Trottelfallen: Wie Sie sich von lästigen Gewohnheiten befreien! (Brevier-Reihe Hirnschrittmacher)
einen Schritt
weiter gekommen, kennt das Problem, weiß, dass die Fähigkeit zur die Erledigung
einer Aufgabe, bzw. zur Erreichung eines Ziels nicht vorhanden ist, weil die
notwendigen Kenntnisse und Fertigkeiten fehlen. Oder weiß um die Selbstschädigung
und Selbstsabotage unseres Verhaltens bezogen auf unsere Gesundheit, sozialen
Beziehungen, Werte oder Ziele. Von hier bis zur Beendigung dieses Stadiums
durch das Erwerben der bewussten Kompetenz ist es nur noch ein Schritt. Wir
können uns das "know how" selbst aneignen oder brauchen den
wohlmeinenden Rat eines fachmännischen Mentors. Das Leben, davon bin ich
überzeugt, bietet uns oft Lernchancen an. Nehmen wir diese an, ist die bewusste
Inkompetenz nur eine kurze, manchmal schmerzhafte Durchgangsphase.
Nehmen wir
sie nicht an, erfolgt zumeist eine Zwangsbelehrung. Das kann ein plötzlicher
Bruch oder eine persönliche Katastrophe sein, wie z.B. verlassen zu werden oder
den Job zu verlieren. Der Schmerz kann aber auch allmählich ansteigen und
dauert dafür umso länger, je länger wir das Problem ignorieren. Beispiele
hierfür sind die allmähliche Entfremdung vom Partner, die schleichende
Abkühlung der Beziehung zu einem Freund, die zunehmende Unlust morgens
aufzustehen und zum Job zu gehen, die langsam beginnenden, sich stetig verstärkenden
Rückenschmerzen, der morgendliche Husten, der erst nur da ist, dann im Hals
kratzt und später beginnt, weh zu tun.
Ignorant
sind wir, wenn wir das Problem kennen, aber keine Anstrengungen zur Abhilfe unternehmen,
also absichtlich oder billigend unwissend und beschränkt bleiben.
5.1. Beispiel 1: Ärzte empfehlen Nervengift und Droge.
Dass Nikotin
ein starkes Nervengift und eine Droge ist, die schnell abhängig macht, wissen wir
seit langem. Aber erst Anfang der sechziger Jahre wurde der Tabakindustrie
verboten, direkt oder indirekt damit zu werben, dass Rauchen positive
Gesundheitseffekte hat. Bis dahin wurde für das Rauchen etwa mit den folgenden
Aussagen geworben:
Camel:
More doctors smoke Camels than any other cigarette / L&M: Just what the doctor
ordered / Lucky Strike: 11,105 doctors say Lucky Strikes prevent throat
irritation / 20,679 Physicians say Luckies are less irritating / Marlboro: Gee,
Mommy you sure enjoy your Marlboros / Old Gold: Ask your dentist why Old Golds
are better for the teeth / Phillip Morris: Medical authorities recognize
Phillip Morris proved less irritating to the smoker’s nose and throat.
Und das,
obwohl bereits 1923 Theodor Fahr bei einer Tagung der Deutschen Pathologischen Gesellschaft
als einer der ersten Wissenschaftler den Verdacht äußerte, dass zwischen
Rauchen und Bronchialkarzinom ein Zusammenhang besteht. 1939 belegte der
deutsche Arzt Müller erstmals eine Korrelation zwischen Lungenkrebs und dem
Rauchen. Nach dem Zweiten Weltkrieg wiesen Wander und Graham in den USA den
Zusammenhang durch epidemiologische Untersuchungen nach, die zeigten, dass es
einen eindeutigen Zusammenhang zwischen Lungenkrebs und Rauchen gibt. Trotzdem
durfte Werbung noch bis Anfang der Sechziger den Tabakgenuss Schwangeren
empfehlen.
Der direkte, ursächliche wissenschaftliche Nachweis, dass Tabakrauch ein Gen
beschädigt, das für die Reparatur von Defekten der DNA zuständig ist und
dadurch vor Krebs schützt, konnte erst Mitte der Neunziger Jahre erbracht
werden. 7)
Wer also bis
Ende der 30er rauchte, konnte Naivität für sich in Anspruch nehmen, bis Anfang
der Sechziger vielleicht noch gerade so als naiv durchgehen, wer dies bis Mitte
der Neunziger durchhielt war wohl im Zustand der bewussten Inkompetenz, wer
danach noch weiter qualmte, muss sich mindestens den Vorwurf der Ignoranz
gefallen lassen. Zu den Themen Inkonsequenz, Impulskontrolldefizit und
Identifikation in diesem Zusammenhang später mehr.
Spannend
finde ich übrigens, dass sich dieser Prozess des wissenschaftlichen
Erkenntnisfortschritts, der Störfeuer der Industrie mit gekauften Gutachtern
und Gutachten, sowie die langanhaltende Diskussion um die Auswirkungen des
Tabakkonsums im Moment in vielen Facetten Parallelen zur Diskussion um die
Schädlichkeit und das Suchtpotential des Zuckerkonsums aufweist. 8)
5.2. Beispiel 2: Ratschläge sind auch Schläge.
Wer die
ersten Male die Erfahrung macht, dass seine Art, ungefragt Ratschläge zu geben,
nicht dazu führt, dass diese angenommen und beherzigt werden, der ist wohl noch
naiv. Wenn später unmittelbar die genervten Reaktionen des
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