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Trügerischer Friede

Trügerischer Friede

Titel: Trügerischer Friede Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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helfen, das System aus Tarpol auch für das Königreich Borasgotan aufzubauen.« Sie schauderte, dachte kurz, dass ihre Schulter von einer eisigen Hand sanft berührt worden sei Die Flammen
    schafften es aus einem beunruhigenden Grund nicht, die Kälte aus dem Zimmer zu vertreiben. Dabei stand der eigentliche und viel eisigere Winter noch bevor. Mit einem lauten Krachen flogen die Fenster auf, der
    Wind wirbelte die Vorhänge durcheinander und formte Gebilde aus dem weißen Stoff, die entfernt an menschliche Gesichter erinnerten. »Verzeiht.« Norina erhob sich und schloss die Fenster. Als sie sich umwandte, erschrak sie.
    Lautlos wie ein düsterer Geist hatte sich Elenja erhoben und war neben sie getreten; beinahe wäre sie in die Frau hineingerannt. Sie wich vor ihr zurück, Angst umklammerte jäh ihr Herz.
    »Entschuldigt, dass ich Euch einen Schrecken eingejagt habe, ich wollte Euch helfen«, erklärte sie und kam näher, streckte eine Hand aus.
    Gelähmt starrte Norina auf den sich nähernden schwarzen Handschuh, der eindeutig auf ihre Kehle zielte. Es machte den Eindruck, als beabsichtigte Elenja, sie zu erwürgen. Ihr Körper, den sie eindringlich aufforderte, sich zu bewegen oder etwas zu sagen, gehorchte ihr nicht, während ihr Inneres allmählich gefror.
    Die Spinnenfinger griffen unvermittelt an ihr vorbei und umschlossen eine Stoffbahn, zupften sie zurecht. »Nun sieht es wieder aus wie vorher«, krächzte Elenja zufrieden. »Setzen wir uns wieder, Kabcara Norina? Wie viele Eurer Beamten könnt Ihr für wie lange entbehren?«
    Norina blinzelte. Ihre Glieder verloren die Starre, und sie wankte mehr zu ihrem Sessel, als dass sie ging, fiel hinein
    und riss die Tasse mit dem vermeintlich heißen Tee an steh.
    Sie hielt inne, als sie das Porzellan berührte: Es war ebenso
    kalt wie der Inhalt!
    »Mir ist eben eine Idee gekommen.« Elenjas verhüllter Kopf neigte sich nach vorn. »Darf ich Euch einladen, mich
    Ende der Woche nach Amskwa zu begleiten ? Meine Untertanen sollen es als Zeichen werten, dass ich die Erneuerung mit Eurer Unterstützung vorantreibe und dass wir beide eine Art Bündnis der Kabcaras geschlossen haben.« Sie sah das Zögern in den braunen Augen Norinas. »Nur, wenn es Eure eigenen Geschäfte zulassen«, setzte sie wispernd nach. »Ich wollte Euch nicht überrumpeln. Wir können es natürlich zu einem beliebigen anderen Zeitpunkt. .«
    »Nein«, sagte Norina hastig, um nicht noch unhöflicher auf ihre Besucherin zu wirken. »Ihr habt Recht, gerade zu Beginn Eurer Regierung sollen die Menschen erfahren, dass sich etwas ändert und Ihr nichts mit Raspot dem Ersten gemein habt.« Sie überlegte. »Ich werde sehen, dass ich es einrichten kann.«
    »Sehr schön«, kam es flüsternd aus dem Stoff, und Norina erbebte wieder. Es klopfte laut gegen die Tür. Gleich darauf wurde sie von keinem Geringeren als Lodrik geöffnet. Seine nachtblaue Robe starrte vor Schmutz, Dreck und Gras hingen daran, die Stiefel bestanden mehr aus Schlamm denn aus Leder. »Du musst sofort mitkommen«, sagte er zu Norina. Die blauen Augen wanderten hinüber zu der Frau, er stutzte. »Verzeiht.. mir meinen ungestümen Auftritt, doch es ist sehr dringend.«
    Norina schaute in sein hageres Antlitz, in das die blonden Haare hingen. »Das ist Kabcara Elenja die Erste von Borasgotan«, stellte sie vor. »Lodrik Bardric, mein Gemahl.«
    Elenja saß kerzengerade und regungslos auf ihrem Platz,
    der Kopf mit dem Tuch schaute in Richtung des Eingangs.
    »Ich kenne ihn«, sagte sie mit schwacher Stimme.
    »Nein, Ihr kennt mich nicht«, gab er freundlich, aber bestimmt zurück. »Ihr seid zu jung, was ich gehört habe, als dass wir uns begegnet sein könnten.« Er versuchte ebenso vergebens wie seine Gattin, den Schleier mit den Augen zu durchdringen, spürte dabei eines aber sofort: Sie besaß eine Ausstrahlung, die ihn gefangen nahm.
    Er wurde in ihren Bann gezogen, ohne dass er etwas von ihrer wahren Gestalt zu sehen bekam. Es mochte das Schwarz sein, sein Hang zur Melancholie, das Wissen um den Tod ihres Mannes und die schreckliche Krankheit, welche sie ebenso zu einer Ausgestoßenen machte. Ein dünnes Band, so meinte er zumindest, entstand zwischen ihnen.
    Norina bemerkte, dass Lodrik die Verschleierte länger anblickte als irgendjemanden sonst in den letzten Wochen.
    Ihr Argwohn erwachte, das alte Tier Eifersucht gähnte und erhob sich, auch wenn sie sich dafür auf der Stelle innerlich schalt. Es war Unsinn. »Du wolltest

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