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Trojanische Pferde

Trojanische Pferde

Titel: Trojanische Pferde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Lender
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immer glasigen Augen auf Sasha hinunter. »Nun ja, selbstverständlich hat er dich eingeladen, in Saudi-Arabien zu leben, aber an deiner Stelle würde ich die Sache nicht auf diese eine Perspektive einengen.«
    Sasha sah die Komtess ungläubig an.
O mein Gott! Was sagt sie da?
»Das heißt, du weißt davon?« Sie schlug beide Hände vor die Brust.
    »Natürlich, Kind, er hat heute Morgen mit mir darüber gesprochen. Ich finde, das ist eine fantastische Gelegenheit für dich.«
    »Eine fantastische Gelegenheit!«
    Die Komtess wich zurück, die Arme steif und die Hände flach an die Zimmerwand gepresst, als rechnete sie damit, dass Sasha ihr jeden Moment an die Kehle gehen würde. »Jawohl! Eine Gelegenheit!«
    Sasha kam auf sie zu, ihre Haare standen in alle Richtungen ab, als wäre sie elektrifiziert. Sie hatte den Rücken steif durchgedrückt und schob die Brust vor, wie ein Mädchen, das auf dem Spielplatz einen Jungen herausfordert. »Verdammt noch mal! Du redest, als würdest du mich aufs Internat schicken!«
    »Sei still! Jassar wird dich hören!«
    »Lass ihn doch! Was kümmert mich das?«
    »Ich dachte, du bewunderst Jassar.«
    »Ob ich ihn bewundere oder nicht, was hat das damit zu tun, dass ich mich für seinen Sohn hergeben soll als seine …«
    Die Komtess blickte finster. »Sei nicht albern. Er hat dich eingeladen, mit seinem Sohn im Palast zu wohnen, wo du ein stilvolles Leben führen kannst und überhäuft wirst mit Geld, Geschenken, was du dir nur vorstellen kannst – machst du dir überhaupt einen Begriff davon, wie reich diese Leute sind? Und alles, was dir dazu einfällt, ist irgendein banaler Unsinn über Geld und Gegenleistungen. Also wirklich!«
    Sasha fühlte die Tränen aufsteigen. Sie konzentrierte sich auf ihre Wut, um den Schmerz zu verdrängen, konnte aber nicht verhindern, dass verzweifelte Gedanken ihr durch den Kopf schossen:
Wie kannst du so etwas tun? Du bist alles, was ich habe. Ich bin alles, was du hast. Abgesehen von den Drogen. Hat das Opium dich tatsächlich so sehr zerrüttet?
»Hol dich der Teufel!«
Sie verkauft mich!
»Wie viel zahlt er dir?«
    Die Komtess wandte nur den Blick ab.
    »Wie viel?«
    Die Komtess begegnete wieder Sashas Blick, dann verschränkte sie auf ihre spezielle Art die Arme vor dem Bauch. »Meine finanziellen Angelegenheiten gehen dich nichts an. Niemand zwingt dich zu irgendetwas. Du musst selbst entscheiden«, sagte sie nüchtern. »Aber mach dir bewusst, dass du kaum eine andere Wahl hast.«
    »Du kannst mich mal, Christina. Natürlich habe ich eine andere Wahl. Ich lauf einfach weg.«
    »Wohin? Du hast kein Geld, und ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass du dir die Finger schmutzig machst. Das hast du nie gelernt.«
    »Du würdest mir den Geldhahn zudrehen?«
    Die Komtess warf den Kopf zurück. »Törichtes Kind. Es ist nichts mehr da. Nichts Nennenswertes jedenfalls. Guck dir die Wände an, mein Schatz. Die Bilder sind alle weg.«
    Sasha hatte das Gefühl, ihr Herz würde explodieren. Und gleich darauf der Verstand.

    Sasha trat auf die Terrasse hinaus. Sie spürte die Hitze der Feldsteine durch die Schuhe und atmete den Geruch der Kiefern ein, während ihr Blick über die grüne Pracht schweifte, die sich den Berghang hinab bis ins Tal ergoss – der Hang der Komtess und das Tal der Komtess –, welches sich wiederum bis nach Vevey und an den Genfer See erstreckte. Jetzt wurde ihr bewusst, dass sie diesen Ort, auf die eine oder andere Weise, in Zukunft nicht mehr als ihrHeim bezeichnen konnte.
Wenn ich nicht gehe, was wird dann aus uns beiden?
Tränen brannten ihr in den Augen. Der Kloß im Hals wollte sie schier ersticken lassen.
    Nach einer Weile wischte sie sich die Tränen aus dem Gesicht und legte ihre Hände auf die Kalksteinbrüstung. Die verlässliche, erdverbundene Solidität des Gesteins ließ sie zur Ruhe kommen. Mit noch bebender Brust stand sie da. Langsam und allmählich hob sie den Kopf, drückte den Rücken durch. Die Bauchmuskeln schmerzten.
Wahrscheinlich könnte ich Christina vergeben, wegen der Drogen. Aber Jassar? Ich dachte, er wäre einer der wenigen Menschen, die mich verstehen, mit denen ich reden kann.
Die Knie knickten ihr ein, sie stützte die Hüften gegen die Brüstung, drehte sich zum Haus um. Für einen Moment hatte sie das Gefühl, sie würde, schwindlig vor Verwirrung, hintenüberkippen.
    Komm schon, reiß dich zusammen
. Sie zwang sich zu ruhiger Überlegung. Ihr Leben hier mit der Komtess war

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