Trügerischer Spiegel: Roman (German Edition)
meinen nächsten Drink genauso oder sogar mehr geliebt als dich. Ich weiß, daß du Carole begehrst. Sie hat dich ausgenutzt und dich verletzt. Ich will dir helfen, sie zu überwinden.«
Sie faßte Mut und berührte sein Gesicht. »Mir ist es egal, ob die anderen merken, daß du ein wunderbarer Mann bist. Für mich bist du es. Für mich warst immer du der Held.«
»Was hast du vor, Dorothy Rae?«
»Ich möchte, daß wir uns wieder lieben.«
Er sah sie länger an, als er das seit Jahren getan hatte. »Ich bezweifle, daß das möglich ist.«
Sein beiläufiger Tonfall machte ihr angst. Trotzdem lächelte
sie schwach. »Laß uns zusammen daran arbeiten. Gute Nacht, Jack.« Dann löschte sie das Licht und legte sich neben ihn. Er reagierte nicht, als sie ihre Arme um ihn legte, aber er wandte sich auch nicht ab wie sonst.
Seit Carole aus der Klinik zurückgekehrt war, gab es nur noch Schlaflosigkeit. Und die Nacht war auch zur besten Zeit geworden zum Nachdenken. Aber an der Logik haperte es immer noch. Denn so unwahrscheinlich es auch klingen mochte, die einzige logische Lösung für alle Probleme war unsinnig.
Carole war nicht Carole.
Das Wie, Warum und Wozu war wichtig, aber nicht so wichtig wie die Tatsache, daß Carole Navarro Rutledge durch jemand anderen ersetzt worden war. Amnesie war eine andere mögliche Erklärung für die völlige Änderung ihrer Persönlichkeit. Das würde erklären, warum sie sich wieder in ihren Mann verliebt hatte, aber die anderen Dinge nicht. Gegenwärtig sah es einfach so aus, als wäre sie eine völlig andere Frau.
Carole war nicht Carole.
Wer war sie dann?
Die Frage war wichtig, denn es stand so viel auf dem Spiel. Der in Jahren erarbeitete Plan mußte bald in die Tat umgesetzt werden — aber wenn eine Betrügerin ihn durchkreuzte ... Es war zu spät zum Umkehren, und das war auch gar nicht erwünscht. Die süße Rache erforderte manchmal bittere Opfer.
Und diese Carole, diese Betrügerin, mußte genau beobachtet werden. Sie wirkte unschuldig, aber man konnte gar nicht vorsichtig genug sein. Warum nur hatte sie Caroles Identität angenommen?
Sobald sie wieder zu Hause waren, mußten auf diese Fragen Antworten gefunden werden. Vielleicht sollte man ihr noch einmal einen Köder hinwerfen, um zu sehen, wie sie reagierte und wem sie sich zuwandte. Ja, eine weitere Nachricht war notwendig. Man durfte sie keinen Verdacht schöpfen lassen, daß sie entdeckt war. Der Partner bei dem Unternehmen würde darin sicher übereinstimmen. Von jetzt an mußte Carole lückenlos observiert werden. Sie mußten wissen, wer sie war.
Sie mußten damit anfangen, herauszufinden, wer wirklich beim Absturz des Fluges 398 gestorben war — und wer lebte.
Tate und Jack trafen sich im Frühstücksraum. Angesichts der Miene seines Bruders fragte Tate: »Bist du immer noch sauer, weil ich Dirk und Ralph rausgeworfen habe?«
»Es ist dein Wahlkampf«, meinte Jack schulterzuckend.
»Es ist unser Wahlkampf.«
Der Ober kam mit dem Frühstück. Als er fort war, beugte sich Tate über den Tisch. »Ich wollte damit deine Entscheidung nicht in Frage stellen, Jack.«
»Aber so hat’s für mich und die anderen ausgesehen.«
»Ihre Art hat einfach nicht zu mir gepaßt. Ich höre auf dich und Eddy und Dad, aber –«
»Aber du hast dich Caroles Meinung angeschlossen.«
Tate war erstaunt über Jacks Heftigkeit. »Was hat sie damit zu tun? Mein Name steht auf den Wahlzetteln. Ich bin dafür verantwortlich, wie mein Wahlkampf läuft. Und wenn ich gewählt werde, muß ich auch für alles geradestehen. Tate Rutledge«, betonte er, »niemand sonst.«
»Das verstehe ich.«
»Dann arbeite mit mir, nicht gegen mich.« Tate schob seinen Teller beiseite und stützte die Ellbogen auf den Tisch. »Ich hätte es allein nie schaffen können. Meinst du, ich weiß nicht, wie sehr du dich einsetzt? Ich bin dir sehr dankbar, daß du mir so viele Dinge abnimmst. Mehr, als du wahrscheinlich weißt, ist mir klar, daß ich auf dem weißen Pferd sitze, während du unten stehst und den Mist zusammenfegst.«
»Ich habe nie den Platz auf dem weißen Pferd angestrebt, Tate. Ich will nur, daß ich Anerkennung dafür bekomme, daß ich den Mist verdammt gut zusammenfege.«
»Mehr als verdammt gut. Tut mir leid, daß wir uns gestern nicht einig waren, aber manchmal muß ich meinem Instinkt folgen. Keiner kann sagen, ich wäre geeignet für ein öffentliches Amt, wenn ich mich durch ein wenig Druck von außen gleich
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