Tropfen im Ozean
alles enträtselt und offen war.
Er beharrte auf seiner Frage. Was will ich vom Leben. Ich dachte nach. Geld? Ich habe Geld. Wenn es darum ginge, müsste ich glücklich sein. Liebe? Ja- natürlich. Anerkennung und all das - wer will das nicht. Aber dann fielen mir die Gedanken ein, die ich gehabt hatte, als ich am Tor des Millionärs gewesen war. Ich fühlte erneut meine Hände um die kühlen Ornamente des Tores geklammert, erinnerte mich mit immenser Klarheit an den abschließenden Gedanken, mir nichts sehnlicher zu wünschen als tiefen inneren Frieden und Freiheit.
Erstaunt hörte ich mich das sagen. War das wirklich alles?
„Das ist viel“, antwortete er. „Wenn du das hättest, hättest du alles“.
Er schwieg eine Weile, dann fragte er:
„Welche Art von Freiheit meinst du denn genau?“
„Na, halt einfach ein sorgenfreies Leben“, antwortete ich lax. „Ohne diese mistigen, belastenden Gefühle und negativen Erlebnisse“.
„Hm“, machte er. „Wenn du frei sein willst von Hindernissen und schwierigen Situationen, wirst du nie frei sein. Diese Art von Freiheit gibt es nicht. Aber wenn du die Freiheit meinst, trotz der Steine auf deinem Weg glücklich zu sein... obwohl blöde Dinge passieren... dann wärst du wirklich frei“.
„Ich dachte immer, je höher man sich entwickelt, desto größer ist die Belohnung in Form eines sorgenfreien Lebens“, erwiderte ich, an Sonnja und Co denkend.
„Das ist Quark. Es gibt Menschen, die haben alles, was sie brauchen und machen sich trotzdem Sorgen. Und andere sind verstrickt in Schwierigkeiten und sind dennoch frei. Freiheit ist eine Geisteshaltung. Wenn du eine Sorge nicht mehr als solche ansiehst, bist du doch sorgenfrei.“
„Und wie soll das gehen?“ fragte ich neugierig.
„Indem du dich von dem löst, was dich schmerzt. Indem...“
„Ja, aber wie geht dieses blöde Loslassen?“, unterbrach ich ihn. „Die Leute sagen immer: Lass doch einfach los! Lieb dich selbst! Aber genau das kann ich nicht. Ich werde mich ewig nach der Liebe meiner Eltern sehnen, ewig nach einer guten Beziehung und ...“
„...und es wird dir nie genug sein“, vollendete er meinen Satz. „Weil das nie die Lösung sein kann. Da springst du ja gleich in die größte Pfütze mit diesem Thema. Und was hat Selbstliebe mit der Liebe von anderen zu tun? Der Punkt ist, dass die meisten sich all das wünschen, weil sie keine Alternative haben“.
„Eine Alternative?“ fragte ich verwirrt. „Ist denn Liebe nicht essenziell und das Ziel aller? Welche Alternative meinst du denn?“
„Dein Herz“, sagte er und deutete mit dem Finger drauf. „Dein Herz, dein Inneres. Ja, Liebe ist essenziell. Aber such die Liebe in deinem Herzen. Dort ist sie unendlich und bedingungslos. Da drinnen ist es spannender als du meinst! Die Menschen gehen nach außen, nicht nach innen. Das ist das ganze Übel. Sonst nix.“
„Aber... wir leben nun mal in dieser Welt. Ich meine... ich kann mich nicht hinsetzen und den ganzen Tag meditieren... man muss Geld verdienen, Leistung bringen...“
„Natürlich musst du das“, antwortete er. „Das Eine schließt das Andere doch nicht aus. Und wer hat gesagt, dass du den ganzen Tag auf deinem Hintern sitzen sollst? Meditation ist viel weitgreifender als die meisten meinen. Ja, es beginnt damit, dass du für einige Zeit am Tag still sitzt... und wie schwer fällt am Anfang alleine das schon! Aber es endet damit, dass du in einen Zustand kommst, der dir das beschert, was du dir gerade gewünscht hast... und der Clou ist, dass du dann aus diesem Zustand und damit aus deiner Quelle heraus handelst. Du bist nicht getrieben von Motiven wie „Ich muss das erreichen, weil... “... Du bist immer in Meditation, bei allem, was du tust, verstehst du?“
„Jjjjein“, sagte ich zögernd. „Solange ich diesen Zustand nicht kenne, ist es wohl vermessen zu sagen, ich würde es verstehen“.
„Ja“, meinte er und klopfte mir sanft auf die Schulter. „Das ist wohl wahr... aber du wirst es schon noch erleben“.
„Meinst du? Bisher waren meine Meditationen alles andere als erbaulich“.
„Das macht nichts. Wichtig ist, an sich selbst zu arbeiten. Und nur an sich selbst. Das kannst du, indem du dem Grundsatz folgst, jedem Menschen Liebe und Respekt entgegenzubringen“.
Ich presste die Lippen zusammen und musste an J und Emilie denken. Mit einigen Schuldgefühlen auch an meine Eltern.
„Das...“, sagte ich, „... fällt mir in manchen Fällen
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