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Trojanische Pferde

Trojanische Pferde

Titel: Trojanische Pferde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Lender
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eigentlich bedeutete, der keine Ahnung hatte, was mit seiner Kleidung passierte, nachdem er sie zerknüllt auf dem Boden hatte liegen lassen. Endlich gewannen ihre Gedanken wieder Klarheit.
Oh, Ibrahim. Wie kannst du nur? Nachdem ich dich vom Boden aufgehoben und wieder auf die Füße gebracht habe.
»Ich habe es nicht verdient, dass du so mit mir sprichst«, sagte sie. »Ich habe nichts getan, was eine solche Respektlosigkeit rechtfertigt.«
    Er blickte hinunter zu ihr, und sie sah, wie der Zorn aus seinen Zügen wich. Er schien ihre Gedanken lesen zu wollen. Sein Gesicht zeigte Sanftmut, dann sogar – war es möglich? – Scham? Er stieg die Treppe hinunter, kam schweigend auf sie zu, nahm auf dem Weg ein Kleid in die Hand. Sie probierte es an, sah, dass es ihm nicht gefiel, und zog es wieder aus.
    Er legte ihr die Hände auf die Schultern, streichelte sie und küsste ihren Hals. »Manchmal hast du keinen richtigen Begriff davon, was du mich eigentlich fragst«, sagte er sanft. Dann: »Das da gefällt mir.« Er zeigte auf ein Kleid auf dem Sofa. »Ich glaube aber, es würde ohne das hier noch besser bei dir aussehen.« Er knöpfte ihren BH auf, entfernte ihn und drehte sie zu sich herum. »Und das hier brauchst du auch nicht.« Er zog ihren Strumpfgürtel hinunter und hielt ihn, während sie aus ihm herausstieg. Dann half er ihr, in das Kleid zu steigen, schob ihr die Träger über die Schultern, drehte sie um und zog den Reißverschluss hoch.
    Ibrahim war offenbar der Ansicht, dass der Streit damit beendet sei, schließlich gab er sich alle Mühe, ihr gefällig zu sein, und sie brauchte nur zu akzeptieren, dass seine Worte etwas waren, was einem im Eifer des Gefechts schon mal herausrutschen konnte.
Typisch für ihn
. Aber er hatte ihr Vertrauensverhältnis beschädigt, und es war ausgeschlossen, dass sie sich noch einmal der Täuschung hingab, es reparieren zu können.
Zeit, auszusteigen.
Dann dachte sie an Jassar und wusste, dass sie nicht gehen konnte, ohne ihm – vielleicht noch bevor Ibrahim selbst sich dessen in voller Konsequenz bewusst wurde – vor Augen zu führen, dass der Sohnim Begriff war, gegen ihn – seinen eigenen Vater – Partei zu ergreifen. Sie dachte an Nigel Benthursts Worte über Ibrahims neue Freunde: Sie sind gefährlich. Sorge um Jassar verdrängte jetzt den Widerwillen gegen den Mann, der vor ihr stand. Ja, er musste unbedingt davon erfahren. Von ihr.

DRITTES BUCH
    KAPITEL 17
    A UGUST, LAUFENDES J AHR . N EW Y ORK C ITY .
Die schal gewordenen Überreste seines Abendessens, ein angebissenes Sandwich und die durchweichten Pommes, die er praktisch nicht angerührt hatte, verliehen Daniels Büro ein Aroma, das dem des Konferenzraums in der letzten Woche ähnelte.
Jassar ist verflucht fordernd und pingelig. Ich muss so präzise sein, wie es geht.
Die Worte, die er die ganze Woche über benutzt hatte, um sich anzufeuern, fügten sich in seinem Gehirn zu einem Mantra zusammen:
Das und noch fünfundzwanzig Prozent Erfolgsprämie
. Er hockte gerade über einem Entwurf der Präsentation von sechs Übernahmekandidaten im Bereich Raffination und Marketing, die er und sein Team für die anstehende Konferenz mit Prinz Jassar in Wien vorbereiteten. Sein Nacken war steif vom langen Sitzen in der immer gleichen Haltung.
Oder kommt es von der Anspannung?
Er las die Zeit auf seiner Armbanduhr ab.
10.30 Uhr
. Mit Erleichterung vermerkte er die Tatsache, dass Lydia sich für ein paar geschlagene Stunden nicht in seine Gedanken eingeschlichen hatte.
    Seine beiden Kollegen kauerten auf ihren Stuhlkanten auf der anderen Seite seines Schreibtisches, die Gesichter ihrerseits in die Vorlage vergraben. Walter Purcell, der Vizepräsident, und Steven Pace, sein Mitarbeiter, zeigten Spuren des nicht nachlassenden Drucks, das Projekt endlich unter Dach und Fach zu bringen – gelockerte Krawatten und geöffnete Hemdkragen, zerzauste Haare und aufgerollte Ärmel. Daniel selbst präsentierte sich noch immer wie aus dem Ei gepellt, vermutete aber, dass seine Augen rot unterlaufenwaren vor Müdigkeit. Und der anhaltende Stress ließ seine Bewegungen zappelig werden.
    Den Blick gesenkt, mit eiserner Disziplin und ohne ein Lächeln fuhr Daniel fort, seine Kopie der Vorlage genauestens, Punkt für Punkt, durchzugehen. Die beiden Untergebenen wechselten verstohlene Blicke, als Daniel auf die letzte Seite zusteuerte. Schon mehrfach waren sie in den letzten Tagen nahe dran gewesen, nur um dann doch zu einem

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