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Trügerischer Friede

Trügerischer Friede

Titel: Trügerischer Friede Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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angesprungen wurde, die sich wie die Kletten an ihn hängten.
    Shui, seine katzenhafte Gefährtin, trat schimpfend heran. »Die schöne Robe«, sagte sie vorwurfsvoll und untersuchte den Riss genauer, der sich oberhalb der Schulter gebildet hatte. »Ich hätte mir denken können, dass sie an dir nicht lange hält.«
    »An mir?« Pfeifende Töne von sich gebend, leistete er den Anschuldigungen Widerstand. »Shui, du hast gesehen, dass ich nichts getan habe!«
    Sie kicherte, biss leicht in sein Ohr und schnurrte. »Ich habe dich nur aufgezogen, mein Heber Mann. Und den Riss habe ich absichtlich eingenäht. Es ist ein magischer Riss. Er vertreibt alle anderen Flecken, Löcher und sonstigen Dinge, die deinen Roben üblicherweise zustoßen.« Sie zwinkerte, sammelte die Kleinen ein und machte sich auf den Weg nach Hause. »Wir essen bald«, erinnerte sie ihn. »Suchst du Estra? Ich habe ihr Lieblingsessen gekocht.«
    »Sicher, Shui.« Pashtak grinste. Sie ist einfach die Beste, dachte er und schaute ihr nach, aber schon wurde er am Arm gepackt und von den anderen Versammlungsmitgliedern mitgezogen. Als Vorsitzender gab es für ihn kein Entkommen, er hatte gefälligst mitzufeiern. Bald stand er inmitten der Bewohner Ammtaras, man klopfte ihm auf die Schulter, spendierte ihm ein Getränk nach dem anderen, bis sich die Bauten um den Platz zu bewegen begannen.
    »Verzeiht«, entschuldigte er sich und klang bei seinen Worten sehr angestrengt, »meine Gefährtin wartet mit dem Essen.«
    »Frauen darf man nicht warten lassen«, lachte ein Mann. »Das kann böse enden. Selbst für den Wichtigsten der Stadt.« Die Umstehenden stimmten in das Gelächter mit ein. Sie wünschten ihm einen angenehmen Tag und entließen ihn aus der Menge der Feiernden.
    Grinsend, was bei Pashtak für uneingeweihte Menschen wegen seiner Zähne mehr bedrohlich denn freundlich aussah, ging er durch Ammtara. Er freute sich über den Anblick der Bauten, die nicht mehr den Zorn Govans fürchten mussten, und seufzte zufrieden.
    Alles wandte sich zum Guten. Die Entscheidung, sich gegen den größenwahnsinnigen Govan zu stellen und die fanatischen Tzulani von hier zu verbannen, war richtig gewesen. Letztlich hatten sie damit ein tieferes Vertrauen der Dörfer und Städte in ihrer Nachbarschaft gewonnen. Er fuhr mit der krallenartigen Hand an der Mauer entlang, spürte die Wärme des Steins, der die Kraft der beiden Sonnen in sich gespeichert hatte. Ammtara konnte wachsen und gedeihen, die Menschen und Sumpfwesen würden zumindest innerhalb der Stadt in Eintracht leben. Ein guter Anfang.
    Pashtak befand sich in einer beschwingten Stimmung, er sog die unterschiedlichen Gerüche auf, die von Freude, Sommer und Essen erzählten. Essen! Mit einem Mal schwand die stille Vergnügtheit; vor seinem inneren Auge entstand Shui, die drohend den Kochlöffel hob und auf ihn zielte. Er hatte
    das Essen vergessen! Und er hatte Estra nicht gesucht.
    Sein Fell legte sich an, aus der Kehle stieg ein erschrockener Laut. Es sah schlecht aus für ihn, wenn er ohne glaubhafte Ausrede über die Schwelle trat; zudem kannte ihn seine Gefährtin viel zu gut, um ihn mit einer schnöden Lüge durchkommen zu lassen.
    »Da bist du ja!«, sagte eine Stimme hinter ihm erleichtert. Er drehte sich um und sah Estra vor sich. Immerhin hatte er eine Sorge weniger: Er musste sie nicht mehr suchen. »Du hast deinem Titel einer Inquisitorin alle Ehre gemacht«, lobte er sie und tat so, als untersuche er die Ritzen der Mauer, vor der er stand. »Mir ist aufgefallen, dass die Mörtelsorten unterschiedliche Güte haben, was auf Dauer gesehen eine Gefahr für die Beständigkeit der Bauwerke .. «
    Estra, die ein bis zu den Knöcheln reichendes hellbraunes Kleid trug, grinste fast schon boshaft. »Mir musst du nicht erklären, warum du das Mittagessen versäumt hast, sondern Shui.« Der Kopf der jungen Frau senkte sich, ihre halblangen dunkelbraunen Haare fielen auf den Stehkragen ihres Kleides. »Und unter uns: Ich würde mir eine andere Geschichte als die vom schlechten Mörtel ausdenken.«
    Erkundend schaute er in ihre karamellfarbenen Augen mit dem dünnen, gelben Kreis, der sich wie eine Fassung um die schwarzen Pupillen zog. »Sie ist nicht gut?«
    Estra lachte und kam näher, hakte sich bei ihm unter.
    »Nein, bei allen Göttern, das ist sie nicht. Aber vielleicht kann ich dir als Beweis für meine Dankbarkeit, dass du mich zur Inquisitorin Ammtaras gemacht hast, eine Rechtfertigung

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