Trügerisches Spiel (German Edition)
wie er sich während ihres Kusses angefühlt hatte, schien er aus einem erotischen Traum entstiegen zu sein. Von seinem Körper ganz zu schweigen, dessen feste Muskeln sie bei ihrer Umarmung gespürt hatte.
Als Jocelyn erkannte, wohin ihre Gedanken gewandert waren, rief sie sich mühsam zur Ordnung. Auch wenn sie jemanden gefunden hatte, der ihr vielleicht bei ihren Problemen helfen würde, war sie noch nicht in Sicherheit und weit davon entfernt, ihr altes Leben zurückzubekommen. Geschweige denn in der Lage, wieder über eine neue Beziehung nachzudenken. Ein humorloses Lachen entfuhr ihr. Als würde Jay Hunter sich für jemanden wie sie interessieren, vor allem in ihrem jetzigen Zustand. Sie hatte den panischen Blick in seinen Augen nicht vergessen, als er auf ihren Bauch geblickt hatte, und die nachfolgende Erleichterung, als er erkannte, dass er nichts damit zu tun hatte. Andererseits hatte er sie, ohne zu murren, getragen …
»Was ist so lustig?«
Schuldbewusst wandte Jocelyn ihren Kopf zu ihm um. »Nichts.«
Jay warf ihr einen fragenden Blick zu, hob dann aber nur die Schultern. »Okay.« Sie bogen in eine Seitenstraße ein und hielten vor einem dreistöckigen Gebäude, an dem die typischen Feuerleitern bis zum Boden gingen. Jay schaltete den Motor aus und löste seinen Sicherheitsgurt.
»Wo sind wir?«
»Zu Hause.« Damit stieg er aus und verschwand aus ihrer Sicht.
Wie betäubt blieb Jocelyn im Wagen sitzen. Was meinte er damit? Er hatte sie irgendwo hinbringen sollen, wo sie in Sicherheit war, nicht …
Ihre Tür schwang auf und Jay hielt ihr die Hand hin. »Sie lernen dazu. Kommen Sie, wir wollen hier nicht zu lange draußen herumstehen, das bringt nur Aufmerksamkeit.«
»Sie wohnen hier?« Auf sein Nicken hin kniff sie die Augen zusammen. »Bringen Sie mich bitte zum Bahnhof oder in irgendeine Unterkunft, ich möchte nicht …«
Jay beugte sich vor, bis seine Nase fast ihre berührte. »Sie wollten, dass ich auf Sie aufpasse und Ihr Problem löse. Das kann ich nur, wenn Sie in meiner Nähe sind, wo ich Sie im Auge habe. Und ich werde sicher nicht am Bahnhof übernachten.« Seine Augen bohrten sich in ihre. »Meine Wohnung mag nichts Besonderes sein, aber ich denke, besser als ein Sitz im Wartesaal ist sie allemal.« Er griff nach ihrer Hand. »Steigen Sie aus, bevor alle meine Nachbarn an den Fenstern hängen.«
Jocelyn ließ sich widerstandslos herausziehen, denn sie wusste, dass er Recht hatte. Wenn sie hier draußen diskutierten, würden seine Nachbarn es zwangsläufig mitbekommen. Und auch wenn man sie mit dem Bauch und den veränderten Haaren nicht mehr mit Jocelyn Callaghan in Verbindung bringen würde, wäre ihr die Aufmerksamkeit unangenehm gewesen. Ganz zu schweigen von den Gerüchten, die deshalb vielleicht entstanden und Jay das Leben schwermachen würden. Mit gesenktem Kopf, ihren Rucksack dicht an sich gepresst, folgte sie ihm zum Hauseingang. Erleichtert atmete sie auf, als sie in das kühle Innere des Hauses traten und sich die schwere Haustür hinter ihnen schloss. Erst jetzt bemerkte sie, wie sehr ihr die Sicherheit eines Hauses in den letzten Tagen gefehlt hatte. Die Verspannung in ihren Schultern löste sich etwas, und ihr Griff um den Rucksack lockerte sich. Es half auch, Jays warme Hand an ihrem Arm zu spüren und zu sehen, wie er sich zwischen ihr und den Wohnungstüren hielt, damit er neugierige Blicke durch den Spion abwehren konnte. Ihre Beine zitterten vor Anstrengung, als sie endlich in der dritten Etage ankamen. Jay schloss rasch seine Tür auf und schob Jocelyn hinein.
Während er den Riegel vorschob und seine Jacke über einen Garderobenhaken hängte, trat Jocelyn in das Wohnzimmer. Oder zumindest das, was sie dafür hielt. Als sie das große Bett an einer Wand entdeckte, blieb sie so abrupt stehen, dass Jay, der ihr gefolgt war, gegen sie prallte.
Seine Hände schlossen sich um ihre Oberarme, damit sie nicht stürzte. »Was ist?«
»Entschuldigen Sie, ich dachte, das wäre Ihr Wohnzimmer. Ich wollte nicht …«
Ein leises Lachen ertönte hinter ihr. »Ist schon in Ordnung, es ist Wohn- und Schlafzimmer zugleich. Treten Sie ruhig ein.«
Jocelyn bemühte sich, nicht wieder zu dem zerwühlten Bett zu sehen, sondern ließ ihren Blick über die bequem wirkende Ledercouch und den kleinen Holztisch mit Glasintarsien wandern. In der Ecke des Zimmers fand sie wie erwartet einen riesigen Fernseher und eine teuer aussehende Stereoanlage. Jay Hunter war also ein
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