Trügerisches Spiel (German Edition)
Füße kam.
»Das muss ein Reflex gewesen sein, ich wollte Sie nicht verletzen.«
Na toll! Wenn er schon Schmerzen hatte, wollte er sie sich wenigstens verdient haben. Zögernd ging er auf sie zu. »Wenn ich Ihnen aufhelfe, werden Sie mich also nicht noch einmal angreifen?«
»Nein.« Ann betrachtete ihre Umgebung. »Wie bin ich hierhergekommen?«
»Ich habe Sie getragen.«
Ann zuckte schuldbewusst zusammen. »Und ich habe Ihnen dafür wehgetan. Es tut mir wirklich leid.«
Jay hielt ihr seine Hand hin, die sie zögernd ergriff. »Vermutlich werde ich es überleben.« Aber sicher war er sich noch nicht. Auch wenn sie nicht viel Kraft in den Stoß gelegt hatte, war er genau ins Ziel gegangen. Es half auch nicht wirklich, dass die enge Jeans schmerzhaft drückte.
Für einen winzigen Moment glaubte er, ein Lächeln in ihren Augen zu sehen, doch es war sofort wieder verschwunden. »Ich wollte nicht schon wieder einschlafen, ich schätze, ich muss müder sein, als mir bewusst war.«
»Wenn Sie mir versprechen, dass Sie das nächste Mal woanders hintreten, bringe ich Sie an einen Ort, wo Sie sich ausruhen können.«
Ann strich ihre Haare aus dem Gesicht. »Ich kann sogar versprechen, Sie gar nicht mehr zu treten. Wohin wollen Sie mich bringen? Ich habe nicht viel Geld und …«
»Das brauchen Sie nicht.«
»Aber …«
»Vertrauen Sie mir.« Jay merkte gar nicht, dass er den Atem anhielt, bis sie schließlich nickte. »Aber zuerst das Wichtigste.« Er schloss den Wagen auf und öffnete die Beifahrertür.
»Und das wäre?« Ann ließ sich langsam in den Sitz gleiten.
»Essen.«
»Ich brauche …« Ihr Protest wurde vom lauten Knurren ihres Magens übertönt.
Jay ging um den Wagen herum und schwang sich auf den Fahrersitz. »Ich würde sagen, das war eindeutig. Sie sind überstimmt.«
Jocelyn sah ihn an und erkannte, dass er sich nicht davon abbringen lassen würde. Und eigentlich war sie froh darüber, denn ihr Magen krampfte sich bereits vor Hunger zusammen und sie wurde immer schwächer. Sie konnte es sich nicht leisten zusammenzubrechen. Auch wenn sie es geschafft hatte, Jay Hunters Neugier zu wecken, sie konnte nicht sicher sein, dass er sie nicht einfach wegschicken oder – noch schlimmer – ihren Aufenthaltsort verraten würde. Was wusste sie schon von Katherine über ihn, außer, dass er gut im Bett war, sich aber nicht binden wollte? Aber sie konnte es sich momentan nicht aussuchen, wen sie um Hilfe bat. Immerhin war Jay ein sehr guter und vertrauenswürdiger Detective, wie Katherine ihr damals erzählt hatte, und das war alles, was momentan zählte.
Jocelyn schnallte sich an und verschränkte die Hände über ihrem Bauch. Nur mit Mühe schaffte sie es, normal sitzen zu bleiben und nicht automatisch nach unten zu rutschen, um ihre Anwesenheit zu verbergen. Es konnte nur funktionieren, wenn sie keinerlei Aufmerksamkeit auf sich zog. Sie musste unsichtbar sein – und das ging am besten in voller Sicht. Sie spürte Jays Seitenblick, doch sie sah stur geradeaus, bis er den Wagen anließ und langsam aus der Parklücke fuhr. Zwei Querstraßen weiter hielt er vor einem Schnellimbiss an und legte ein Schild auf das Armaturenbrett, das den Wagen als Eigentum des Polizeidepartments auswies.
»Ist das erlaubt?«
Jay grinste sie an. »In Notfällen schon.«
Es war kein Geheimnis, wie er durch das Leben kam: Sicher konnte ihm kein Mensch widerstehen, wenn er lächelte, und das wusste er genau. Jocelyn schob die Tür auf und zog sich an ihr hoch. Eine Hand schlang sich um ihren Ellbogen und erschreckte sie halb zu Tode.
»Warum warten Sie nicht, bis ich Ihnen helfe? Möchten Sie gerne hinfallen und sich verletzen?« Unterdrückter Ärger klang in Jays Stimme mit.
»Nein, ich … bin es nur einfach nicht gewöhnt.«
Jays Gesicht schob sich näher an sie heran, seine beinahe schwarzen Augen nahmen sie gefangen. »Dann gewöhnen Sie sich ganz schnell daran, denn solange Sie mit mir zusammen sind und es Ihnen nicht gut geht, werde ich sämtliche Türen öffnen, Ihren Arm nehmen und Sie zur Not auch herumtragen. Alles klar?«
Katherine hatte eindeutig vergessen, ihr zu erzählen, wie befehlsgewohnt Jay Hunter war. Und was für faszinierende Augen er hatte. Jocelyn schüttelte den Kopf, um den Gedanken ganz schnell wieder zu vergessen.
»Nein?« Jays Augenbraue hob sich, er schien ehrlich erstaunt zu sein, so als gäbe es nicht viele Menschen, die es wagten, ihm zu widersprechen.
»Tun Sie, was Sie nicht
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