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Trügerische Ruhe

Trügerische Ruhe

Titel: Trügerische Ruhe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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gefallen. Jetzt ist es das beste für mich, einzupacken und mich aus dem Staub zu machen. Und zu hoffen, daß es noch nicht zu spät ist, um nach Baltimore zurückzugehen.«
    »So leicht geben Sie auf?«
    Es war eine bewußt provozierende Frage. Zornig fuhr sie herum und sah ihn an. »So leicht? Und wann wird es schwer?«
    »Es ist ja nicht so, als würde die ganze Stadt Sie angreifen. Es sind nur ein paar verstörte Individuen. Sie haben mehr Unterstützung, als Ihnen bewußt ist.«
    »Wo ist sie denn? Warum hat mir denn bei der Versammlung niemand den Rücken gestärkt? Sie waren der einzige.«
    »Einige von ihnen sind verwirrt. Oder sie haben Angst, ihre Meinung zu sagen.«
    »Kein Wunder. Man könnte ihnen vielleicht auch die Reifen aufschlitzen«, erwiderte sie sarkastisch.
    »Es ist eine sehr kleine Stadt, Claire. Die Leute hier glauben einander zu kennen, aber wenn man genauer hinsieht, ist es nicht wirklich so. Wir behalten unsere Geheimnisse für uns. Wir stecken unser privates Territorium ab und erlauben niemandem, die Grenze zu überschreiten. Bei der Stadtversammlung offen seine Meinung zu sagen bedeutet, daß man sich der Öffentlichkeit preisgibt. Die meisten ziehen es vor, gar nichts zu sagen, auch wenn sie vielleicht Ihrer Meinung sind.«
    »Diese ganze stillschweigende Unterstützung wird mir nicht helfen, meinen Lebensunterhalt zu verdienen.«
    »Nein, das nicht.«
    »Ich habe keine Garantie, daß jetzt plötzlich Patienten in meiner Praxis auftauchen werden.«
    »Ja, ein Risiko ist allerdings dabei.«
    »Also, warum sollte ich dann in der Stadt bleiben? Nennen Sie mir auch nur einen Grund!«
    »Weil ich nicht möchte, daß Sie weggehen.«
    Das war nicht die Antwort, die sie erwartet hatte. Sie starrte ihn an und versuchte angestrengt, in dem schwachen Licht seinen Gesichtsausdruck zu erkennen.
    »Diese Stadt braucht jemanden wie Sie«, sagte er. »Jemanden, der einfach herkommt und ein bißchen Staub aufwirbelt. Der uns dazu bringt, uns Fragen zu stellen, die wir bisher nicht zu stellen wagten. Es wäre ein Verlust, wenn Sie uns verlassen würden, Claire. Es wäre ein Verlust für uns alle.«
    »Sie sprechen also für die Stadt?«
    »Ja.« Er hielt inne und fügte dann leise hinzu: »Und auch für mich selbst.«
    »Ich weiß nicht so recht, was das bedeuten soll.«
    »Ich weiß es selbst nicht so genau. Ich weiß nicht einmal, warum ich es gesagt habe. Es hilft uns beiden nicht weiter.«
    Abrupt faßte er den Türgriff und war gerade im Begriff, die Tür zu öffnen, als sie die Hand ausstreckte und seinen Arm berührte. Er hielt mitten in der Bewegung inne, die Hand am Türgriff, bereit, in die Kälte hinauszutreten.
    »Ich habe immer gedacht, Sie mögen mich nicht«, sagte sie.
    Er sah sie überrascht an. »Habe ich Ihnen den Eindruck vermittelt?«
    »Es ist nicht so, als hätten Sie irgend etwas gesagt.«
    »Was ist es dann?«
    »Sie haben nie über persönliche Dinge gesprochen. Als ob Sie nicht wollten, daß ich etwas über Sie erfahre. Es hat mir nichts ausgemacht. Mir wurde allmählich klar, daß es hier ganz einfach so läuft. Die Menschen halten sich bedeckt, so wie Sie es getan haben. Aber nach einer Weile – nachdem wir uns besser kennengelernt hatten – schien diese unsichtbare Wand immer noch zwischen uns zu stehen, und ich dachte, vielleicht liegt es ja gar nicht daran, daß ich von auswärts bin. Vielleicht liegt es an mir. Vielleicht gibt es etwas, das ihm an mir nicht gefällt.«
    »Es liegt an Ihnen, Claire.«
    Sie war einen Moment still. »Ich verstehe.«
    »Ich wußte, was passieren würde, wenn ich diese Wand zwischen uns nicht aufrechterhalten würde.« Er ließ die Schultern hängen, als ob das Gewicht seines Kummers ihn niederdrückte. »Ein Mensch gewöhnt sich an alles, selbst an das Unglücklichsein, wenn es nur lange genug dauert. Ich bin schon so lange mit Doreen verheiratet, daß ich mir wohl gar nicht mehr vorstellen kann, daß es anders sein könnte. Ich habe eine schlechte Wahl getroffen, ich habe Verantwortung übernommen, und ich habe einfach nur mein Bestes getan.«
    » Ein Fehler sollte nicht ein ganzes Leben ruinieren.«
    »Wenn es noch jemand anderen gibt, der verletzt werden könnte, ist es nicht leicht, egoistisch zu sein und nur an sich selbst zu denken. Es ist fast einfacher, nichts zu tun und den Dingen ihren Lauf zu lassen. Und sich einfach einen dickeren Panzer zuzulegen.«
    Eine Bö fuhr über die Windschutzscheibe und ließ nur Bahnen von

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