Trügerischer Spiegel: Roman (German Edition)
umstimmen lassen würde, oder?«
»Wohl kaum.«
Tate lächelte nachdenklich. »Also, wenn man es als Ganzes betrachtet, ist es doch so, daß ich mit nacktem Arsch vor der Öffentlichkeit stehe, Jack.«
»Du solltest nur nicht erwarten, daß ich ihn küsse, wenn ich denke, daß du unrecht hast.«
Die beiden Brüder lachten. Jack wurde als erster wieder ernst. Als der Ober abräumte, bestellte er noch zwei Tassen Kaffee und sagte: »Täte, wenn wir schon dabei sind, aufzuräumen...«
»Hmm?«
»Es macht den Eindruck, als würde es zwischen dir und Carole wieder besser stehen.«
Tate sah seinen Bruder kurz an und wandte sich ab. »Etwas.«
»Das ist... nun, das ist gut, wenn ihr dabei glücklich seid.«
»Ich hab’ so das Gefühl, es kommt noch was, oder?«
Jack räusperte sich unbehaglich. »Da ist eine Sache... du wirst mich für verrückt halten.«
»Versuch’s einfach.«
»Irgendwas ist mit ihr nicht in Ordnung. Ich weiß nicht. Mensch, du schläfst doch mit ihr, wenn du es nicht bemerkt hast, muß ich’s mir einbilden.« Er wartete auf eine Reaktion, die nicht kam. »Hast du sie gestern abend mit dem Fernsehtyp reden sehen?«
»Welchem?«
»Der den Fernsehspot auf der Ranch gedreht hat.«
»Er heißt Van Lovejoy und berichtet für KTEX von meinem Wahlkampf.«
»Ja, ich weiß.« Jack lachte trocken. »Sie ist gestern abend direkt auf ihn zugegangen. Er ist irgendwie gar nicht ihr Typ.« Tate wandte den Kopf ab. »Ich meine... äh...« stammelte Jack. »Er ist nicht... verdammt, du weißt, was ich meine.«
»Ja, ich weiß«, sagte Tate ruhig.
»Also, ich geh’ besser wieder hoch und mache Dorothy Rae und Fancy Beine. Eddy will, daß alle um halb elf fertig sind und unten in der Halle stehen.«
Tate starrte mit leerem Blick aus dem Fenster. Warum hatte Carole wieder mit dem Fernsehmann gesprochen? Ihre Unterhaltung damals hatte auch irgendwie verstohlen gewirkt, aber sie
hatte eine Ausrede parat gehabt. Er hatte gespürt, daß sie log, aber dann war da dieser Kuß, und er hatte vergessen, womit der Streit begonnen hatte. Gerade klappte alles zwischen ihnen so gut. Warum kam diese dunkle Wolke jetzt wieder am Horizont auf?
Sie hatten noch nie so gut und so befriedigend Sex miteinander gehabt. Es war heißer Sex, aber das war er immer gewesen. Er war schmutzig, aber das war er auch immer gewesen. Nur jetzt war es, als ob er schmutzigen Sex mit einer Dame hatte, und das machte ihn sogar noch besser. Sie hatte es nicht mehr so eilig beim Vorspiel. Sie benutzte keine obszönen Ausdrücke mehr, und sie kreischte nicht mehr so wie früher, wenn sie so tat, als würde sie kommen, sondern stieß rauhe, kleine Atemstöße aus, die er viel aufregender fand. Und er könnte schwören, daß ihre Orgasmen echt waren. An der Art, wie sie sich liebten, war etwas Neues – fast, als wäre es verboten, daß sie miteinander schliefen. Jedesmal hatte er das Gefühl, es wäre das erste Mal. Er entdeckte immer etwas an ihr, was er vorher noch nicht gekannt hatte.
Sie war nie prüde gewesen und immer ohne Kleider herumgelaufen. Doch in letzter Zeit gebrauchte sie eher kunstvoll ihre Wäsche anstatt ihrer Nacktheit, um ihn zu reizen. Gestern Morgen, als sie sich auf dem Sofa geliebt hatten, hatte sie sogar darauf bestanden, daß er zuerst die Vorhänge zumachte. Er nahm an, daß ihre Empfindlichkeit durch die kaum noch erkennbaren Narben auf Armen und Händen begründet war.
Ihre mädchenhafte Scheu erregte ihn. Sie verführte, indem sie sich zurückhielt. Er hatte immer noch nicht bei Licht gesehen, was er im Dunkeln mit Lippen und Händen berührte. Verdammt, und die Geheimnistuerei erregte sein Verlangen sogar noch mehr.
Gestern hatte er ständig nur an sie gedacht, sogar bei seinen Wahlkampfreden. Wann immer ihre Blicke sich trafen, schienen sie an dasselbe zu denken – an die Zeit, die sie allein verbringen würden.
Er hatte die eigenartige Angewohnheit entwickelt, ständig nach ihr Ausschau zu halten und sie zu berühren, wenn sie in seiner Nähe war. Spielte sie immer noch ein Spiel mit ihm? War ihre
Schamhaftigkeit ein Trick? Warum hatte sie ein solches Interesse an dem Kameramann?
Eigentlich wollte Tate am liebsten sofort Antworten darauf. Aber wenn er dafür den Frieden, die Harmonie und den Sex aufgeben mußte, würde er lieber ewig warten.
KAPITEL 41
Zee stand vor den gerahmten Fotografien an der Wand des Büros und betrachtete sie nachdenklich. Sie drehte sich um, als Avery hereinkam. »Hallo,
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