der Mitteilung zu überfallen, dass das Dorchester-Honorar über sechs Komma drei Millionen als Einnahme für das kommende Fiskaljahr zu veranschlagensei,

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