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Trouble - Ein Jack-Reacher-Roman

Titel: Trouble - Ein Jack-Reacher-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
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voller Länge, bis es ganz offen gegen Gummistopper knallte.
    In dem Fach lag eine gekühlte Leiche. Ein Mann, ein Latino. Hand- und Fußgelenke waren mit einem groben Strick gefesselt, der sich tief eingeschnitten hatte. Die Arme lagen auf dem Rücken. Kopf und Schultern waren fast bis zur Unkenntlichkeit entstellt.
    »Er ist mit dem Kopf voraus gefallen«, erklärte Reacher leise. »Weil er so gefesselt war, vermute ich. Wenn Sie mit dem Hubschrauber recht haben.«
    »Keine hin- oder wegführenden Spuren«, sagte Mauney.
    Andere Einzelheiten waren schwer zu erkennen. Die Verwesung war ziemlich fortgeschritten, aber aufgrund der trockenen Wüstenhitze glich sie eher einer Mumifizierung. Die Leiche wirkte geschrumpft, kleiner, eingesunken, ledrig, leer. Tiere hatten sie angefressen, aber im Vergleich zu den anderen Verletzungen waren diese Spuren unbedeutend.
    Mauney fragte: »Erkennen Sie ihn?«
    »Eigentlich nicht«, sagte Reacher.
    »Sehen Sie sich die Tätowierung an.«
    Reacher bewegte sich nicht.
    Mauney fragte: »Soll ich jemanden vom Personal rufen?«
    Reacher schüttelte den Kopf und schob eine Hand unter die eiskalte Schulter des Toten. Hob sie an. Die Leiche drehte sich wie ein Stück Baumstamm steif zur Seite. Als sie auf dem Bauch liegend zur Ruhe kam, ragten ihre gefesselten Arme verdreht nach oben, als hätte der verzweifelte Überlebenskampf bis zuletzt gedauert.
    Was bestimmt der Fall war, dachte Reacher.
    Die Tätowierung war wegen der Schlaffheit der toten Haut und des unnatürlichen seitlichen Drucks der Oberarme leicht faltig, gekräuselt und verschrumpelt.
    Sie war im Lauf der Zeit leicht verblasst.
    Aber sie war unverkennbar.
    Orozco, M.
    Darunter eine siebenstellige Wehrstammnummer.
    »Er ist’s«, sagte Reacher. »Manuel Orozco.«
    Mauney sagte: »Das tut mir sehr leid.«
    Danach herrschte einen Augenblick lang Schweigen. Nichts zu hören außer dem Rauschen gekühlter Luft in den Lüftungsgittern aus Aluminium. Reacher fragte: »Suchen Sie das Gebiet weiter ab?«
    »Nach den anderen?«, fragte Mauney. »Nicht systematisch. Schließlich geht’s hier nicht um ein vermisstes Kind.«
    »Ist Franz auch hier? In einer dieser verdammten Schubladen?«
    »Möchten Sie ihn sehen?«, fragte Mauney.
    »Nein«, sagte Reacher. Dann betrachtete er wieder Orozco und fragte: »Wann findet die Autopsie statt?«
    »Bald.«
    »Kann der Strick einen Hinweis liefern?«
    »Er ist vermutlich ein Allerweltsprodukt.«
    »Lässt sich abschätzen, wann er gestorben ist?«
    Mauney lächelte schwach, von Cop zu Cop. »Als er aufgeschlagen ist.«
    »Und das war wann?«
    »Vor drei, vier Wochen. Unserer Schätzung nach vor Franz. Aber das erfahren wir vielleicht nie genau.«
    »Doch, das tun wir«, sagte Reacher.
    »Wie?«, fragte Mauney.
    »Ich frage den Täter danach. Und er wird’s mir sagen. Er wird darum betteln, mir alles erzählen zu dürfen.«
    »Keine Ermittlungen auf eigene Faust, verstanden?«
    »Träumen Sie nur weiter.«
    Mauney blieb da, um den notwendigen Papierkram zu erledigen. Reacher, Neagley, Dixon und O’Donnell fuhren mit dem Aufzug wieder nach unten. Sie standen auf dem Parkplatz zusammen, sagten jedoch nichts. Taten nichts. Zuckten und zitterten vor unterdrücktem Zorn. Natürlich machen alle Soldaten sich Gedanken über den Tod. Sie leben damit, sie akzeptieren ihn. Sie erwarten ihn. Aber in ihrem Innersten wollen sie, dass er fair ist. Ich gegen ihn, möge der Bessere gewinnen. Sie wollen, dass er nobel ist. Wenn sie schon unterliegen, soll der Tod wenigstens bedeutsam sein.
    Nichts war erniedrigender als ein gefallener Soldat mit auf den Rücken gefesselten Armen. Es zeugte von Hilflosigkeit, Unterwerfung und Misshandlung. Von Machtlosigkeit.
    Es raubte einem alle Illusionen.
    »Kommt, wir fahren«, sagte Dixon. »Hier vergeuden wir nur unsere Zeit.«

37
    Im Hotel ließ Reacher sich für einen Moment auf einen Stuhl sinken und betrachtete das Foto, das Mauney ihm überlassen hatte. Die Aufnahme der Überwachungskamera. Vier Männer vor dem Ladentisch der Apotheke. Manuel Orozco links außen, nach rechts blickend, ruhelos. Dann Calvin Franz, beide Hände in den Taschen, geduldiger Gesichtsausdruck. Anschließend Tony Swan, der geradeaus sah. Und rechts außen Jorge Sanchez mit einem Finger im Kragen.
    Vier Freunde.
    Zwei davon bestimmt tot.
    Vermutlich alle vier tot.
    »Scheiße passiert eben«, sagte O’Donnell.
    Reacher nickte. »Wir werden darüber hinwegkommen.«
    »Wirklich?«, fragte

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