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Tropfen im Ozean

Tropfen im Ozean

Titel: Tropfen im Ozean Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Subina Giuletti
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Firmen-Exposés und Flyer persönlich vorbei, versuchte, bis zum Chef vorzudringen (was im Mittelstand noch möglich war) und brachte Aufträge von Glas-, Verpackungs- und plastikverarbeitenden Firmen, Bauunternehmern, Dienstleistern und Fahrradgeschäften mit nach Hause. Daneben liefen weiterhin Hochzeiten, Kommunionen, Konfirmationen und Firmenjubiläen. Wer zahlte, bekam den Auftrag.
    Und wieder mussten wir expandieren. Es war klar, dass das mit der kleinen Crew nicht zu schaffen war. Außerdem musste ich zu jedem Event ein Script oder Storyboard schreiben und die jeweiligen Kameramänner beaufsichtigten, sonst kamen sie mit Schrott zurück und wir wollten die Messlatte nach wie vor hoch halten. Es gab unter den zehn Leuten, die wir mittlerweile hatten, nur drei, auf die ich mich blind verlassen konnte und einer davon war Rob, der aber zeitgleich im Schnittstudio dringend gebraucht wurde.
    Durch das zusätzliche Personal wurde mein Aufwand nicht geringer, weil mir die Verantwortung oblag und das Controlling nicht minder Zeit fraß. Es wurde mehr und mehr. Manchmal war ich so müde, dass ich bei Aufgaben wie Musikauswahl einfach am Schreibtisch einschlief.
    Js Augen glänzten dafür immer doller – besonders wenn er mich ansah. Oder bildete ich mir das ein? Wenn er da war, fühlte ich , wie sein Blick auf mir ruhte, wenn ich mit einem der Kameramänner redete, oder mit Rob vor den Monitoren saß. Doch, es war so: J blickte mich an. Er schaute mich an.
    Obwohl es jedes Mal nur Sekunden dauerte, bis ich in den Schlaf fiel, galt mein letzter Gedanke ihm. Und sein mich verfolgender Blick ebenso. Und seine Küsse. Aber es waren keine weiteren mehr dazu gekommen. Bisher.
     
    Währenddessen geriet meine körperliche Verfassung völlig aus den Fugen. Ich aß zu viel, obendrein falsch, noch dazu hastig, trank zu viel Kaffee und bewegte mich kaum. Weder war an Sport noch an gesunde Ernährung zu denken. Wir ließen uns Sandwiches und Gebäck (nicht gut) vom Bäcker bringen oder bemühten den Pizza-Service bei dem wir nach kurzer Zeit Stammkunde waren (auch nicht gut). Unsere Tage hatten zwanzig Stunden, für mich sieben Tage die Woche, und es war nicht unüblich, dass einer von uns sich für eine Stunde auf den Boden legte und kurz die Augen zumachte, wenn ein Film gerendert wurde und wir auf das Ergebnis warten mussten.
    Es war Pionierzeit, eine Zeit der Euphorie, diese ersten Jahre. Wir waren im Flow und jeder spürte, dass es etwas Gutes, etwas Großes war. Und außerdem war in diesen Zeiten Joe oft noch länger im Büro als wir. Er war schon da, als wir morgens kamen und sein Licht brannte noch, wenn wir in den frühen Morgenstunden ins Bett fielen.
    „Sag mal, schläfst du nie?“ fragte ich ihn in einer dieser verrückten Nächte, in denen wir so mit Eilaufträgen zugedeckt waren, dass wir gar nicht mehr wussten, wo wir zuerst anfangen sollten.
    „Doch...doch... zwei, drei Stunden gehen immer“, grinste er und sah bezaubernd dabei aus. „Komm setz dich... du wolltest etwas besprechen? Was hältst du von einem Glas Prosecco?“
    „Nur, wenn er kalt ist“, murmelte ich und überlegte, wie lange es her war, seit ich an einem schön gedeckten Tisch gesessen hatte. Im Restaurant. Oder einfach mal in einer Bar, was trinken.
    „Eiskalt, ich schwör’s! Schau mal, ich hab’ neuerdings sogar einen Kühlschrank hier im Büro!“
    „Wow, es wird immer e xklusiver“, sagte ich und sah J dabei zu, wie er die Flasche entkorkte. Er trug einen blauen, leicht glänzenden Anzug, dazu ein weißes Hemd, die Krawatte hatte er abgelegt und den Kragen geöffnet. Sein Haar war leicht verwuschelt, die Anthrazit- Augen blitzten mit seinen weißen Zähnen um die Wette. Er drückte mir das Glas in die Hand und näherte sein Gesicht dem meinen.
    „Du machst das einfach super“, sagte er und es lag echte Bewunderung in seiner Stimme. „Ohne dich hätte ich das nie so aufbauen können – das ist wirklich grandios! Mit dir hab ich einen Volltreffer gelandet!“
    Ich schmolz dahin. Ein Lob! Oh Gott, wie gut das tat!
    „Und“, sagte er und lächelte mich an. „...du hast wundervolle Augen“.
    Ich schloss dieselben, den Tränen nah. Ausgehungert nach diesen Dingen, die ich über all der Arbeit vergessen hatte. Ein sanfter Touch auf dem Screen meines vernachlässigten Körpers, meiner Seele, und das ganze Menu öffnete sich. Es tat so gut... und seine Hand tat gut, eine Hand, die mich streichelte. Sehnsucht brach aus, Sehnsucht nach

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