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Tropfen im Ozean

Tropfen im Ozean

Titel: Tropfen im Ozean Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Subina Giuletti
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als wir am ersten Tag hier zusammen auf der Bank saßen? Hat dir da was gefehlt? Warst du nicht glücklich? Hat es einen Anlass dafür gegeben? Nein. Wir saßen hier ganz ruhig in der Sonne. Sonst war gar nichts“.
    Er hatte Recht. Dieses Gefühl war klar und vollkommen gewesen.
    „Da siehst du“, sagte er befriedigt. „Und darum geht’s. Diesen Zustand immer zu haben. Ist doch toll, nicht?“
    „Ja“, lächelte ich zögernd zurück. „Das wäre toll“.
    „Und wenn du das hast, ändert sich alles andere. Das geht gar nicht anders. Mach den Fehler nicht und feile an der Umwelt und an anderen herum. Arbeite mit und an dir, bemühe dich, ein nobler Mensch zu sein. Das tun so wenige, weil es mühsam ist. Es erstaunt mich immer sehr, wie normal die Menschen das in Bezug auf ihren Körper oder auf Erfolg akzeptieren: Wer trainiert, bekommt Muskeln. Wer sich anstrengt, erreicht etwas. Aber im charakterlichen Bereich meinen sie, man hat nun mal seine Persönlichkeit und man ist halt so und so. Komisch, nicht?“
    Seine Worte stimmten mich nachdenklich. Einen noblen Charakter entwickeln. Hatte ich das je als Ziel gehabt?
    „Ein edler Mensch zu sein... hm...“, murmelte ich. „... heutzutage ist das nicht sehr aktuell. Eher geht es darum, erfolgreich zu sein, anerkannt ... beliebt, Kontakte zu haben, im Strom mitzulaufen...“ 
    „Wie man’s nimmt“ antwortete er. „Ein nobler Charakter war immer und nie aktuell... solche Menschen sind Oasen in jeder Gesellschaft. Sie tun gut. Und eigentlich brauchen wir doch nicht noch mehr erfolgreiche Menschen. Dass es Erfolg gibt, haben uns schon so viele bewiesen. Und sie haben uns auch bewiesen, dass sie damit keineswegs glücklich sind. Was wir brauchen, sind Menschen, die ihr Ego nicht an erste Stelle stellen, die Werte leben, statt jedem Vergnügen, Erfolg und Rummel hinterherzurennen. Früher oder später suchen wir diese Menschen. Sie wirken auf stille Weise positiv auf uns“.
    „Aber was ist mit Wünschen, die man hat?“ fragte ich bang. „Ich meine, mir ist Erfolg wichtig, mein Name... Anerkennung und so weiter... das erscheint mir konträr - weil es Äußerlichkeiten sind.“
    „Ja, Wünsche“, seufzte er. „Weißt du, grundsätzlich ist es so, dass man irgendwann erkennt, dass Erfolg, Ruhm, Anerkennung und so weiter das sind, was sie sind: Momente, kurzes Glück, wenn überhaupt. Irgendwann sind diese Dinge nicht mehr wichtig, weil sie einem nicht geben, wonach man sich letztendlich sehnt“.
    „Aber muss man sie aufgeben?“, fragte ich vorsichtig. „Bist du der Meinung, dass Erfolg und ein schönes Leben konträr zur spirituellen Entwicklung stehen?“
    „Nein, woher denn? Ist doch schön, wenn man Dinge erreicht, die man sich als Ziel gesetzt hat. Die Frage dabei ist, woher dieser Wunsch kommt und ob du an diesem äußeren Kram hängst. Oder genauso glücklich bist, wenn es nicht hast, was du dir wünschst. Verstehst du? Du nimmst doch eh nichts mit, wenn du stirbst – außer deinen Blockaden und Mustern, die du aufgebaut hast. Allein deswegen wäre es doch weitaus sinnvoller, vorrangig diese zu lösen, oder?“
    „Ja, aber ich kenne so viele spirituelle Menschen, die so gar nicht glücklich sind. Eher sind sie verbissen, weil sie... “
    „Es geht nicht um andere Leute...“, unterbrach er ernst. „Es geht um dich. Jeder hat seinen eigenen Weg und es ist nicht gut, zu vergleichen oder etwas zu verurteilen, was man im Grunde gar nicht beurteilen kann. Was weißt du schon über diese Menschen? Und was geht’s dich an? In dem Moment, in dem du dich über andere aufregst, verlierst du dich schon selbst. Aber prinzipiell: Askese in Form von Verneinung des Lebens ist nicht unbedingt das, was zum Ziel führt. Dieses berühmte „Verzichten“ wird oft falsch aufgefasst und missverstanden. Zum einen ist damit gemeint, die Sinne im Griff zu haben... das ist ein extra Thema. Spirituell oder yogisch bedeutet Askese: Auf alles verzichten, was nicht Gott ist. Aber Gott ist die Welt. Er drückt sich durch sie aus. Durch ihre Schönheit, die Natur. Warum die Welt verleugnen? Verzichten solltest du auf negative Gedanken, Selbstzweifel, Hass, Groll, Neid, Mangelgefühl... das ist der wahre Verzicht. Du musst nicht weltliche Freuden verdammen, wozu denn? Aber das andere Extrem, alles mitzunehmen, was geht, ohne Sinn und Verstand, und das Glück nur in Äußerlichkeiten zu suchen, das ist es auch nicht, kannst du das ein bisschen verstehen?“.
    „Ja, so

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