Trübe Wasser sind kalt
nichts im Boot. Sieht aus, als hätten Sie mehr als ein Paar Handschuhe an.« Er beugte sich zu mir, seine Schulter preßte sich gegen meine.
»Ich trage zwei Paar.« Ich trat einen Schritt von ihm weg.
»Ich schätze, ich brauche noch ein Paar.«
Ich zog den Reißverschluß von Eddings' nassen Taucherstiefeln auf und sagte: »Die Handschuhe sind drüben im Schrank.« Mit einem Skalpell trennte ich Taucheranzug und Unterzieher an den Säumen auf, weil sie von der vollkommen starren Leiche zu schwer abzuziehen gewesen wären. Während ich ihn vom Neopren befreite, konnte ich sehen, daß seine Haut durch die Kälte ganz und gar rosig geworden war. Ich zog ihm die knappe Badehose aus, und Danny und ich hoben ihn auf den Autopsietisch, wo wir ihm die erstarrten Arme brachen und weitere Fotos machten.
Eddings hatte keine Verletzungen, bis auf ein paar alte Narben, hauptsächlich an den Knien. Aber die Biologie hatte ihm sehr früh schon einen bösen Streich gespielt; er hatte eine Hypospadie, was bedeutete, daß seine Harnröhrenöffnung an der Unterseite seines Penis statt in der Mitte war. Dieser an sich geringfügige Makel mußte ihm erheblichen Kummer bereitet haben, besonders als Junge. Als Mann mochte er sich so sehr geschämt haben, daß er Scheu vor Sex hatte.
Er war gewiß nie schüchtern oder zurückhaltend gewesen bei beruflichen Treffen. Eigentlich hatte ich ihn immer ziemlich selbstsicher und charmant gefunden, obwohl ich mich von Charme kaum beeindrucken ließ, am wenigsten bei einem Journalisten. Aber ich wußte auch, daß der äußere Schein nichts darüber verriet, wie sich zwei Menschen benahmen, wenn sie allein waren, und dann verbot ich mir weitere Gedanken. Ich wollte nicht an Ted Eddings, wie ich ihn gekannt hatte, erinnert werden, während ich Bemerkungen und Maße in die Diagramme auf meinem Klemmbrett eintrug. Aber ein Teil meines Gedächtnisses kämpfte mit meinem Willen, und ich dachte an das letzte Mal, das ich ihn gesehen hatte. Es war in der Woche vor Weihnachten gewesen, und ich war in meinem Büro in Richmond, mit dem Rücken zur Tür, und sortierte Dias in ein Karussell. Ich hatte ihn hinter mir nicht gehört, bis er sprach, und als ich mich umdrehte, stand er in der Tür mit einer Topfpaprika, die üppige knallrote Früchte trug.
»Darf ich hereinkommen?« fragte er. »Oder wollen Sie, daß ich damit wieder zu meinem Auto zurückgehe?« Ich begrüßte ihn und dachte frustriert an mein Empfangspersonal. Sie wußten, daß sie ohne meine Zustimmung keine Reporter hinter die kugelsichere Trennwand in der Lobby lassen durften, aber vor allem die weiblichen Angestellten hatten Eddings ein bißchen zu gern. Er trat ein und stellte die Pflanze auf den Teppich neben meinen Schreibtisch, und er strahlte übers ganze Gesicht.
»Ich habe nur gedacht, hier gehört etwas Lebendiges und Fröhliches hin.« Seine blauen Augen fixierten mich. »Hoffentlich ist das keine Kritik an meiner Person.« Ich konnte mir ein Lachen nicht verkneifen. »Können wir ihn jetzt umdrehen?«
Das Diagramm auf meinem Klemmbrett wurde wieder scharf, und ich merkte, daß Danny mit mir sprach. »Entschuldigung«, brummelte ich.
Er beäugte mich besorgt, während Roche herumwanderte, als wäre er noch nie in einem Leichenschauhaus gewesen, in Glasschränke schaute und immer wieder in meine Richtung blickte. »Alles in Ordnung?« fragte Danny auf seine feinfühlige Art. »Wir können ihn jetzt umdrehen«, sagte ich. Meine Gedanken flackerten hin und her, wie eine kleine, heiße Flamme. Eddings hatte an jenem Tag eine Khakihose und einen schwarzen Militärsweater getragen, und ich versuchte, mich an den Ausdruck in seinen Augen zu erinnern. Ich fragte mich, ob irgend etwas darin gewesen war, das an das hier hätte denken lassen können.
Der vom Wasser ausgekühlte Körper fühlte sich eisig an, und ich entdeckte allmählich weitere Kleinigkeiten an ihm, die das vertraute Bild verzerrten, und das verstörte mich noch mehr. Das Fehlen der vorderen Backenzähne wies auf eine zahnorthopädische Behandlung hin. Er hatte teure, sehr teure Porzellankronen und trug Kontaktlinsen, deren Tönung seinen ohnehin lebhaften Augenausdruck hatten verstärken sollen. Auffälligerweise war die rechte Linse nicht ausgeschwemmt worden, als seine Maske mit Wasser vollief, und sein trüber Blick war verstörend asymmetrisch, als würden zwei Tote aus schläfrigen Lidern starren. Ich war mit der äußeren Untersuchung beinahe fertig, es blieb
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