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Trübe Wasser sind kalt

Trübe Wasser sind kalt

Titel: Trübe Wasser sind kalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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und das war genau hier, wo wir uns befanden, auf dieser Straße beim Restaurant. Und so holten Marino und ich Taschenlampen heraus und suchten. Wir schauten auf der Broad Street herum, doch auf der 28. Straße direkt am Bordstein fanden wir schließlich eine kleine weiße Tüte, während ein großer Hund in einem Hof zu bellen anfing. Die Fundstelle ließ darauf schließen, daß Danny meinen Wagen so nahe wie möglich am Café geparkt hatte, weil in dieser Gegend Gebäude und Bäume lange Schatten warfen und es wenig Lampen gab.
    »Hast du ein paar Bleistifte oder Kugelschreiber in deiner Handtasche?« Marino kauerte bei der Tüte, worin vermutlich die Überreste von Dannys Abendessen waren.
    Ich fand einen Stift und einen Kamm mit langem Griff und reichte sie ihm. Mit Hilfe dieser schlichten Instrumente öffnete er die Tüte, ohne sie dabei mit den Fingern zu berühren. Drinnen waren, in Alufolie gewickelt, kalte Pommes frites und eine Großpackung Dentyne. Der Anblick rüttelte uns auf und erzählte eine schreckliche Geschichte. Danny war von jemandem angesprochen worden, als er vom Café zu meinem Auto ging.
    Vermutlich tauchte jemand aus dem Schatten auf und zückte eine Waffe, als Danny die Tür aufsperrte. Wir wußten es nicht, aber wahrscheinlich war er gezwungen worden, eine Straße weiter zu fahren, wo er zu einem abgelegenen Waldhang geführt wurde, um zu sterben. »Ich wünschte, dieser verdammte Hund würde still sein«, sagt e Marino, als er sich aufrichtete. »Geh nicht weg. Ich bin gleich wieder da.«
    Er ging über die Straße zu seinem Wagen und öffnete den Kofferraum. Er kam mit der üblichen braunen Papiertüte zurück, welche die Polizei für Beweismaterial benutzte. Während ich sie aufhielt, kriegte er es mit Kamm und Stift zustande, die Reste von Dannys Mahlzeit hineinzukippen.
    »Ich weiß, ich sollte das in die Requisitenkammer bringen, aber Essen mögen sie dort nicht. Außerdem gibt's dort keinen Kühlschrank.« Papier raschelte, als er die Beweismitteltüte zufaltete. Unsere Füße verursachen ein scharrendes Geräusch, als wir weggingen.
    »Verdammt, hier draußen ist es kälter als in einem Kühlschrank«, fuhr er fort. »Wenn wir Fingerabdrücke bekommen, sind es wahrscheinlich seine. Aber ich werde das Zeug auf alle Fälle vom Labor prüfen lassen.«
    Er legte die Tüte in seinen Kofferraum, wo er schon viele Male Beweismaterialien verstaut hatte. Marinos Abneigung gegen die Einhaltung der Dienstvorschriften äußerte sich nicht nur in seiner Kleidung.
    Ich blickte mich in der dunklen Straße mit den zahlreichen Autos am Rand um. »Was auch immer geschehen ist, hat direkt hier begonnen«, sagte ich.
    Marino schwieg, während er sich ebenfalls umschaute. Dann fragte er: »Meinst du, es war dein Benz? Glaubst du, das war das Motiv?«
    »Ich weiß nicht«, erwiderte ich.
    »Na ja, es könnte ein Raubüberfall sein. Mit dem Auto sah er nach Geld aus, wenn es auch nicht so war.« Ich wurde erneut von Schuldgefühlen überwältigt. »Aber ich glaube immer noch, er könnte jemanden getroffen haben, den er mitnehmen wollte.«
    »Vielleicht wäre es einfacher, wenn er Ungutes im Sinn gehabt hätte«, sagte ich. »Vielleicht wäre es leichter für uns alle, weil wir dann ihm die Schuld für seine Ermordung in die Schuhe schieben können.«
    Marino sah mich schweigend an. »Fahr heim und schlaf ein bißchen. Soll ich hinter dir herfahren?«
    »Danke. Es geht schon.«
    Doch eigentlich ging es nicht. Der Weg war länger und dunkler, als ich ihn in Erinnerung hatte, und ich fühlte mich ungewöhnlich ungeschickt bei allem, was ich tat. Selbst das Herunterkurbeln des Fensters beim Kassenhäuschen und das Heraussuchen der richtigen Münzen fiel mir schwer. Dann verfehlte ich mit der Marke den Schlitz, und als jemand hinter mir hupte, führ ich zusammen. Ich war so entnervt, daß mir nichts einfiel, was mich beruhigen konnte, nicht einmal Whiskey würde helfen. Ich war erst kurz vor eins in meiner Gegend, und der Wächter, der mich durchließ, blickte düster drein, ich schätzte, er hatte auch die Nachrichten gehört und wußte, wo ich gewesen war. Als ich bei meinem Haus ankam, war ich verblüfft, Lucys Suburban in der Auffahrt stehen zu sehen.
    Sie war noch auf und sah aus, als hätte sie sich erholt, im Wohnzimmer auf der Couch ausgestreckt. Der Kamin war an, und sie hatte eine Decke über den Beinen, im Fernsehen lief eine Robin-Williams-Show.
    »Was ist passiert?« Ich setzte mich zu ihr in

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