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Trügerische Ruhe

Trügerische Ruhe

Titel: Trügerische Ruhe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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und wieder zurückkam. Eine coole Vorführung, von Anfang bis Ende.
    Nur in diesen Augenblicken hatte er das Gefühl, sein Leben im Griff zu haben; nur wenn er auf seinem Skateboard fuhr, bestimmte er sein eigenes Schicksal, seinen eigenen Kurs. In letzter Zeit schienen allzu viele Dinge von anderen Leuten entschieden zu werden; es kam ihm vor, als zerrte man ihn, der sich mit Händen und Füßen zu wehren suchte, in eine Zukunft, die er sich nie gewünscht hatte. Aber wenn er auf seinem Board dahinfuhr, wenn der Wind ihm ins Gesicht blies und die Straße an ihm vorbeisauste, gehörte der Augenblick ihm. Er konnte vergessen, daß er in dieser Niemandsstadt gefangen war. Er konnte sogar für die Dauer einer kurzen, berauschenden Fahrt vergessen, daß sein Dad tot war und nichts jemals wieder in Ordnung sein konnte.
    Er spürte, daß die neuen Mädchen ihn beobachteten. Sie standen dicht beieinander hinter den Containern, die als Klassenzimmer dienten, hatten die gestylten Köpfe zusammengesteckt und machten gickelnde Mädchengeräusche. Ihre Gesichter bewegten sich alle gleichzeitig, während ihre Blicke Noah auf seinem Skateboard verfolgten. Er sprach kaum mit ihnen, und sie sprachen kaum mit ihm, aber jedesmal in der Mittagspause waren sie zur Stelle, um ihm zuzusehen, wie er sein Repertoire abspulte.
    Noah war nicht der einzige Skateboarder an der Knox High School, aber er war eindeutig der beste, und die Girls konzentrierten sich nur auf ihn und ignorierten die anderen Jungs, die auf dem Asphalt umhersausten. Diese Jungs waren alle bloß Angeber, eingebildete Typen, die sich für Skater hielten, weil sie von Kopf bis Fuß in Klamotten aus dem CCS-Katalog steckten. Sie trugen alle die korrekte Uniform – Birdhouse-Hemden und Kevlar-Schuhe und Hosen, die so lang waren, daß der Saum über den Boden schleifte –, aber trotz allem waren sie bloß Angeber in einem Provinzkaff. Sie waren eben nicht mit den großen Jungs in Baltimore gefahren.
    Als Noah die Drehung vollführte und zur Rückfahrt ansetzte, bemerkte er den Schimmer blonder Haare am Rand des Sportplatzes. Amelia Reid beobachtete ihn. Sie stand abseits von den anderen und hielt wie üblich ein Buch umklammert. Amelia war eines von diesen Mädchen, die aussahen, als wären sie in Honig getaucht – so golden und so vollkommen war sie. Kein bißchen wie ihre zwei blöden Brüder, die ihn ständig in der Cafeteria schikanierten. Noah war nie zuvor aufgefallen, daß sie ihn beobachtete, und als ihm klar wurde, daß ihre Aufmerksamkeit genau in diesem Moment auf ihn gerichtet war, begannen seine Knie ein wenig zu zittern.
    Er legte einen Ollie hin, und bei der Landung wäre ihm um ein Haar das Board weggesaust. Konzentrier dich, du Heini! Jetzt bloß nicht ablegen! Er raste zum Parkplatz hinunter, wirbelte herum und kam die Betonrampe entlanggerattert. Auf einer Seite war eine leicht abschüssige Brüstung. Er machte eine Drehung und katapultierte sich auf die Brüstung. Es würde eine tolle Schußfahrt werden.
    Wenn nur Taylor Darnell nicht gerade diesen Augenblick gewählt hätte, um vor ihm aufzukreuzen.
    Noah brüllte: »Aus dem Weg!« – aber Taylor reagierte zu spät.
    Im letzten Moment ließ sich Noah von seinem Skateboard fallen und stürzte auf den Asphaltbelag. Das Skateboard sauste mit unvermindertem Schwung die Brüstung hinunter und fuhr Taylor mit voller Wucht in den Rücken.
    Taylor wirbelte herum und schrie: »He, Mann, was soll das? Wer hat das geworfen?«
    »Ich hab’s nicht geworfen, Mensch«, sagte Noah, während er sich aufrappelte. Seine Handflächen waren aufgeschürft, und sein Knie pochte. »Es war ein Unfall. Du bist halt im Weg gewesen.« Noah bückte sich, um sein Skateboard aufzuheben, das mit den Rädern nach oben liegengeblieben war. Taylor war eigentlich ganz in Ordnung; einer der ersten, die zu ihm gekommen waren, um hallo zu sagen, als Noah vor acht Monaten in die Stadt gekommen war. Manchmal waren sie sogar nachmittags zusammen unterwegs und brachten einander neue Skateboard-Tricks bei. Um so schockierter war Noah, als Taylor ihm plötzlich einen heftigen Stoß versetzte. »He! He, Mann, was ist denn los?« rief Noah.
    »Du hast es nach mir geworfen!«
    »Nein, hab ich nicht.«
    »Alle haben’s gesehen!« Taylors Blick schweifte über die umherstehenden Schüler. »Habt ihr es etwa nicht gesehen?«
    Niemand sagte etwas.
    »Ich habe dir doch gesagt, es war ein Unfall«, sagte Noah. »Es tut mir echt leid, Mann!«
    Von den

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