Trojanische Pferde
Mann – Scheich bin Abdur – ein für allemal zu packen und ihm die Kehle zuzudrücken, bis seine Augen herausplatzten, um seinen Körper anschließend den Würmern vorzuwerfen, die in der nächtlichen Wüste den Abfall fraßen. Als er bemerkte, dass Assad ihn mit sorgenvollem Blick betrachtete, begann sein Gesicht vor Scham zu glühen. Jassar kannte Assads nächsten Tagesordnungspunkt und fürchtete sich davor. Er wartete etwas, bevor er fragte: »Und was wissen wir Neues über Bin Abdurs sonstige Pläne?«
»Unsere Agenten haben inzwischen bestätigt, dass er aktiv Computer-hacker anwirbt mit dem Ziel, Sabotageakte gegen die Öl- und Gasindustrie zu verüben.«
»Und?« Jassar rieb sich die Stirn und starrte die Wand an.
»Wir haben Agenten, die sich als Hacker ausgeben, um auf diese Weise vielleicht mehr zu erfahren.« Er machte eine Pause, schien zu zögern. »Und es könnte sein, dass wir ein bisschen Glück gehabt haben. Ein Hacker, den er engagiert hat, scheint einen unserer eigenen Agenten, mit Namen Alica, ins Spiel gebracht zu haben, der somit in der Lage sein könnte, seine genaueren Pläne zu ergründen.«
»Das ist erfreulich«, sagte Jassar. »Gute Arbeit.« Erst jetzt hob er wieder den Kopf, um Assad anzusehen, dem mächtig die Brust schwoll, wahrscheinlich in Reaktion auf das Kompliment. »Aber werden Sie nicht übermütig; bleiben Sie auf der Hut und beobachten Sie, was sich daraus entwickelt. Am besten kehren Sie sofort nach Riad zurück.«
Assad sackte in sich zusammen. »Sehr wohl, Herr Minister.«
KAPITEL 19
A UGUST, LAUFENDES J AHR . W IEN , Ö STERREICH .
Jassar entdeckte die Nachricht, die ihm unter der Tür hindurch in seine Suite im Hotel Sacher geschoben worden war. Er hoffte, dass sie von ihr war. Er wartete auf Neuigkeiten. Nach dem Öffnen bekam er eine säuberlich abgetippte, vom Geschäftszentrum des Hotels transkribierte Botschaft zu sehen.
WIR SIND DRIN. UNSER MANN HAT DEM PREIS ZUGESTIMMT, UM ALI FÜR PHASE EINS ZU ENGAGIEREN. ER ZAHLT TOPHONORAR FÜR TOPLEISTUNGEN. FÜNFUNDSIEBZIGTAUSEND VORAB AUF DREIHUNDERTTAUSEND BEI ERFOLGREICHEM HACK INS COMPUTERNETZWERK VON SAUDI-ARAMCO. ICH HALTE DICH AUF DEM LAUFENDEN.
ALICA
»Gut«, sagte Jassar laut. Jetzt würde er verfolgen können, was Bin Abdur im Schilde führte. Er begann auf und ab zu gehen, bearbeitete seine Augenbraue mit dem Daumen. Noch ein Meeting morgen Vormittag, dann konnte er zurück nach Riad fliegen. Er ging zum Telefon, um sich mit Assad in Verbindung zu setzen. Saudi-Aramco musste in Alarmbereitschaft versetzt werden.
KAPITEL 20
A UGUST, LAUFENDES J AHR . W IEN , Ö STERREICH .
Delta-Flug Nummer 2770 hob um 18:30 Uhr vom Kennedy Airport ab, an Bord J. Daniel Christian Youngblood III, der als allerletzter Passagier zugestiegen war, nachdem er noch um 18:14 Uhr vor der Sicherheitsschleuse sechs Kopien einer lebenswichtigen Kundenpräsentation aus den Händen eines atemlosen, wild dreinblickenden James Cassidy in Empfang genommen hatte. Daniel landete morgens um 9:20 Uhr in Wien. Als er über die Philharmonikerstraße auf das Sacher zuschritt, dessen internationale Flaggenparade an diesem noch windstillen Sommermorgen schlaff durchhing, während die kühnen roten Markisen im Sonnenlicht aufblitzten, spürte er das Gewicht seiner Reisetaschen in den Armgelenken und schmeckte den Cognac nach, den er im Flugzeug getrunken hatte, um wenigstens ein paar Stunden Schlaf während des Fluges zu finden.
Diese Präsentation muss es bringen, das ist das Beste, was ich zu bieten habe
. Das Sacher enttäuschte Daniel nicht: Während er duschte, wurde sein Anzug in schaufensterpuppenartiger Perfektion gebügelt, und das dampfende Frühstück stand so pünktlich auf dem Tisch, dass jedem Schweizer Hotelier die Tränen gekommen wären. Nach der Dusche hatte er wieder etwas Farbe auf den Wangen, die Schatten um die Augen allerdings waren geblieben. Um elf Uhr klopfte er an die Tür von Prinz Jassars Präsidentensuite »Madame Butterfly«, wobei ihm die Schmetterlinge, die sich in seinem eigenen Magen tummelten, ein leises Kichern entlockten. Seine Aktentasche fühlte sich erstaunlich leicht an. Sechs Kopien der Präsentation und ein möglichst wacher Verstand, das war alles,was er in diesem Moment benötigte. Sein Adrenalinpegel begann zu steigen.
Jassar öffnete die Tür. Daniel versuchte sich seine Überraschung nicht anmerken zu lassen, ihn in traditioneller arabischer Kleidung anzutreffen.
Aber natürlich.
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