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Trübe Wasser sind kalt

Trübe Wasser sind kalt

Titel: Trübe Wasser sind kalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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hier Dr. Scarpetta«, sagte ich. »Oh, ja, Ma'am«, sagte er überrascht.
    Weihnachtslieder erklangen im Hintergrund, und ich hörte erregte Stimmen. Danny Webster war Anfang Zwanzig und wohnte noch bei seinen Eltern.
    »Tut mir leid, Sie an Silvester zu stören«, sagte ich, »aber wir haben eine Leiche, die unverzüglich obduziert werden muß. Ich bin jetzt unterwegs zum Büro.«
    »Brauchen Sie mich?« Er klang nicht abgeneigt. »Wenn Sie mir helfen könnten, würde ich Ihnen das ungeheuer hoch anrechnen. Ein Boot und eine Leiche sind unterwegs.«
    »Kein Problem, Dr. Scarpetta«, sagte er fröhlich. »Ich bin gleich da.«
    Ich probierte es bei meiner derzeitigen Unterkunft, aber Lucy nahm nicht ab, und so gab ich den Code ein, um den Anrufbeantworter abzuhören. Es waren zwei Nachrichten darauf, beide von Freunden Dr. Mants, die ihr Beileid bekundeten. Mittlerweile fiel Schnee vom bleiernen Himmel, auf der vollen Interstate fuhren die Leute schneller, als gut für sie war. Ich fragte mich, ob meine Nichte aufgehalten worden war und warum sie nicht angerufen hatte. Lucy war dreiundzwanzig und hatte gerade ihren Abschluß an der FBI-Academy hinter sich. Ich machte mir immer noch Sorgen um sie, so als ob sie meinen Schutz brauchte.
    Das Bezirksbüro Tidewater befand sich in einem kleinen, voll ausgenutzten Anbau auf dem Gelände des Sentara Norfolk General Hospital. Wir mußten uns das Gebäude mit der Gesundheitsbehörde teilen, wozu unglücklicherweise das Büro zur Untersuchung der Fischqualität gehörte. Bei dem Gestank verwesender Leichen und verrottender Fische war der Parkplatz zu jeder Tages- und Jahreszeit kein besonders angenehmer Aufenthaltsort. Dannys uralter Toyota stand schon da, und als ich den Lagerraum aufsperrte, war zu meiner Freude auch der Kahn bereits eingetroffen.
    Ich zog das Tor hinter mir wieder zu und schaute mich um. Der lange Niederdruckschlauch war sauber zusammengerollt, und wie ich es gewünscht hatte, war das eine abgeschnittene Ende mit dem Lungenautomaten daran in Plastik gehüllt. Das andere Ende war noch mit dem kleinen Kompressor verbunden, an dem der Ansaugschlauch angeschlossen war. Daneben befanden sich noch eine Gallone Benzin und das zu erwartende Sortiment an Tauch- und Bootsausrüstung, darunter zusätzliche Gewichte, ein Tank mit Preßluft, ein Paddel, ein Rettungsring, eine Taschenlampe, eine Decke und eine Leuchtpistole. Eddings hatte auch einen zusätzlichen 5-PS-Schleppmotor angebracht, den er eindeutig dazu benutzt hatte, in den Sicherheitsbereich einzudringen, wo er gestorben war. Der 35-PS-Hauptmotor war hochgeklappt und abgeschlossen, so daß der Propeller nicht im Wasser war, und ich erinnerte mich, daß er in dieser Stellung war, als ich den Kahn am Tatort gesehen hatte. Mehr als alles andere interessierte mich aber ein Behälter aus Hartplastik, der offen auf dem Boden stand. In der Schaumstoffauskleidung lagen Kamerazubehör und Schachteln mit 100-ASA-Kodakfilmen. Aber ich sah keine Kamera und kein Blitzgerät, und so dachte ich mir, daß sie für immer auf dem Grund des Elizabeth River verloren waren. Ich ging eine Rampe hoch und sperrte eine weitere Tür auf. Da, in dem weiß gekachelten Gang lag Ted Eddings in seinem Sack auf einer Bahre neben dem Röntgenraum. Seine steifen Arme drückten gegen das schwarze Vinyl, als wollte er sich gewaltsam daraus befreien, und Wasser tropfte langsam auf den Boden. Ich wollte gerade nach Danny schauen, als er mit einem Stapel Lappen um die Ecke humpelte. Um sein rechtes Knie trug er eine knallrote Manschette, nach einer Verletzung beim Fußball hatte sein vorderes Kreuzband geflickt werden müssen. »Wir sollten ihn schleunigst in den Autopsieraum bringen«, sagte ich. »Sie wissen, wie mir zumute ist, wenn Leichen unbeaufsichtigt im Vorraum bleiben.«
    »Ich hatte Angst, jemand könne ausrutschen«, sagte er, während er mit den Lappen das Wasser aufwischte.
    »Nun, die einzigen hier sind heute Sie und ich.« Ich lächelte ihm zu. »Aber danke für die Aufmerksamkeit, ich will keinesfalls, daß Sie ausrutschen. Wie geht's dem Knie?«
    »Ich glaube, es wird nie wieder gut. Es sind jetzt schon drei Monate, und ich kann immer noch kaum eine Treppe hinuntergehen.«
    »Nur Geduld, machen Sie mit Ihrer Physiotherapie weiter, und dann wird's schon besser werden«, wiederholte ich meine Worte von früher. »Haben Sie ihn schon geröntgt?« Danny hatte schon mit Tauchopfern zu tun gehabt. Er wußte, es war höchst

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