Trojanische Pferde
später in führender Stellung bei Goldman gewirkt habe und überhaupt ein begehrter Topmann im Öl- und Gasgeschäft sei. Nach zehn Minuten kam Habib zu der Erkenntnis, dass das hier ja noch mühseliger war, als dem Scheich zuzuhören. Daher starrte er lange und demonstrativ auf seine Armbanduhr, bevor er die Hände an die Tischkante legte, um seinen Stuhl zurückzuschieben, als wollte er aufstehen und sich verabschieden.
»Erlauben Sie, dass ich die wenigen Minuten, die mir noch bleiben, dazu nutze, Ihnen zu erklären, warum ich hier bin«, sagte Habib.
Kovarik schien kurz verdutzt, dann aber bedachte er Habib mit einem gönnerhaften Lächeln und legte seine gefalteten Hände auf den Tisch. »Okay, schießen Sie los.«
»Ich sagte Ihnen bereits am Telefon, dass ich als freier Dienstleister für einen Kunden tätig bin, der anonym bleiben möchte.«
Kovarik nickte.
»Ich benötige jemanden mit Ihren Sachverstand für ein vertrauliches Projekt. Sie würden Ihrerseits als freier Dienstleister für meinen Kunden, dessen Identität Ihnen unbekannt bliebe, tätig werden.«
»Von welcher Art sind die Geschäfte Ihres Kunden?«
»Auch das brauchen Sie nicht zu wissen, nur insofern, als er Ihren Sachverstand in Fragen des Öl- und Gasgeschäfts benötigt.«
Kovarik nickte erneut. »Darf ich Sie nach Ihrem Tätigkeitsfeld fragen? Was für Dienstleistungen bieten Sie an?«
»Ich richte mich da ganz nach den Bedürfnissen meiner Kunden. Häufig geht es um Sicherheitsfragen.«
Habib bemerkte Kovariks forschenden Blick auf seine Hände: die Rechte von Stichwunden vernarbt, die Spitze des kleinen Fingers abgetrennt; die Haut auf dem linken Handrücken uneben und haarlos von den Napalmverbrennungen, die bis hinauf zur Schulter reichten. Kovarik lächelte und sagte: »Könnte man sagen, dass Sie ein Söldner sind?«
»Wenn ich die Frage bejahe, würden Sie dann den Auftrag ablehnen?«
»Kommt drauf an, wie viel er einbringt.«
»Und darauf, was mein Kunde von Ihnen erwartet?«
»Innerhalb gewisser Grenzen.«
Als Habib nicht gleich antwortete, lehnte Kovarik sich zurück, sein Lächeln wurde noch breiter und er schlug einen verschwörerischen Ton an. »Investmentbanker werden auch manchmal als Söldner beschrieben. Wir verkaufen unsere Dienste gegen Honorar, werden dafür bezahlt, bestimmte Ziele für den Kunden zu erreichen, während wir die Angelegenheit mit absoluter Vertraulichkeit behandeln. Wir sind keine Warmduscher.«
Habib sah Kovarik prüfend in die Augen, äußerte sich aber immer noch nicht. Kovarik hielt dem Blick stand, ohne mit der Wimper zu zucken.
Na schön, mein Junge, du wirst es bringen.
Habib sagte: »Gut. Also, der Plan sieht folgendermaßen aus …«
»Sind Sie sicher, dass Sie mir das verraten wollen?«
»Sie werden nicht imstande sein, uns die Information zu liefern, die wir benötigen, wenn Sie nicht wissen, was wir vorhaben.«
Kovarik nickte. Jetzt hatte Habib doch den Eindruck, dass er den Schwanz einziehen könnte; er sah, wie er auf seinem Stuhl herumrutschte und die Kiefermuskeln anspannte.
Nun denn, auf geht’s.
»Unser Kunde möchte den Ölfluss rund um die Welt ein wenig ins Stocken bringen, um seine politischen Ziele zu befördern. Zu diesem Zweck sollen gewisse Vorgänge in der Computersoftware ausgelöst werden, die die Betriebssysteme auf allen Ebenen des industriellen Prozesses lenken – Bohrung, Raffination, Pipelines und alle anderen Aspekte der Produktion und Weiterleitung.«
»Wie will er das anstellen?«
»Computerfrickelei. Wir haben die entsprechenden Experten dafür herangezogen.«
»Und was wäre dann meine Aufgabe?«
»Wir benötigen Informationen, die Sie haben, und Zugang zu Personen, die Sie kennen.«
»Okay.« Kovarik schien die Sache abzuwägen. »Worauf genau sind Sie aus?«
»Sie sollen die Softwareanbieter, die sozusagen das Futter für die Betriebssysteme der Öl- und Gasindustrie liefern, identifizieren und uns Kontakt zu ihnen verschaffen. Die Information muss in drei Segmente gegliedert sein: erstens die Investmentbanker, die die Softwareanbieter beraten; zweitens die Softwareanbieter selbst, geordnet nach der Art der Betriebssysteme, die ihre Software bedient; und drittens die Öl- und Gasfirmen, die Kunden der jeweiligen Softwareanbieter sind. So weit alles verständlich?«
»O ja, ist ja klar und deutlich.«
Habib beobachtete Kovariks Reaktion und wartete ab.
Schließlich sagte Kovarik. »Wir müssen noch die Frage meiner Vergütung
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