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Trojaspiel

Trojaspiel

Titel: Trojaspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Hoepfner
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nichts gegessen und, außer vom Wasser, durch das er hin und wieder tauchen mußte, nichts getrunken zu haben.
       Dann hört er einen hohen, nicht enden wollenden Schrei und ist nun doch sicher, wieder umkehren zu müssen, wendet schon, geht durch die Tür und in den ungemütlichen Teil des Kellers zurück und hält inne, weil er eine Stimme vernimmt.
       Eine Stentorstimme, eindrucksvoll wie jene des Architekten, aber gerader und leidenschaftlicher, gleichzeitig verführerisch, schmeichelnd und werbend, dann wieder schneidend und kühl, vernichtend. Nichts haftet ihr an von den näselnd leisen oder von Gram und Zweifel getrübten Stimmlagen, die Theo vertraut sind.
       »Kaulbars stellt wieder Ordnung her, aber so gelangweilt, wie ich Monsieur Grischin hier in die Pflicht nehme«, klang es von oben her. »Und wer sollte den obersten Militär jemals anklagen. Selbst tausend verbrannte Häuser haben nicht genügend Worte. Die tausend Männer, Frauen und Kinder, denen sie ganz abhanden gekommen sind, verlangen nur von uns Rechenschaft, nicht von unseren Feinden. Wir müssen die Klage führen und Richter sein und schon jetzt und um der Versöhnung willen ein paar Pogromschiks und Polizisten, die auch von Habichtsaugen nicht zu unterscheiden sind, einen Wunsch erfüllen. Brüderlich sollen sie sterben und werden von uns zur gemeinsamen Ruhe gebettet.«
       Theo tritt wieder vor, geht an leeren Regalen vorbei zur nächsten Tür, neben dem Schinken, dahinter scheint es warm zu sein. Niemand schreit für den Augenblick, der Grillgeruch, der dem Jungen in die Nase steigt, ist jetzt ein angenehmer, wenigstens für den Hungrigen. Etwas brutzelt da in der Pfanne oder hat gebrutzelt, will eine Einladung aussprechen. Theos Hand drückt die Klinke, leider quietscht die Tür und löst Stille aus. In dem Überangebot von Licht, das jetzt herrscht und den Jungen zeigt wie er ist, schmutzig, naß, zitternd und zähneklappernd, kann Theo selbst nichts erkennen, hat noch die Dunkelheit im Blick, nur Umrisse, die an Haken Gewehrriemen samt Gewehren vorführen, ein paar Uniformen, die einmal Polizisten oder Kosaken gehört haben mochten und jetzt schüchtern unauffällig in Reih und Glied hängen. Die Treppe vor sich, die in das von außen immer abweisende Innere der Nummer 28 führt, hebt er mutig den Kopf, obwohl alles Licht vom Anfang ihrer Stufen kommt. Dann tauchen dort oben Köpfe auf, die den um sie blühenden Lichtschein mit Stolz und Vorsicht tragen. Pistolen deuten auf Theo, nicken ihm blitzend zu, weil er aber nicht folgen will, denn er kann nicht, sämtliche Kräfte wollen ihn jetzt verlassen, die Zähne klappern dazu, kommen die freundlichen Pistolen nickend näher. Zwei Männer in schweren Stiefeln steigen hinter ihnen die Treppe hinab. Die Stentorstimme, ganz ruhig von oberhalb, räuspert sich.
       »Es ist ein Spitzel«, antwortet jemand. »Nur ein Bengel.Oder ein Schaf.« Jetzt schickt die Stentorstimme ein Lachen, das zwischen den Männern die Treppe hinunterspringt, sich um Theo dreht, bis sich alles um Theo dreht und dabei einen scharfen Windzug auslöst, der den Jungen, den der Frost schüttelt, obwohl ihm heiß ist, weil ihn ein Fieber gepackt hält, einfach umbläst.
       Als Theo die Augen aufschlägt, ist ihm noch wärmer. Er sitzt an einem Tisch, der neben einem Kaminfeuer aufgestellt ist, und eine Uniformjacke, mit dem Geruch von verbranntem Holz und einigem Rot belastet, hängt um seine Schultern. Der Raum, der sich eben in seiner Helligkeit noch mit der Sonne vergleichen wollte, ist durch den Kamin nur symbolisch beleuchtet, keine Lampen sind in Gebrauch. Die vier Männer, die neben Theo um den Tisch sitzen, sehen kaum weniger gefährlich aus als der Nachtschreck, trotz normal gewachsener Zähne, auch weil sie alle wie auf ein Signal hin mit grimmiger Miene auf ihn starren. Der Mann, der Theo am nächsten Platz genommen hat, verbreitet leichten Lavendelgeruch. Er hat asiatische Gesichtzüge und ist Theo nicht unsympathisch – obwohl dieser Herr eine Menge Fragen stellt, die allesamt Mißtrauen verraten. Aber er tut das mit jener Stentorstimme, die Theo ja erst in diese gemütliche Runde geführt hatte. Theo antwortet wahrheitsgemäß, erfährt, daß seine Dose samt ihres wenig Hoffnung machenden Inhalts zum Trocknen auf dem Kaminsims steht. Er beachtet diesmal keine Strategie, fühlt sich irrtümlich nicht bedroht, sondern in Sicherheit, was auf die übrigen Anwesenden eine gewisse, sagen wir:

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