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Trügerischer Spiegel: Roman (German Edition)

Trügerischer Spiegel: Roman (German Edition)

Titel: Trügerischer Spiegel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Brown
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möchtest du darauf antworten?«
    »Überhaupt nicht. Nicht sofort. Der großspurige Hund will mich nur provozieren, mich wie ein feuerspeiender Drache aufzuführen. Diese Genugtuung werde ich ihm nicht geben. Ach ja, und die Sache mit dem ›großspurigen Hund‹ kommt nicht ins Protokoll.«
    Der junge Mann lachte und ging zu seinem Computer, um die Pressemitteilung zu verfassen.
    »Wie sieht die augenblickliche Umfrage aus?« fragte Tate.
    »Wir nehmen keine Rücksicht auf die Umfragen«, erklärte Eddy locker, als er auf sie zukam. Irgendwo unterwegs hatte er Fancy aufgelesen. Sie betrachtete Carole mit der üblichen Widerspenstigkeit.
    »Blödsinn«, sagte Tate als Erwiderung auf Eddys ausweichende Antwort. »Wie viele Punkte liege ich zurück?«
    »Vierzehn.«
    »Besser als letzte Woche. Ich sage doch, daß es keinen Grund zur Panik gibt.« Alle lachten über seine optimistische Analyse.
    »Hallo, Onkel Tate, hallo, Tante Carole.«
    »Hallo, Fancy.«
    Das Gesicht des Mädchens zeigte ein Engelslächeln, doch dahinter lag eine Art von Bosheit, die Avery beunruhigte. Das einzige
Mal, als Fancy sie im Krankenhaus besucht hatte, hatte sie sich über die damals noch sichtbaren Narben lustig gemacht. Die gefühllose Art des Mädchens verärgerte Nelson so sehr, daß er sie aus dem Zimmer schickte und ihr verbot, wiederzukommen. Es schien ihr nichts auszumachen.
    Schon beim ersten Blick sah man ihr an, daß sie eine berechnende kleine Hexe war. Wenn Fancy zehn Jahre jünger gewesen wäre, hätte Avery vorgeschlagen, ihr einmal kräftig den Hintern zu versohlen. Doch ihr Verhalten Carole gegenüber schien noch über die unbedachte Taktlosigkeit eines Teenagers hinauszugehen.
    »Ist das dein neuer Ehering?« fragte Fancy und deutete auf Averys linke Hand.
    »Ja. Tate hat ihn mir gestern abend mitgebracht.«
    Sie hob Averys Hand an den Fingerspitzen und betrachtete abschätzig den Ring. »Mehr wollte er wohl nicht investieren, was?«
    »Ich habe eine Aufgabe für dich«, unterbrach Eddy kurzangebunden. »Hier hinten.« Er nahm Fancys Ellenbogen, drehte sie um und schob sie in die entgegengesetzte Richtung.
    »Was für ein nettes Kind«, sagte Avery aus dem Mundwinkel heraus.
    »Eine Tracht Prügel würde ihr guttun.«
    »Stimmt.«
    »Hallo, Mrs. Rutledge.« Eine Frau im mittleren Alter kam zu ihnen und schüttelte Avery die Hand.
    »Hallo, nett, Sie wiederzusehen, Mrs. Baker«, sagte Avery, nachdem sie unauffällig das Namensschild an der Brusttasche der Frau gelesen hatte.
    Mrs. Bakers Lächeln schwand. Sie sah nervös zu Tate. »Eddy meint, daß du diese Pressemitteilungen überfliegen solltest, Tate. Sie sollen morgen rausgehen.«
    »In Ordnung. Nur keine Eile.«
    »Da habe ich was falsch gemacht, oder?« fragte Avery ihn, als die Frau wegging.
    »Wir gehen jetzt besser.«
    Er rief einen Abschiedsgruß in die Menge. Eddy winkte ihm
von der anderen Seite des Raums zu, sprach aber weiter in den Telefonhörer, den er zwischen Schulter und Ohr geklemmt hatte. Von ihrem Sitz an der Kante seines Schreibtisches aus winkte Fancy ihnen lässig zu.
    Tate ging mit Avery hinaus und zu einem silbernen Auto. »Diesmal kein Wagen mit Chauffeur?«
    »Jetzt sind wir wieder ganz normale Leute.«
    Avery sog den Anblick und die Geräusche der Stadt in sich auf, während sie sich langsam ihren Weg durch den Mittagsverkehr bahnten. Alles war angenehm vertraut und doch aufregend neu, wie der Frühling sich für ein Tier anfühlen mußte, das aus dem Winterschlaf erwachte.
    Als sie am Flughafen vorbeifuhren und sie die Maschinen starten sah, bekam sie eine Gänsehaut und ihr Bauch spannte sich so an, daß es weh tat.
    »Alles in Ordnung?«
    Sie wandte den Blick schnell von der Startbahn ab und sah, daß Tate sie scharf beobachtete. »Natürlich. Mir geht’s prima.«
    »Meinst du, daß du je wieder fliegen kannst?«
    »Ich weiß nicht. Ich denke, schon. Beim ersten Mal wird es bestimmt schlimm.«
    »Ich weiß nicht, ob wir Mandy je wieder in ein Flugzeug setzen können.«
    »Vielleicht überwindet sie ihre Angst leichter als ich. Kinder sind oft beweglicher als Erwachsene.«
    »Kann sein.«
    »Ich bin so gespannt darauf, sie wiederzusehen. Es ist schon Wochen her...«
    »Sie ist gewachsen.«
    »Ja?«
    Ein Lächeln huschte über sein Gesicht. »Vor ein paar Tagen habe ich sie auf meinen Schoß gesetzt und bemerkt, daß sie mir jetzt schon fast bis zum Kinn reicht.«
    Sie lächelten. Dann verdüsterte sich sein Blick wieder, und er wandte seine

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