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Trojanische Pferde

Trojanische Pferde

Titel: Trojanische Pferde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Lender
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Bar, um das Treiben im Saal zu beobachten.
    Sein Blick schweifte zurück zu den Mikado-Mädchen, dann zu der Frau in Zivil. Sie trug ein leuchtend rotes Seidenkleid und hatte pechschwarze glatte Haare. Sie war klein, vielleicht eins fünfundsechzig, und kräftig. Kräftig nicht im Sinne von stämmig, sondern eher athletisch, wie eine Tänzerin. Tatsächlich bewegte sie sich, wie man es von Tänzern kannte, mit einer Mischung aus Zartheit und Power. Sogar im bloßen Stehen, wie jetzt, als sich ihre Blicke trafen, eine schroffe Gegenüberstellung von ruhender Fülle und explosiver Muskeltätigkeit, als würde sie zu einer Pirouette ansetzen. Daniel lächelte. Sie lächelte zurück. Wer sie wohl war, dachte er neugierig. Er würde es später noch herausfinden.
    Daniel begab sich auf einen Rundgang. Mehr als einmal blieb sein Blick an der schwarzhaarigen Frau mit dem roten Seidenkleid hängen. »Ihr zwei beobachtet einander schon den ganzen Abend«, bekam er von Sammy zu hören, der wie aus dem Nichts an seiner Seite auftauchte. »Geh rüber und sprich sie an.«
    Daniel strebte zur Bar, um sich mit einem zweiten Glas Wein zu versorgen.
    So weit ist es inzwischen gekommen. Meine schwulen Freunde geben mir Ratschläge, wie man Frauen kennenlernt.
Als er am Tresen stand, suchte sein Blick erneut das rote Kleid. Er betrachtete die Frau ein bisschen genauer. Sie war zierlich, aber mit vollen, hochstehenden Brüsten, anders als alles, was er bisher auf den Ballettbühnen vonNew York City gesehen hatte. Wieder bewegte sie sich mit dieser lässigen, katzenhaften Anmut, in der aber gleichzeitig eine gespannte Energie sichtbar war. Wie schon einige Male an diesem Abend, hörte er ihr ungezwungenes Lachen vom anderen Saalende her. Es kostete verdammt viel Mühe, die Augen von ihr zu lassen.
    Daniel goss sich Wein nach und schenkte auch ein Glas für sie ein, entschlossen, es einzusetzen, um eine Unterhaltung zu beginnen. Als er aufblickte, sah er, dass sie schmunzelnd neben ihm stand.
    »Ein Glas Burgunder erspähe ich auf fünfzig Schritte«, sagte sie, indem sie das Glas von ihm entgegennahm.
    Tolles Lächeln. Tolle Augen.
»Hi, ich bin Daniel Youngblood.«
    »Lydia«, sagte sie. »Lydia Fauchert.« Sie kostete den Wein. »Mmmm. Gut. Danke sehr.« Sie sprach mit einem beschwingt melodischen Akzent, den er nicht recht einordnen konnte. Möglich, dass da ein leicht britischer Tonfall mitschwang. Die Worte waren klar und fast überdeutlich, als hätte sie ihr Englisch in der Schule gelernt.
    »Sind Sie Ausländerin?«, fragte er. »Europäisch?«
    »Quasi.«
    Daniel beugte sich vor. »Oh?«
    »Ich komme aus Europa, Asien, von überallher. Ich war immer unterwegs in meiner Jugend. Die meiste Zeit aber in Europa. Daher also quasieuropäisch.«
    »Verstehe«, brachte er hervor. Sie lachte. Ihr schwarzes Haar wirbelte, als wollte es sich über ihn lustig machen, aber ihre Augen strahlten Wärme aus.
Selbstsicher.
Sie lächelte. Es war etwas Ungewöhnliches an ihrem Lächeln, das er ausgesprochen anziehend fand.
Na, das könnte spannend werden
.
    »Und, haben Sie ein Haus hier in der Gegend, oder sind Sie nur auf Besuch?«
    »Auf Besuch. Ich bin nur ein paar Wochen im Land.«
    »Urlaub?«
    »Nein. Beruflich. Ich war zu Fotoaufnahmen hier, und jetzt hänge ich noch ein paar Tage ab, zusammen mit den Mikado-Mädchenda drüben.« Sie zeigte mit dem Kopf. »Alles Models. Ich bin Modefotografin.«
    »Ah.«
Das würde die zurückhaltende Persönlichkeit erklären.
    »Wie ich sehe, sind Sie auch ohne Kostüm«, sagte sie. »Auf Besuch?«
    »Nein, ich habe eine Wochenendbleibe hier im Ort.«
    »Kommen Sie aus New York City?«
    »Wie haben Sie das erraten?«
    »Sie sehen irgendwie nach Manager aus. Und nach Internat.«
    »Beides richtig.«
    »Ah.« Sie strahlte, als hätte sie ein großes Geheimnis aufgedeckt. »Ich sehe Sie bildlich vor mir, mit Velourflicken auf den Ellbogen Ihres Tweed-Jacketts, wenn Sie allein in Ihrer Höhle sind.«
    Sie standen etwas abseits des Trubels und Daniel hatte jetzt eine bessere Sicht auf ihre Beine.
Tänzerinnenbeine
. Sie waren lang, schlank und muskulös. Die Haut schien pfirsichweich.
    Sie spazierten ein bisschen durch den Saal. Daniel stellte sie diesem und jenem vor. Schließlich gelangten sie wieder zur Bar, wo er ihnen beiden Wein nachschenkte. Seine Gedanken schweiften ab, und plötzlich hielt er selbstvergessen inne.
    »Oh, was war denn da los?«
    Er sah sie verwirrt an. »Wie bitte?«
    »Sie sahen

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