Troposphere
weitergehen? Nein. Plötzlich denke ich an Patrick und alles andere, was mit meiner erbärmlichen Vergangenheit zu tun hat, und ich reiße den Augenblick entzwei, indem ich mich wegdrehe und meinen Bildschirm anschaue. Zum ersten Mal fällt mir der Staub darauf auf. Alles scheint schmutzig zu sein. Ich schaue wieder zu Adam hinüber, aber inzwischen ist er damit beschäftigt, Heather wegen des Bücherregals zu beruhigen.
»Ich habe wirklich so gut wie nichts dabei«, sagt er. »Sieh selbst.«
Er zeigt ihr seinen Karton. Drei blaue Stifte darin, ein Universitätskalender, ein rotes Notizbuch und eine Bibel.
»Du reist wirklich mit leichtem Gepäck«, sagt Heather.
Adam zuckt mit den Schultern. »Behalte das Regal. Ich bin schon dankbar für den Schreibtisch.«
Er setzt sich an den Schreibtisch und fährt den Rechner hoch. Heather redet weiter mit ihm, und ihrer Unterhaltung entnehme ich, dass Adam ein paar Seminare für den Magisterstudiengang im nächsten Semester vorbereitet. Normalerweise finde ich diese Art Gespräch langweilig, aber Adams Stimme ist so elektrisierend, dass ich einfach zuhören muss. Ich kann seinen Akzent nicht richtig zuordnen. Zunächst glaube ich, er stammt aus Südlondon. Dann revidiere ich meine Einschätzung, zu Südlondon mit einem Einschlag Neuseeland. Dann revidiere ich sie noch einmal, zu Neuseeland mit einem Einschlag Irland. Dann gebe ich auf und denke wieder daran, nach Hause zu fahren. Ich kann nicht Gefühle für einen Typ entwickeln, der einen Karton mit einer Bibel darin mit sich herumträgt, besonders dann nicht, wenn ich immer noch Patricks Soße an meinen Oberschenkeln runterlaufen spüre. Ach, ich bin so ordinär. Ich stehe auf und ziehe meinen Mantel an.
»Nun denn«, sagt Heather gerade. »Ich finde, wir sollten das feiern …« Sie schaut mich an. »Ariel? Oh, gehst du gerade? Was meinst du?«
»Wie?«, frage ich, während ich die Homöopathie-Bücher in eine Tasche lege, um sie mit nach Hause zu nehmen.
»Ein Essen, heute Abend bei mir zu Hause? Ich habe gedacht, dass ich euch alles über LUCA erzählen kann, und Adam kann uns erzählen, wie Gott den Menschen geschaffen hat, und wir alle können uns richtig betrinken. Na ja, Ariel und ich könnten das machen. Ich nehme an, Adam trinkt nicht. Was meinst du, Adam?«
»Ich komme nur, wenn ich trinken darf«, sagt er.
Ich lächele Heather an. »Ähm, ja. Das klingt gut.«
»Phantastisch«, sagt sie. »Um sieben? Hier ist meine Adresse.« Sie schreibt sie auf ein Stück Papier und gibt es mir.
Als ich diesmal zum Parkplatz des Newton Building komme, stehen keine Männer herum, und das gelbe Absperrband ist zerrissen und flattert im Wind. Außerdem steht das eingestürzte Gebäude schief da, mit einem zur Hälfte errichteten Gerüst ringsum. Mein Wagen ist inzwischen das einzige Fahrzeug, das dort geparkt ist, und ich bin froh, dass ich ihn mitnehmen kann. Ich erwarte immer, dass mein Auto warm ist, wenn ich einsteige, aber wie üblich ist es so kalt wie ein Kühlschrank, ein bisschen feucht, und es riecht nach Zigarettenrauch. Aber immerhin springt es beim ersten Mal an.
Es ist viel Verkehr unterwegs in die Stadt, und als ich mich dem Bahnübergang nähere, sehe ich, wie die Lichter zu blinken anfangen und die großen Schranken langsam herunterkommen. Mist. Das bedeutet, dass ich ungefähr zehn Minuten hier feststecke. Vor mir steht ein kleiner Bus in einem ungünstigen Winkel, sodass er die andere Straßenseite halb blockiert, und die paar Autos, die durchgefahren sind, bevor die Schranken heruntergelassen wurden, versuchen an ihm vorbeizumanövrieren. Auf dieser Straßenseite gibt es eine Bäckerei, direkt hinter einem Pub, und ich steige aus dem Wagen und gehe mir etwas Brot kaufen. In der Bäckerei steht eine Frau, die mich anlächelt, als wären alle, die ich kenne, gerade gestorben. Auf dem Weg zurück zum Wagen verstehe ich, warum der Bus in einem so ungünstigen Winkel dasteht: Ein weißer Van parkt, am Bordstein vor dem Pub. Die Beschriftung auf der Seite lautet: Exklusive Attraktionen. Nach ein paar Sekunden kommt ein Mann aus dem Pub und schiebt einen antik wirkenden Spielautomaten vor sich her, aus der Rückseite hängen Drähte. Er lässt ihn auf dem Bürgersteig stehen und öffnet die Hecktüren des Vans. Als ich vorbeigehe, sehe ich sechs oder sieben andere Automaten darin stehen, alle mit abgegriffenen Knöpfen, auf jedem vermutlich die Fingerabdrücke von Tausenden und Abertausenden von
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