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Trübe Wasser sind kalt

Trübe Wasser sind kalt

Titel: Trübe Wasser sind kalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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auf eine Situation, die mir entglitten war.
    »Ich bin mir nicht sicher, ob ich deinen Beweggründen trauen darf«, sagte ich zu Wesley, als der Jet abhob, wie ein Rennwagen mit Flügeln. »Und was ist damit?« Ich blickte mich um. »Seit wann benutzt das FBI Learjets, oder hat das auch das Pentagon arrangiert?«
    »Wir nehmen uns, was wir brauchen«, sagte er. »CP&L hat uns alle ihnen verfügbaren Mittel zugänglich gemacht, um diese Krise zu bewältigen. Der Learjet gehört ihnen.« Der weiße Jet sah mit seinen Sitzen aus Leder und Holz elegant aus, aber es war laut, so daß wir nicht leise sprechen konnten.
    »Du brauchst dir keine Gedanken zu machen, wenn du ihre Mittel nutzt?« sagte ich.
    »Sie sind über all das genauso unglücklich wie wir. Soweit wir wissen, trifft CP&L keine Schuld, mit Ausnahme von einen oder zwei faulen Äpfeln. Im Grunde sind die Firma und ihre Angestellten eindeutig diejenigen, die es am härtesten trifft.« Er blickte nach vorn ins Cockpit und zu den beiden durchtrainierten Piloten in Anzügen. »Außerdem sind die Piloten vom HRT«, fügte er hinzu. »Und wir haben vor dem Abflug jede Mutter und jeden Bolzen in diesem Ding überprüft. Keine Bange. Und daß ich mit dir reise« -er sah mich an -»das sage ich noch einmal: Das läuft alles nach Einsatzplan. Der Ball ist ans HRT weitergegeben worden. Ich werde gebraucht, wenn die Terroristen mit uns Verbindung aufnehmen, wenn wir sie endlich identifizieren können. Aber ich glaube nicht, daß das in den nächsten Tagen passiert.«
    »Wie kannst du das wissen?« Ich schenkte mir Kaffee ein. Er nahm mir die Tasse aus der Hand, und unsere Finger berührten sich. »Das weiß ich, weil sie beschäftigt sind. Sie brauchen diese Brennelemente, und sie können pro Tag nur eine bestimmte Anzahl bekommen.«
    »Sind die Reaktoren abgeschaltet worden?«
    »Dem Unternehmen zufolge haben die Terroristen die Reaktoren unmittelbar nach Stürmung des Kraftwerks abgeschaltet. Sie wissen also, was sie wollen, und sie mache n Ernst.«
    »Und es sind zwanzig.«
    »Schätzungsweise zwanzig sind wegen des angebliche n Seminars in den Übungskontrollraum gegangen. Aber wir können nicht ganz sicher sein, wie viele jetzt drin sind.«
    »Diese Tour«, fragte ich, »wann ist sie geplant worden?«
    »Das Elektrizitätswerk hat gesagt, sie wäre ursprünglich Anfang Dezember für Ende Februar geplant worden.«
    »Dann wurde sie vorverlegt.« Ich war nicht überrascht angesichts dessen, was in letzter Zeit geschehen war. »Ja«, sagte er. »Sie ist plötzlich verlegt worden, ein paar Tage vor dem Mord an Eddings.«
    »Das klingt, als wären sie verzweifelt, Benton.«
    »Und wahrscheinlich um so gnadenloser und nicht so gut vorbereitet«, sagte er. »Und das ist besser und schlechter zugleich für uns.«
    »Und wie ist es mit den Geiseln? Ist es deiner Erfahrung nach wahrscheinlich, daß sie alle gehen lassen?«
    »Ich weiß nicht«, sagte er und schaute aus dem Fenster. Im sanften Seitenlicht war seine Miene grimmig.
    »Herrgott«, meinte ich, »wenn sie versuchen, den Brennstoff herauszuholen, droht uns eine nationale Katastrophe. Und ich begreife nicht, wie sie sich den Abtransport denken. Diese Brennelemente wiegen womöglich jeweils mehrere Tonnen und sind so radioaktiv, daß es augenblicklich zum Tode führt, wenn ihnen jemand nahe kommt. Und wie wollen sie die von Old Point wegschaffen?«
    »Das Kraftwerk ist von Wasser umgeben, um die Reaktoren zu kühlen. Und auf dem James River in der Nähe beobachten wir einen großen Lastkahn, der unserer Ansicht nach ihnen gehört.«
    Mir fiel ein, daß Marino mir etwas von Lastkähnen erzählt hatte, die große Kasten zum Anwesen der Neuen Zionisten lieferten, und ich sagte: »Können wir ihn uns schnappen?«
    »Nein. Wir können uns jetzt keine Schiffe, U-Boote und nichts schnappen. Nicht bevor wir diese Geiseln herausbekommen haben.« Er trank seinen Kaffee. Der Horizont leuchtete allmählich golden.
    »Dann ist das günstigste Szenario für uns, daß sie sich das holen, was sie wollen, und abziehen, ohne noch jemanden z u töten«, schlug ich vor, obwohl ich nicht glaubte, daß dies geschehen könnte.
    »Nein. Das günstigste Szenario ist, daß wir sie dort aufhalten.« Er sah mich an. »Wir wollen kein Schiff voll mit hochradioaktivem Material auf den Flüssen Virginias oder auf See. Was sollen wir tun, wenn sie es zu versenken drohen? Außerdem vermute ich, daß sie Geiseln mitnehmen werden.« Er schwieg kurz.

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