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Trojanische Pferde

Trojanische Pferde

Titel: Trojanische Pferde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Lender
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plötzlich so ernst aus, als wäre Ihnen gerade eingefallen, dass Sie den Kessel auf dem Herd haben stehen lassen.«
    »Nein, nein, das war nur ein unverdauter Rest der Woche, der da kurz hochgekommen ist.«
    »Pfeile und Schlingen?«
    »Zitieren Sie Shakespeare oder tischen Sie mir meine Vergangenheit auf?«
    »Letzteres.«
    »Mir ist in letzter Zeit genug aufgetischt worden, danke sehr. Ich muss es die ganze Woche lang am Mittagstisch auslöffeln. Heute ist mein freier Tag.«
    Sie spannte die Lippen an. »Ich wette, das kann ich überbieten«, sagte sie halb flüsternd.
    »Die Wette gilt, fangen Sie an«, sagte Daniel.
    Sie nahm einen ausgiebigen Schluck aus ihrem Glas und sah ihn an, als müsste sie erst einmal überlegen, ob es ratsam war, sich auf dieses Spiel einzulassen. »Ich nehme das Privileg der Damen in Anspruch. Fangen Sie an.«
    »Na schön.« Daniel zuckte mit den Schultern. »Mal sehen, Vater war ein angesehener Anwalt. Bestnoten in der Schule. Immer brav zum Kindergottesdienst gegangen. Im Baseball Star der Kindermannschaften, Träume von der großen Karriere, aber gnadenlos zerplatzt mit Eintritt in die Junior High School und der ersten Bekanntschaft mit dem Curveball. Hab ihn einfach nicht getroffen.«
    »Das ist der tragische Teil?«
    »In jedes Leben muss ein wenig Regen fallen.«
    »Das ist doch nur leichtes Nieseln. Wenn’s nicht bald interessanter wird, geh ich zurück zu den Admiralen.« Ihr Lächeln dementierte die Drohung.
    »Choate-Internat, Yale, dann zwei Jahre als Finanzanalyst in der Fusions- und Übernahmeabteilung von Goldman Sachs. Harvard Business School, dann zurück zu Goldman, zehn Jahre lang der beispielhafte Teamplayer in der beispielhaft teamorientierten Wall-Street-Firma. Dann bei der Berufung zum Partner übergangen.«
    Sie blickte ihm forschend ins Gesicht, während er sprach. Ihre Augen hatten etwas sengend Durchdringendes. Es kam ihm vor, als versuchte sie seine Gedanken zu lesen, oder nein, besser noch: seine Gefühle nachzuempfinden. Er ließ seinen Blick weicher werden, um zugänglicher zu wirken. Sein Interesse war geweckt, und das sollte sie ruhig merken.
    Er nickte ihr zu, wie um zu sagen: »Sie sind an der Reihe.«
    »Okay. Waisenkind, Eltern nie kennengelernt. Aufgezogen mehr von der Gouvernante als von meinem Vormund, Sophie, die mich, glaube ich, mehr oder weniger aus Jux und Tollerei adoptiert hat. Sie war eine von diesen Pariser Salonlöwinnen, wissen Sie.« Sie sah ihn einverständig an, als wüsste er bereits, wovon sie sprach. »Viel gereist, in den besten Kreisen verkehrt, aber nie ein eigentliches Zuhause gehabt. Europa, hauptsächlich Frankreich. Paris,Provence, ein Häuschen in der Nähe von Avignon, französische Riviera. Ein paar Sommer in Norditalien. Der Orient. Sophie war sehr wohlhabend. Ich glaube, ich war ein Spielzeug, das sie sich immer gewünscht hatte. Hat mich oft auf ihre Partys mitgeschleppt.«
    Daniel nickte. Wahrscheinlich erklärte das den Akzent. Ein auf dem europäischen Kontinent gelerntes Englisch. Und ihre Ungezwungenheit: aufgewachsen in dem Bewusstsein, dass ihr alles offenstand, wahrscheinlich schon daran gewöhnt, bevor ihr klar wurde, dass sie obendrein auch noch schön war. Vielleicht war sie von Anfang an schön.
Vorsicht. So was kann ein Mädchen leicht verrückt machen.
    Er fragte: »Sind Sie auf einer Privatschule gewesen? College?«
    »Hauslehrer. Und schon früh jede Menge Leben reingewürgt bekommen. Zu viel, um es in dem Alter wirklich schlucken zu können.«
    »Soll heißen: Männer?«
    »Eine ganze Reihe. Aber anders, als Sie denken. Bin mit reichen Müßiggängern aufgewachsen. Ältere Semester, kultiviert und erfahren.« Sie sah ihn aus abgeklärten Augen an. »Ich habe gelernt, auf mich aufzupassen. Sie sind wieder dran.«
    »Als Partner bei Goldman zwei Jahre später ein zweites Mal übergangen worden.«
    »Das ist Betrug.«
    »Nein. Das ist eine Schlinge, gefolgt von einem Pfeil.«
    Sie blieb stehen und legte eine Hand auf die Hüfte. »Wie wär’s, wenn wir noch mal von vorn anfangen. Diesmal weniger wie ein Wettkampf.«
    »Okay«, sagte er. »Ich zuerst. Ich bin in Upper Montclair aufgewachsen. Im Norden von New Jersey. Das ist ein Staat …«
    »Das weiß ich.« Sie verdrehte die Augen. »Von hier aus gesehen gleich auf der anderen Seite des Delawarischen Meeres.« Sie lächelte. »Zeitungen ausgetragen? Hund? Geschwister?«
    »Ja, ja, zwei Brüder und ich bin der Älteste.«
    »Wäre ich nie

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