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Trojanische Pferde

Trojanische Pferde

Titel: Trojanische Pferde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Lender
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nicht ab und zu?
Er spürte die Müdigkeit in allen Gliedern. Sie nahmen sich die nächste Akte vor.
    Zwei Stunden später schob Jassar seinen Schreibtischstuhl zurück, rieb sich die Augen und betrachtete seine Reiseroute. »Besuche in New York, London, Paris und Tokio, Gespräche führen und die Auswahl treffen.« Er sah Assad an. »Ich werde zehn Tage unterwegs sein. Was ist mit Ihnen?«
    »Unsere Agenten sind an Ort und Stelle, unsere Informationsnetzwerke in höchster Alarmbereitschaft. Wir brauchen nur …«
    Polternde Klopfgeräusche an der Tür unterbrachen ihn.
    »Herr Minister! Herr Kommandant!«, rief eine Stimme aus dem Flur. Die Tür wurde aufgerissen und ein Wachmann, dem der Schweiß im Gesicht stand, stürmte ins Zimmer, nahm aber sogleich Haltung an. »Die Studentenproteste sind außer Kontrolle geraten. Zwei unserer Einheiten wurden von tausend Aufrührern vor den Stufen zum Arbeitsministerium eingekesselt. Unsere Männer sind nur mit scharfer Munition ausgerüstet, und die Studenten werfen mit Steinen. Wir fürchten, dass unsere Männer gezwungen sein werden, das Feuer zu eröffnen.«
    Assad sah Jassar an, dann wieder den Wachmann. »Unsere Männer haben keine Gummigeschosse, um die Menge in Schach zu halten?«
    »Nein.«
    Jassar sagte: »Wir müssen sie aufhalten, bevor es zu einem Vorfall mit unabsehbaren Folgen kommt.« Ihm standen schon die Bilder vor Augen: tote Studenten vor dem Arbeitsministerium, ein Foto auf der Titelseite der
New York Times
, das blutverschmierte Treppenstufen und flüchtende Passanten zeigte. Assad verließ mit großen Schritten das Zimmer, Jassar hinterdrein.
    Als Assad bemerkte, dass Jassar ihm folgte, drehte er sich mit erschrockenem Gesicht zu ihm um und hob die Hand, als wollte er ihm Einhalt gebieten. »Herr Minister, es ist zu gefährlich.«
    »Ich komme mit.«
    Bin Abdur
, dachte Jassar. Er spürte, wie ihm das Blut ins Gesicht stieg.

    2. J ULI, LAUFENDES J AHR . N EW Y ORK C ITY .
Die Erste-Klasse-Passagiere des Air-France-Fluges 244 konnten vor allen anderen von Bord gehen, und Lydia sputete sich zusätzlich auf dem Weg durch die Korridore. Sie wusste, dass es an der Passkontrolle im JFK-Flughafen immer Schlangen gab, und wenn es etwas gab, das noch geisttötender war als ein Friseurbesuch bei Isolde am Place Vendome, dann das Warten in einer langen Schlange. Sie setzte ihre Sonnenbrille auf, als sie sich dem Kontrollpunkt näherte. Um die letzte Ecke biegend, sah sie ungefähr dreißig Personen in der Schlange für »US-Bürger«. Da musste ein anderer Flug unmittelbar vor ihrem eigenen gelandet sein. Am Schalter für »Ausländische Staatsangehörige« war alles leer.
    Sie duckte sich unter das Absperrband hindurch und trat auf den ersten Beamten am »Ausländer«-Schalter zu.
    »Ihren Pass«, sagte der Mann mit leerem Blick.
    »Einen schönen guten Tag«, erwiderte Lydia lächelnd.
    Der Mann sah sie an, musterte ihren Pass, dann wieder sie. Er zögerte.
    Lydia nahm die Sonnenbrille ab, zog sich den Hermès-Schal vom Kopf und schüttelte ihr schwarzes Haar, sodass es ihr bis auf den Rücken fiel.
    »Ich bin es wirklich«, sagte sie, lächelte dem zerknitterten Mann erneut zu und legte den Kopf auf die Seite. Sie sah ihm direkt und unverwandt in die Augen. Er senkte den Blick.
    »Der Grund für Ihren Besuch, Ms Fauchert?«, sagte er.
    »Geschäftlich. Ich bin Modefotografin. Ich habe ein Fotoshooting in New York und mache danach vielleicht noch ein bisschen Sightseeing.«
    »Wie lang ist Ihr Aufenthalt?«
    »Zwei Wochen.«
    Er starrte unverdrossen auf ihren Pass, als könnte der ihm verraten, ob sie die Wahrheit sagte, oder was auch immer – sie hatte nicht die geringste Ahnung, was in den Köpfen dieser komischen Grenzbeamten vorging.
    »Genießen Sie Ihren Aufenthalt«, sagte er, stempelte ihren Pass ab und gab ihn ihr zurück, ohne sie anzusehen.
    Nachdem sie im St. Regis eingecheckt und ihre Koffer aufs Zimmer gebracht hatte, machte sie einen Spaziergang zum Rockefeller Center. Vor der Eisbahn blieb sie stehen und blickte am Gebäude Rockefeller Plaza Nummer dreißig hoch. Es war beunruhigend, dieses Gefühl, das sich ihrer bemächtigte. Wenn sie jetzt schon bleierne Füße hatte, wie sollte es dann erst in einigen Wochen, einigen Monaten sein?
    Sie versuchte sich zu entspannen, dann ging sie um die Eisbahn herum zum Eingang von Nummer dreißig. Sie holte tief Luft. Wenn sie sich nur nicht innerlich so leer gefühlt hätte!
    Als Nächstes stürmten

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