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Trojanische Pferde

Trojanische Pferde

Titel: Trojanische Pferde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Lender
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ihr.
    »Wohl kaum.«
    Du willst dich immer noch auf keine Diskussion einlassen. Glaub aber nicht, dass du mich abwimmeln kannst
. »Wohl kaum? Deine Familie ist nicht geeignet, die heiligsten Stätten des Islam zu betreuen? Der saudischen Regierung ist jede Legitimität abzuerkennen?«
    »Das haben sie nie gesagt.«
    »Sie waren nahe dran. Was ist in dich gefahren? Warum auf solche Leute hören?«
    Ibrahim seufzte. »Ich werde eines Tages der politischen Führung Saudi-Arabiens angehören«, sagte er. »Es kann nicht schaden, sich mit den Anschauungen unserer Wählerschaft vertraut zu machen. Es ist nichts dagegen einzuwenden, wenn unsere eigenen Denkmuster infrage gestellt werden.« Er hatte die Unterarme aufs Geländer gestützt und lehnte sich gewissermaßen zu ihr herab. Eine arrogantere Haltung schien Sasha kaum vorstellbar.
    Ich hasse es, wenn du mir gegenüber diesen gequälten paternalistischen Ton anschlägst.
Sie überlegte, ob sie seine Haltung nachäffen sollte, um ihm zu zeigen, wie lächerlich das aussah, kam jedoch zu dem Schluss, dass er entweder gar nicht begreifen würde, was das sollte, oder aber ernsthaft in die Luft ginge. »Nein, gegen einen Dialog ist nichts einzuwenden. Aber ich fürchte, die benutzen dich nur als Aushängeschild, mit dem sie für ihre Sache werben können. Und als eine Art Trophäe, die sie ihren Anhängern präsentieren wollen.«
    »Du weißt nicht, wovon du redest.«
    »Ach nein? Was würde dein Vater sagen, wenn er wüsste, dass du dich mit einem Pack gemein machst, das die Überzeugungen deiner eigenen Familie infrage stellt, ihre Religion, ihre …«
    »Wer bist du, um über meine Religion zu sprechen?«, schnitt er ihr das Wort ab.
    Gut. Endlich hab ich dich aus der Reserve gelockt.
Eben noch wollte sie ihn bei den Haaren packen und zwingen, ihr zuzuhören. Doch jetzt wusste sie, dass sie ihn im Sack hatte.
Treiben wir den Stachel ruhig noch ein bisschen tiefer
. »Ich möchte behaupten, dass ich nicht viel weniger darüber weiß als du selbst. Mit Sicherheit habe ich mich intensiver mit den Lehren befasst als du in den letzten anderthalb Jahren.«
    »Ach richtig, ich hatte ganz vergessen, dass du ja eine Koranschülerin bist.« Sein Sarkasmus tropfte von der Galerie herunter. »Und vermutlich verstehst du auch von der saudischen Politik genauso viel wie ich und meine Familie, richtig?«
    Na, wenigstens ist er jetzt bei der Sache, auch wenn er sich wie ein verdammter Bauerntrampel aufführt
. Sie schlug die Augen nieder, um einzulenken und ihm zu zeigen, dass sie ihn nicht grundsätzlich infrage stellen wollte.
Du bist doch wirklich ziemlich berechenbar, Ibrahim
. »Ich möchte nur wissen, was vorgeht«, sagte sie.
    »Was vorgeht, ist, dass ich mich auf die Rolle vorbereite, die ich in der Zukunft dieses Landes spielen werde.«
    Ihr eigener Zorn wuchs. »Wie kannst du das sagen, wenn du mit Leuten übereinstimmst, die nichts weniger als die Legitimität der Herrschaft deiner Familie anzweifeln? Diese Leute sind Gift. Sie bedrohen deine Familie, eure religiösen Werte, und du merkst es nicht einmal.«
    »Was zum Teufel faselst du da, Weib?«
    Faseln! Weib!
Sie fühlte, wie ihr die Hitze ins Gesicht stieg. »Dein Bedürfnis nach Anerkennung, der Wunsch, dir einen Namen zu machen, hat dich auf Abwege geführt! Diese Leute sind extremistische Fundamentalisten, und du lässt dich von ihnen durch die Manege ziehen wie ein dressierter Affe! Du scheinst zu vergessen, dass du zur königlichen Familie gehörst!« Als sie sein Gesicht sah, bereute sie ihren Ausbruch.
Oje, jetzt geht’s los.
    Er packte das Geländer. »Ich habe nie vergessen, wer ich bin! Du bist es, die vergessen zu haben scheint, wer sie ist, Konkubine! Also halt jetzt den Mund oder sei dir über die Konsequenzen im Klaren! Du kannst ganz schnell wieder dort landen, wo mein Vater dich hergeholt hat!«
    Seine Worte prasselten auf Sasha ein, als würde er sie anspucken. Ihr Verstand versuchte den Strudel der in ihr tobenden Gefühle in den Griff zu bekommen, all die Gedanken, die Ausbeute von fast zwei Jahren, zu ordnen, die jetzt auf sie einstürmten, nachdem die schöne Vorstellung – war es denn wirklich nur Wahn und Illusion gewesen? –, sie wäre ein Teil dieser Familie, ein Mitglied der saudischen Elite, von der Realität zerschmettert worden war. Jetzt wurde ihr klargemacht, dass er sie in die Eckeschmeißen konnte wie seine benutzte Wäsche. Ein Mann, der nicht einmal wusste, was »Wäsche«

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