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Trouble - Ein Jack-Reacher-Roman

Titel: Trouble - Ein Jack-Reacher-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
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sagte, sie könne weggerissen werden oder sonst wie verloren gehen. Er verwies auf Fingerabdrücke. Sie sagte, er könne Gliedmaßen verlieren. Er verwies auf eine mögliche Identifizierung nach Zahnschema. Sie sagte, der ganze Unterkiefer könne ihm weggeschossen werden.
    Später war ihm klar geworden, dass ihre Sorge tiefere Ursachen hatte, aber damals glaubte er, ihre Befürchtungen widerlegen zu können, indem er sich auf dem Rücken quer über die Schultern in großen schwarzen Lettern seinen Namen Orozco, M. und darunter ebenso groß seine Wehrstammnummer eintätowieren ließ. Als er damit nach Hause gekommen war, hatte er sich triumphierend das Hemd ausgezogen und war völlig verwirrt gewesen, als die Kleine nur noch heftiger geweint hatte.
    Letztlich war er doch nicht bei der Infanterie, sondern als wichtiger Teamangehöriger bei der 110th MP gelandet, wo Reacher ihm sofort den Spitznamen Seesack verpasst hatte, weil sein breiter olivbrauner Rücken an den mit einer Schablone beschrifteten Seesack eines GIs erinnerte. Fünfzehn Jahre später stand Reacher jetzt auf dem sonnenheißen Parkplatz des Château Marmont und sagte: »Sie haben eine weitere Leiche gefunden.«
    »Ja, leider«, erwiderte Mauney.
    »Wo?«
    »In derselben Gegend. In einer kleinen Schlucht.«
    »Hubschrauber?«
    »Vermutlich.«
    »Orozco«, sagte Reacher.
    »Das ist der Name auf seinem Rücken«, sagte Mauney.
    »Wieso fragen Sie dann?«
    »Wir müssen sichergehen.«
    »Wären doch alle Leichen so praktisch!«
    »Wer sind die nächsten Angehörigen?«
    »Er hat irgendwo eine Schwester. Jünger.«
    »Also sollten Sie ihn offiziell identifizieren. Wenn Sie so freundlich sein wollen. Das ist wirklich nichts, was eine jüngere Schwester sehen sollte.«
    »Wie lange hat er in der Schlucht gelegen?«
    »Ziemlich lange.«
    Sie stiegen wieder ein, und Dixon fuhr bis zu einer Einrichtung des L.A. Countys nördlich von Glendale hinter Mauney her. Niemand sprach. Reacher, der wieder hinten neben O’Donnell saß, tat genau das, was bestimmt auch O’Donnell tat: Er erinnerte sich an zahllose Szenen aus ihrer Zeit mit Orozco. Der Kerl, teils absichtlich, teils unabsichtlich ein Komiker, war als Sohn mexikanischer Eltern in Texas geboren und in New Mexico aufgewachsen, hatte sich aber viele Jahre lang als Australier ausgegeben. Er hatte jedermann Kumpel genannt. Obwohl er ein erstklassiger Offizier gewesen war, erteilte er niemals wirklich Befehle. Er wartete ab, bis ein Untergebener begriff, was er tun sollte, und sagte dann: Wenn’s recht ist, Kumpel, bitte. Das war zu einem Slogan ihrer Einheit geworden, der so häufig zitiert wurde wie Mit den Sonderermittlern legt man sich nicht an.
    Kaffee?
    Wenn’s recht ist, Kumpel, bitte.
    Zigarette?
    Wenn’s recht ist, Kumpel, bitte.
    Soll ich seine Mutter erschießen?
    Wenn’s recht ist, Kumpel, bitte.
    O’Donnell sagte: »Wir haben’s bereits gewusst. Dies ist keine Überraschung.«
    Niemand antwortete.
    Die Einrichtung des L.A. Countys erwies sich als brandneues Klinikzentrum an einer breiten neuen Straße. Auf der anderen Seite lag ein hochmodernes Leichenhaus für Gemeinden, die über kein eigenes verfügten. Es war ein weißer Betonwürfel auf drei Meter hohen Stelzen, sodass Leichenwagen direkt zu den Aufzügen unter dem Gebäude gelangen konnten. Ordentlich, sauber, diskret. Kalifornisch. Mauney fuhr auf den von Bäumen gesäumten Besucherparkplatz. Dixon parkte gleich neben ihm. Alle stiegen aus und blieben einen Augenblick stehen, reckten sich, sahen sich um, hatten es nicht eilig.
    Auf das Kommende war niemand scharf.
    Mauney ging voraus. Ein betonierter Fußweg führte zu einem Personenaufzug. Als Mauney den Rufknopf drückte, glitt die Stahltür zur Seite und entließ einen Schwall eiskalter, nach Chemikalien riechender Luft. Mauney betrat als Erster die Kabine, dann folgten Reacher, O’Donnell, Dixon und Neagley.
    Mauney drückte die Drei.
    Der dritte Stock war kalt wie ein Fleischkühlraum. Hier gab es einen schäbigen Leichenschaubereich mit einem breiten internen Fenster, hinter dem eine Jalousie geschlossen war. Mauney ging daran vorbei und führte sie durch eine Tür in den Kühlraum dahinter. Die Stirnseiten von Dutzenden von Kühlfächern nahmen drei Wände ein. Die mit Chemikalien geschwängerte Luft war bitterkalt, und die grelle Deckenbeleuchtung spiegelte sich in Flächen aus rostfreiem Stahl. Mauney zog ein Kühlfach heraus. Es lief lautlos und leicht auf Kugellagern. In

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