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Trügerischer Friede

Trügerischer Friede

Titel: Trügerischer Friede Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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bürstenkurzen braunen Haarstreifen auf dem Schädel war das Haupt kahl und glänzte von Schweiß; die Sonnen hatte die Temperaturen unter dem Metall steigen lassen. »Ich bin hier, um Euch eine Nachricht
    vom Großmeister der Hohen Schwerter zu überbringen.« Er langte an seinen Gürtel, zog eine lederne Hülle hervor und
    überreichte sie ihm. »Redet nicht mit mir über das, was er
    Euch geschrieben hat, Pashtak, sondern schreibt es nieder, und ich überbringe es ihm«, sagte er schnell, weil der Vorsitzende der Versammlung bereits den Mund öffnete. »Ich soll Euch darüber hinaus bitten, unserem Zug diese und die kommende Nacht Gastfreundschaft zu gewähren. Wir möchten nicht im Freien nächtigen.«
    »Das kann ich zusichern«, sagte Pashtak abwesend, die gelben Augen wanderten über das Papier, das zu seiner Überraschung nicht von Kaleiman von Attabo, sondern von einem ganz anderen unterzeichnet war. Der Großmeister der Hohen Schwerter fungierte als Übermittler des ernsten Anliegens. Jetzt hatte er wirklich eine gute Ausrede vor Shui. Er rollte das Schriftstück zusammen. »Es wird dauern, bis ich Euch ein paar Zeilen aufgesetzt habe«, teilte er ihnen hastig mit. »Estra, sei doch so gut, wenn es dein Amt als Inquisitorin erlaubt, und zeige unserem Gast Ammtara. Führe ihn an die Stellen, die er bei seinem letzten Besuch nicht zu Gesicht bekommen hat.« Er eilte davon. »Wir treffen uns in zwei Stunden am Tor«, rief er und verschwand.
    Tokaro fühlte den neugierigen Blick der jungen Frau auf sich ruhen. »Nein, Estra, ich kann dir nicht sagen, was darin steht. Ich habe keine Ahnung, was so aufregend ist.« Er wusste nicht mehr genau, wie er sie das letzte Mal angesprochen hatte. Da sie in seinem Alter war und durch ihre Mimik nicht deutlich machte, dass sie ihm das Du übel nahm, verzichtete er weiterhin auf eine herrschaftlichere Anrede.
    »Könnt Ihr .. kannst du in dieser Rüstung laufen, oder willst du reiten?« Sie schaute zu dem eindrucksvollen
    Schimmel, der geduldig hinter seinem Herrn stand und mit wachen Augen die Umgebung beobachtete. Seine Nüstern
    blähten sich; die Ausdünstungen der Sumpfwesen, von denen einige die Abstammung von einem Raubtier nicht verleugnen konnten, machten ihn unruhig.
    »Treskor bleibt bei mir, aber ich werde laufen. Es wäre nicht eben höflich, neben dir her zu reiten und auf dich herabzuschauen.« Er lächelte spitzbübisch. »Ich weiß etwas Besseres.« Er packte sie um die Hüften und stemmte sie in die Luft; ehe sie es sich versah, hockte sie quer auf dem Sattel und sah ihre Heimat aus einem völlig neuen Blickwinkel. »Dann kommt sich Treskor nicht ganz so nutzlos vor.«
    Estra gelang es schnell, eine Sitzposition einzunehmen, die bequem und ausbalanciert genug war, um nicht herunterzufallen. Sie saß zum ersten Mal auf dem Rücken eines Pferdes, fühlte sich ein wenig unwohl und war dennoch aufgeregt wie ein kleines Kind. »Du hättest mich wenigstens fragen können«, sagte sie gespielt vorwurfsvoll und streifte eine dunkelbraune Haarsträhne aus dem Gesicht. »Du kannst jederzeit wieder runter.« »Nein, ich bleibe.« Sie zeigte nach links. »Da entlang. Wir fangen bei dem Versammlungsgebäude an.«
    Die Zeit verging wie im Flug. Tokaro und Estra schauten sich die monumentalen Gebäude entlang der Prachtstraßen an und drangen tief in die Gassen Ammtaras vor, wo die Häuser dicht an dicht standen und manche Behausungen noch aus der Zeit stammten, zu der Sinured in seiner ersten Regentschaft vor mehr als vierhundertsechzig Jahren geherrscht hatte.
    Estra erklärte Tokaro alles Mögliche zur Geschichte der Stadt, wobei sie ihn immer wieder heimlich betrachtete. Sie hatte sich gewünscht, ihn wieder zu sehen, und versuchte nun zu ergründen, woran das lag. War es, weil er ihren Vater kannte und ihm näher stand als sie, die eigene Tochter? Oder weil sie ihn mochte?
    »Was genau ist deine Aufgabe als Inquisitorin, Estra?« In dem Moment drehte er sich zu ihr um und sah zu ihr auf.
    Ihre Blicke verschmolzen.
    Der gelbe Ring um ihre Pupille vergrößerte sich und verdrängte ihre eigentliche Augenfarbe. Tokaro starrte sie an, als wäre sie eine Göttin; er konnte sich weder rühren noch sprechen. Stattdessen verfiel er in einen Tagtraum, in dem er sie bei der Hand nahm und sie in seine Burg Angoraja führte. Hunderte von Rittern, Knappen und Pagen füllten den Festsaal und ließen sie beide als Brautpaar hochleben.
    »Hurra«, murmelte er leise und lächelte

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