Trojanische Pferde
ganz oben stand Daniel Youngblood.
Das lockte ihm, trotz der Schmerzen, ein Lächeln auf die Lippen. Vielleicht bot sich ihm auf diese Weise eine Gelegenheit, es Daniel heimzuzahlen, dass er ihm das Bein zertrümmert hatte. Der Scheißkerl hatte seinen Aston in der S-Kurve in Watkins Glen an jenem Memorial Day gegen die Mauer gedrängt. Kovarik hatte diesen Unfall in Gedanken wohl schon fünftausend Mal rekapituliert, aber er begriff noch immer nicht, woher Daniel die Chuzpe genommen hatte, stur auf seiner Fahrlinie zu bleiben, als Kovarik ihn innen überholen wollte.
Genug davon
.
Er schüttelte den Kopf und warf einen Blick auf seinen Bildschirm, um zu sehen, was der Markt machte. Seine Assistentin meldete sich. »Mr Kapur ist da.«
Kovarik deutete auf sein Bürosofa, als Kapur eintrat. Er kam mit den zwei Ausdrucken seiner Liste hinter dem Schreibtisch hervor und setzte sich neben Kapur. Der Mann trug denselben braunen Anzug wie neulich schon – sah aus wie bei K-Mart gekauft, hing an ihm wie ein Sack, die Ärmel viel zu lang. Und dazu noch dieses zerknitterte Polyesterhemd mit der Zehn-Dollar-Krawatte.
»Willkommen.« Er schüttelte Kapur die Hand.
»Ist das die Liste?« Kapur hatte einen eindringlichen, nicht gerade freundlichen Blick aufgesetzt.
»Ja.« Kovarik übergab ihm eine Kopie. »Sie werden zufrieden sein.«
Kapur blätterte ein wenig. »Wie ich sehe, stehen Sie ziemlich weit unten auf der Liste.«
»Ich wollte mich im Hintergrund halten. Wenn Sie wollen, kann ich meine übrigen Kunden noch hinzufügen, aber einen so großen Unterschied macht das auch nicht.«
»Ich wundere mich eher, dass Sie Ihren Namen überhaupt mit draufgesetzt haben.«
»Falls die Liste in die falschen Hände gerät, würde es auffallen, wenn ich nicht draufstünde.«
»In die falschen Hände geraten könnte sie nur durch Sie«, sagte Kapur, ohne aufzublicken. »In diesem Fall wüsste ich, an wen ich mich zu wenden hätte.« Jetzt hob er den Kopf, ein drohendes Funkeln in den Augen.
Kovariks Nacken verspannte sich.
Kapur blätterte zur ersten Seite zurück. »Dieser Youngblood. Sieht so aus, als hätte er das halbe Geschäft in der Tasche, wenn man nach den Endkunden geht.«
»Ja, er ist einer der maßgeblichen Player.« Die Worte machten Kovarik einen schlechten Geschmack im Mund.
»Sie kennen ihn.«
»Schon sehr lange.«
»Wär’s ein Problem, wenn er sich bei dieser Sache verheddert?«
Kovariks Puls beschleunigte sich. »Nichts wäre mir lieber. Er ist ein selbstgerechtes, pharisäerhaftes Arschloch.«
»Klingt nach was Persönlichem.«
»Yeah, sehen Sie also zu, dass Sie ihn irgendwie in die Scheiße reiten können.« Kovarik lächelte. Er dachte an Angie, dann rieb er sich das Schienbein.
Habib vertrieb sich in der Lobby des Waldorf Astoria die Zeit, bis er gegen acht Uhr der Meinung war, der Investmentbanker von der Credit Suisse, Philip Adair, müsste jetzt Feierabend gemachthaben und nach Hause gekommen sein. Zwei Blocks von Adairs Gemeinschaftshaus an der Park Avenue/Ecke Neunzigste stieg er aus dem Taxi und ging den Rest zu Fuß. Die FedEx-Uniform saß sehr bequem. Zum Pförtner in der Eingangshalle des Gebäudes sagte er: »Paket für Philip Adair, 12 G.«
»Legen Sie’s hier hin, ich quittiere es Ihnen.«
»Ich brauche
seine
Unterschrift.«
Der Pförtner sah Habib geringschätzig an, dann griff er zum Telefon und klingelte die Wohnung an.
Im Fahrstuhl vermerkte Habib das vertraute Adrenalinrauschen und die geschärften Sinne – er konnte das Zitronenöl auf der Holzverkleidung riechen, die stachligen kleinen Härchen im Nacken des Fahrstuhlführers sehen – wie vor jedem derartigen Einsatz. Es war besser, die Sache selbst zu regeln. Jetzt wo er die Liste von Kovarik hatte, brauchte er Adair nicht mehr. Und Adair forderte mehr Geld als Kovarik, außerdem spielte er auf Zeit, bei ihrer letzten Unterredung hatte er weinerlich und ängstlich geklungen. Das Letzte, was Habib gebrauchen konnte, war, dass Adair den Schwanz einzog und sich dem FBI vor die Füße warf. Es war eindeutig das Beste, Adair selbst zu erledigen. Wenn er es den Leuten des Scheichs überließ, würden die es entweder ganz vermurksen oder zu viel Aufmerksamkeit auf sich lenken. Und das Risiko bestand, dass der Scheich denken würde, Habib könne seine eigenen Probleme nicht selbst regeln.
Habib stieg aus dem Fahrstuhl und bewegte sich so bedächtig, dass er hörte, wie dessen Tür zuging, bevor er sich Adairs
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