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Trojanische Pferde

Trojanische Pferde

Titel: Trojanische Pferde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Lender
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weiteren Entwurf genötigt zu werden.
    Mit einem intensiven Seufzer lehnte Daniel sich schließlich in seinem Sessel zurück, ließ den Kopf kreisen und den Nacken knacken. »Ich würde sagen, so stehen wir gut da, Leute. Ausgezeichnete Arbeit.« Lächelnd ließ Purcell die Schultern sacken. Pace schob seinen Hintern auf den Stuhlsitz und streckte die Arme über den Kopf. »Wie lange brauchen Sie, um die neuen Anmerkungen noch einzuarbeiten?«
    »Eine, vielleicht zwei Stunden«, sagte Purcell.
    Daniel nickte. Die beiden Männer erhoben sich und verließen das Zimmer.
    Daniel blickte aus dem Fenster.
Drei Tage. Kein Anruf, keine Spur von ihr seit Freitag.
Dann, zum tausendsten Mal seit Lydias Verschwinden, schmorten seine Gedanken durch und sein Magen kehrte sich von innen nach außen. Er ballte die Faust, ein-, zwei-, dreimal.
Zum Teufel mit dir.
Sie war einfach abgehauen und hatte ihm nicht einmal die Befriedigung gewährt, sie rausschmeißen zu können. Er hatte zu diesem Zweck extra eine gepfefferte Brandrede entworfen und sie seither zwanghaft, quasi auf Autopilot, alle paar Stunden vor sich hin deklamiert. Er schlug mit der Faust auf den Schreibtisch, immer noch in der Hoffnung, sie beizeiten an den Mann, respektive die Frau bringen zu können, dann wandte er seine Aufmerksamkeit wieder der Präsentation zu, die vor ihm lag. In der nächsten halben Stunde skizzierte er die ersten Stichpunkte für die Zusammenfassung der strategischen Überlegungen, nach denen die Saudis weitere Raffinerie- und Marketingfirmen aufkaufen sollten.
    Doch schon bald bissen sich seine Gedanken wieder in den Schwanz.
Hat nicht einmal versucht, eine logische Erklärung anzubietendafür, was sie mit meinem Computer gemacht hat. Oder für die Pässe und das Geld.
Er sackte im Sessel zurück, ließ den Bleistift fallen und atmete heftig aus.
Oder die Akten. Und der ganze Stapel ist mit ihr verschwunden.
Wieder einmal fragte er sich, wo Lydia herkam, wer sie in Wirklichkeit war. Und erneut spielten seine Eingeweide verrückt, als er zu ergründen versuchte, was es mit dem Geld und den Pässen auf sich haben mochte – ein groß angelegter Betrug? Oder war sie einfach verrückt? Sein Herz, so bitter getäuscht, stöhnte auf vor Schmerz.
    Wen kümmert’s
, versuchte er sich einzureden.
    Daniel erhob sich, ließ den Kopf noch einmal kreisen und die Halswirbel knacken, streckte sich ausgiebig. Von seinem Schreibtisch ging er zum Fenster und blickte, durch sein grobes, zerrissenes Spiegelbild in der Scheibe hindurch, auf die glitzernden Lichter von Midtown.
Liebt sie mich?
Das war eine Frage, die er sich in den letzten drei Tagen wiederholt gestellt hatte. Ein schmerzhafter Luftklumpen drängte sich seine Kehle hinauf, er wandte sich jählings vom Fenster ab und starrte voller Wut die Wand an, die eben als Ersatz herhalten musste für Lydia.
    Ich kann das gerade überhaupt nicht gebrauchen.
Nicht während er an der ersten Präsentation für Jassar arbeitete, dem ersten Schritt hin zu dem befreienden Geldregen, den die Saudis auf ihn niederprasseln lassen könnten, die große Gelegenheit, sein Berufsleben wieder richtig aufregend zu machen.
Auch wenn die Blase in meinem Privatleben wieder geplatzt ist.
    »Ich habe tatsächlich an dich geglaubt«, sagte er laut, gegen die Schwellung in seiner Kehle und das Brennen in seinen Augen ankämpfend.
    Wieder trat er ans Fenster. Sein Herz verlangte nach ihr.
Wem will ich hier etwas vormachen?
Und dann war er plötzlich an einem anderen Ort. Er sah sie vor sich, zum Greifen nahe, war aber, als hätten seine Nerven den Dienst quittiert, nicht imstande, sich zu bewegen, sie zu berühren, zu spüren. Nicht imstande, seinen Hunger zu stillen. Das war der Augenblick, da er sich eingestand, dass er sie liebte.

    A UGUST, LAUFENDES J AHR . N EW Y ORK C ITY .
Kovarik saß am Schreibtisch und rieb sich das Schienbein. Mann, tat das Bein heute weh.
Muss an der Luftfeuchtigkeit liegen.
Er wartete auf Kareem Kapur oder wie auch immer der Mann in Wirklichkeit heißen mochte. Zwei Kopien seiner sechsundzwanzigseitigen Liste lagen vor ihm, eine für Kapur, eine für ihn selbst. Keine Überschrift, nur eine Liste von vierzehn Investmentbankern aus der Öl- und Gasbranche, ihren sechsundfünfzig Kunden, die die Industrie mit Betriebssoftware versorgten, sowie viertauseneinhundertachtundzwanzig von deren Kunden aus der Öl- und Gasindustrie. Geordnet war die Liste nach der Rangfolge der Banker mit den meisten Kunden, und

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