Trübe Wasser sind kalt
Torpedorohre und zwei Raketenschächte. Die wurden zwischen 1955 und 1957 gebaut«, sagte General Sessions. »Seit den Sechzigern sind alle in den Vereinigten Staaten gebauten U-Boote atomgetrieben.«
»Also ist das betreffende U-Boot alt«, sagte Marino. »Es ist nicht atomgetrieben.«
Der General erwiderte: »Es kann nicht atomgetrieben sein. Aber es läßt sich jeder beliebige Sprengkopf auf eine Rakete oder ein Torpedo montieren.«
»Wollen Sie damit sagen, daß das U-Boot, bei dem ich tauchte, für die Aufrüstung mit Kernwaffen umgebaut werden könnte?« fragte ich, während dieses Schreckgespenst immer bedrohlichere Formen annahm.
»Dr. Scarpetta«, sagte der General und beugte sich zu mir. »Wir nehmen nicht an, daß dieses U-Boot hier in den Vereinigten Staaten umgerüstet worden ist. Es hätte aber nur wieder aufgemöbelt und auf See geschickt zu werden brauchen, wo es unter eine fremde Flagge geraten könnte. Die Arbeit ließe sich dort erledigen. Aber Irak oder Algerien können auf eigenem Boden nicht selbständig waffenfähiges Plutonium herstellen.«
»Und wo soll das herkommen?« fragte Marino. »Das ist doch nicht von einem Kraftwerk zu kriegen. Und wenn die Terroristen anderer Meinung sind, dann, schätze ich, handelt es sich um einen Haufen von vollkommenen Idioten.«
»Es wäre extrem schwer, wenn nicht nahezu unmöglich, Plutonium von Old Point zu bekommen«, pflichtete ich bei. »Ein Anarchist wie Joel Hand denkt nicht darüber nach, wie schwer es sein könnte«, sagte Wesley.
»Und es ist möglich«, fügte Sessions hinzu. »Für zwei Monate nach dem Austausch der Brennstäbe in einem Reaktor. Während dieses Zeitfensters kann man Plutonium bekommen.«
»Wie oft werden die Stäbe ausgetauscht?« fragte Marino. »Old Point tauscht alle fünfzehn Monate ein Drittel aus. Das sind achtzig Brennelemente oder etwa drei Atombomben, wenn Sie die Reaktoren abschalten und die Elemente während dieses Zweimonats-Fensters herausschaffen.«
»Dann mußte Hand den Zeitplan kennen«, sagte ich. »Oh ja.«
Ich dachte an die Telefonlisten der CP&L-Bosse, die jemand wie Eddings illegal hätte anzapfen können.
»Jemand ist also auf dem Sprung gewesen«, sagte ich. »Wir glauben zu wissen, wer. Jemand in einer hohen Stellung«, sagte Sessions. »Jemand, der bei der Entscheidung, das Außenbüro von CP&L auf einem Grundstück neben Hands Far m einzurichten, eine Menge zu sagen hatte.«
»Eine Farm, die Joshua Hayes gehört?«
»Ja.«
»Scheiße«, sagte Marino. »Hand muß das schon seit Jahren geplant haben, und er hat todsicher von irgendwoher einen Haufen Kohle gekriegt.«
»Beides steht außer Frage«, pflichtete der General bei. »So etwas mußte über Jahre geplant werden, und jemand hat dafür bezahlt.«
»Sie müssen im Gedächtnis behalten«, sagte Wesley, »daß ein Fanatiker wie Hand ja einen Religionskrieg von ewiger Bedeutung führt. Er kann sich Geduld leisten.«
»General Sessions«, sponn ich den Faden weiter, »wenn das U-Boot, von dem die Rede ist, für einen fernen Hafen bestimmt ist, würde die NAVSEA davon erfahren?«
»Mit Sicherheit.«
»Wie?« wollte Marino wissen.
»Da ist einiges«, sagte er. »Zum Beispiel werden, wenn Schiffe im Schiffsfriedhof festmachen, ihre Raketen- und Torpedoschächte außen am Rumpf mit Stahlplatten bedeckt. Und eine Platte wird im Schiffsinnern über die Antriebswelle geschweißt, damit die Schraube fixiert bleibt. Es versteht sich, daß alle Waffen und Kommunikationseinrichtungen entfernt werden.«
»Was heißt, daß eine Übertretung zumindest einer dieser Regelungen von außen überprüft werden könnte«, sagte ich. »Das wäre zu erkennen, wenn sich jemand das Schiff im Wasser näher anschaut.«
Er sah mich an und erfaßte genau, was ich meinte: »Ja, das wäre zu erkennen.«
»Jemand könnte um dieses U-Boot herumtauchen und feststellen, daß beispielsweise die Torpedoschächte nicht versiegelt sind. Er könnte sogar erkennen, daß die Schraube nicht zugeschweißt ist.«
»Ja«, sagte er wieder. »Das alles ließe sich erkennen.«
»Das hat Ted Eddings getan.«
»Ich fürchte, ja.« Das kam von Wesley. »Taucher haben seine Kamera sichergestellt, und wir haben uns den Film angesehen, auf dem nur drei Aufnahmen waren. Alles verschwommene Fotos von der Schraube der Exploiter. Es sieht also nicht so aus, als wäre er vor seinem Tod lange im Wasser gewesen.«
»Und wo ist das U-Boot jetzt?« fragte ich. Der General schwieg kurz. »Man
Weitere Kostenlose Bücher