Tropfen im Ozean
die konnte ich wenigstens auf die Seite legen, wenn sie mir nicht gefielen. Aber etliche waren gut und die las ich mit Interesse. Oft innehaltend, wenn ein Gedanke darin mich traf. Viele handelten von Gott, vom Universum, von der „Energie“, der Quelle, aus der wir stammen. Aber auch sie verwirrten mich mit ihren widersprüchlichen Aussagen. Keines hatte ein Patentrezept für mich.
Ich befand mich in einer Sinnkrise. Eine, die mich das Leben hier auf der Erde gewaltig in Frage stellen ließ. So abgedroschen das Thema war, in dieser Zeit wurde es zu meinem Zentrum: Wozu das alles? Wo war der berühmte Sinn im Leben?
Wir werden geboren, wir sterben. Nach der Geburt, oder schon im Mutterleib, werden wir mit irgendwelchen Erlebnissen konfrontiert, mit denen wir nicht zurechtkommen, die uns aber nachhaltig prägen. Unser Kopf produziert unentwegt Gedanken, die Verhaltensmuster hervorrufen. Kleinere oder größere Neurosen entwickeln sich und dieses Sammelsurium bildet unseren Charakter... der wiederum unser Schicksal besiegelt. Na, prima.
Geht es nach der viel besungenen Spiritualität, sollen wir ebendiese Gedanken, die als Übel zugrunde liegen, loswerden, vor allem aber das Ego, was immer das letztendlich ist. Wie wird man das Ego los? Wie verhält sich ein ego-loser Mensch? Daneben sollen wir uns aber auch selbstverwirklichen und eine feste, standhafte Persönlichkeit sein.
Oder, was eine noch abgefahrenere These ist: die Welt ist gar nicht real. Sie ist ein Hirngespinst unseres Geistes, eine Illusion. Materie gibt es als solches nicht, da sie ja nur ein vom Geist kreiertes Trugbild ist. Wie soll man einen Sinn finden in einer Welt, die gar nicht existiert? Und damit ist der Verwirrung noch lange kein Ende gesetzt:
Es heißt, wir sind von Gott erschaffen und sein Abbild. Das sagen Religionen wie Esoteriker. Gemeinerweise hat dieser Gott uns mit Gelüsten ausstattet, die wir hernach in mühevollem Kleinkrieg ausrotten sollen: Sex ist ein niederer Trieb, Essen, das uns schmeckt, macht uns krank und dick, es ist leichter, negativ als positiv zu sein, außerdem dürfen wir keine Angst oder schlechte Gedanken haben, weil Mentales Reales wird. Das mit den mentalen Kräften scheint auch nur bei manchen zu funktionieren: Die berühmten Wünsche, die man ins Universum schickt und die Gott dir natürlich erfüllt, weil er dich ja so unendlich liebt. Klappt’s nicht, hast du halt irgendwas falsch gemacht. Aber mir missfällt es sehr, Gott als großes Warenlager zu betrachten, bei dem man nach Belieben Traummänner – oder jobs, sowie I phones und Karrierekicks ordern kann und der sich den geistigen Bestellzettel, den wir geschickt haben, anschaut und dann sagt: „Nee, der ist falsch ausgefüllt, das müsste anders formuliert werden“. Oder: „Die Art, mit dem das geschickt wurde, entspricht nicht dem göttlichen Anspruch: Ablehnt“.
Jedenfalls hat sich bei mir noch nichts materialisiert, obwohl ich Elishas Tipps genauestens befolgt habe. (Du musst nicht wünschen, sondern wollen... du musst das immer wieder visualisieren ... du musst den Wunsch loslassen...)
Erstens: Wie lässt man einen Wunsch los, den man ständig visualisieren soll? Ich hab also hin und wieder dran gedacht und Elisha meinte, damit hätte ich den göttlichen Bestelldienst durcheinander gebracht, weil die nun eine Doppel - und Dreifachbestellung da oben haben, mit der sie nix anfangen können. Gott und die Engel scheinen demnach ganz schön hohl zu sein. Selbst eine Hinterwaldfirma hätte eine Doppelbestellung einfach ausgeliefert. Hätt ich wirklich nix dagegen gehabt. Und: wie hab ich J gewollt! Und wie oft hab ich in meinen Träumen Situationen visualisiert, die ein krasser Gegenpart zur Realität waren!
Alles, was ich dem abgewinnen kann, ist, dass sich mit Gott eventuell leichter reden lässt als gedacht. Aber im Wesentlichen ging es bei all dem rein um Wunscherfüllung, was ergo heißt: Wenn man seine Wünsche erfüllt bekommt, ist man so erfüllt, dass man glücklich ist? Ist das wirklich so?
Wir alle rennen dem Hirngespinst hinterher, beliebt, reich und berühmt zu sein. Derweil sind die Reichen, Begehrten und Schönen ebenso alles andere als glücklich und leiden an den gleichen Symptomen wie jeder normal Sterbliche auch. Nur, dass sie sich ihre Laster leichter finanzieren können. Und mehr Ablenkungen haben. Oder zumindest teurere.
Irgendwann rafft uns dann eine Volkskrankheit dahin, vorzugsweise Krebs oder Demenz, wie hätten
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