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Trügerische Ruhe

Trügerische Ruhe

Titel: Trügerische Ruhe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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nie irgendein Leuchten gesehen.«
    »Ich auch nicht!«
    »Ich genausowenig!«
    »He, Chief, haben Sie und die Frau Doktor vielleicht das gleiche Zeug geschnüffelt?«
    Wieder ertönte Gelächter, und diesmal war es gegen sie beide gerichtet. Die Empörung hatte sich in Spott verwandelt, aber Lincoln ließ sich nicht einschüchtern; er ertrug die Beleidigungen mit Gelassenheit und Gleichmut.
    »Es könnte ein episodisches Ereignis sein«, sagte Claire. »Etwas, das nicht jedes Jahr geschieht. Es hängt möglicherweise mit dem Wetter zusammen. Mit Überschwemmungen im Frühjahr oder besonders heißen Sommern – beides hatten wir dieses Jahr. Exakt die gleichen Bedingungen, die vor zweiundfünfzig Jahren herrschten.« Sie brach ab und ließ einen herausfordernden Blick über die Zuhörerschaft schweifen.
    »Ich weiß, daß unter den Anwesenden einige sind, die sich noch an das erinnern, was vor zweiundfünfzig Jahren passiert ist.«
    Die Menge verstummte.
    Der Reporter des Portland Press Herald fragte laut: »Was ist denn vor zweiundfünfzig Jahren passiert?«
    Glen Ryder sprang plötzlich auf. »Der Stadtrat wird die Sache im Auge behalten. Vielen Dank, Dr. Elliot.«
    »Wir sollten uns jetzt darum kümmern«, sagte Claire. »Wir sollten das Wasser von der Gesundheitsbehörde testen lassen –«
    »Wir werden den Fall in der nächsten Stadtratssitzung diskutieren«, erklärte Ryder bestimmt. »Das genügt, Dr. Elliot.«
    Mit glühenden Wangen verließ Claire das Podium.
    Die Diskussion flammte wieder auf, laut und erbittert, und ein Vorschlag nach dem anderen wurde in die Runde geworfen. Claires Theorie wurde nicht mehr erwähnt – man hatte einstimmig beschlossen, daß es sich nicht lohnte, näher darauf einzugehen. Jemand schlug vor, eine Sperrstunde einzuführen; ab neun Uhr abends hätten alle Kinder von der Straße zu sein. Die Teenager protestierten: »Bürgerrechte! Was ist mit unseren Bürgerrechten?«
    »Ihr habt keine Bürgerrechte!« gab Lois zurück. »Nicht, solange ihr nicht gelernt habt, was Verantwortung ist!«
    Von da an wurde es nur noch schlimmer.
    Um zehn Uhr, als alle schon heiser vom vielen Schreien waren, löste Glen Ryder endlich die Versammlung auf.
    Claire blieb auf ihrem Platz stehen und sah zu, wie die Menge den Saal verließ. Keiner der Vorübergehenden sah sie an. Ich existiere nicht mehr für diese Stadt, dachte sie verbittert, es sei denn als Gegenstand ihres Hohns. Sie hätte Lincoln gerne für seine Unterstützung gedankt, aber sie sah, daß er von Ratsmitgliedern umlagert wurde, die ihn mit Fragen und Beschwerden löcherten.
    »Dr.Elliot!« rief Damaris Horne. »Was ist vor zweiundfünfzig Jahren geschehen?«
    Claire floh zum Ausgang, gefolgt von Damaris und den anderen Reportern; sie sagte nur immer wieder »Kein Kommentar. Kein Kommentar.« Sie war erleichtert, daß ihr niemand nach draußen folgte.
    Der bitterkalte Wind schien ihren Mantel glatt zu durchschneiden. Ihren Wagen hatte sie in einiger Entfernung von der Schule geparkt. Sie steckte die Hände in die Taschen und ging so schnell, wie sie es auf der vereisten Straße wagen konnte. Immer wieder mußte sie blinzeln, wenn die Scheinwerfer der abfahrenden Autos sie blendeten. Als sie ihren Wagen erreichte, hatte sie die Schlüssel schon in der Hand, und gerade wollte sie die Tür aufschließen, als sie plötzlich merkte, daß etwas nicht stimmte.
    Sie trat einen Schritt zurück und starrte entsetzt die schlaffen Gummifetzen an, die einmal ihre Reifen gewesen waren. Alle vier waren aufgeschlitzt worden. Voller Wut und Frust schlug sie mit der Hand auf das Wagendach. Einmal, zweimal.
    Ein Mann, der auf der anderen Straßenseite gerade zu seinem Wagen ging, drehte sich überrascht zu ihr um. Es war Mitchell Groome.
    »Stimmt was nicht, Dr. Elliot?« rief er.
    »Sehen Sie sich meine Reifen an!«
    Er wartete, bis die Straße frei war, und kam dann zu ihr herüber. »Du liebe Zeit«, murmelte er. »Irgend jemand hat was gegen Sie.«
    »Sie haben sie alle aufgeschlitzt!«
    »Ich würde Ihnen ja helfen, sie zu wechseln, aber ich nehme nicht an, daß Sie vier Ersatzreifen im Kofferraum haben.«
    Da sie mit seinem Humor nichts anfangen konnte, wandte sie ihm nur den Rücken zu und starrte auf ihre kaputten Reifen herab. Sie spürte den schneidenden Wind auf ihrem ungeschützten Gesicht, und von dem gefrorenen Boden schien die Kälte durch die Sohlen ihrer Stiefel hochzusteigen. Es war zu spät, um noch Joe Bartletts Werkstatt

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