Trügerisches Spiel (German Edition)
ging vor. Glücklicherweise war der Täter so dumm gewesen, im volltrunkenen Zustand im Nebenzimmer einzuschlafen. Das bedeutete einiges an Papierkram, den Dave übernommen hatte, aber zumindest keine langen Ermittlungen. Die Befragung des Täters würde erst am nächsten Tag stattfinden können, wenn er völlig ausgenüchtert war und Gelegenheit bekam, einen Anwalt einzuschalten.
Deshalb kam Jay zwar später nach Hause, als er sich vorgenommen hatte, aber immerhin musste er keine Nachtschicht schieben. Auf dem Heimweg war er noch beim Supermarkt vorbeigefahren, damit er Jocelyn etwas mehr als den mageren Inhalt seines Kühlschranks anbieten konnte. Ausnahmsweise fand er sogar einen Parkplatz in relativer Nähe zum Hauseingang, sodass er die Tüten nicht so weit schleppen musste. Jay schob die Haustür auf, die mal wieder nicht richtig verschlossen war, und stieg die Treppen hinauf. Ein Gefühl von Vorfreude breitete sich in ihm aus, das ihn selbst verwunderte.
Abrupt blieb Jay stehen und horchte in sich hinein. Tatsächlich, er freute sich darauf, nicht in eine leere Wohnung zurückzukommen, sondern Gesellschaft zu haben. Langsam ging er weiter. Es war ihm nie aufgefallen, dass sein Junggesellenleben ziemlich einsam sein konnte. Natürlich hatte es auch Vorzüge, aber die kamen ihm nach so vielen Jahren inzwischen meist schal vor. Jay schüttelte die Gedanken ab, während er vor seiner Wohnungstür stehen blieb. Es mochte nett sein, für kurze Zeit Besuch zu haben, aber er würde vermutlich verrückt werden, wenn er jemanden ständig um sich hatte. Ein Überbleibsel aus seiner Jugendzeit mit fünf Geschwistern, die es ihm fast unmöglich gemacht hatten, auch mal Ruhe zu finden.
Jay hängte eine Tüte an den Türknauf, um seinen Schlüssel aus der Hosentasche zu fischen, und erstarrte, als die Tür nach innen aufschwang. Ohne zu zögern, ließ er die zweite Tüte fallen und zog seine Pistole aus dem Schulterholster. Mit dem Rücken an der Wand schob er mit einer Hand vorsichtig die Tür weiter auf. Als nichts passierte, rückte er etwas näher und blickte in seine Wohnung. Der schmale Schubladenschrank lag umgekippt auf dem Boden. Seine Jacken waren von den Garderobenhaken gerissen. Sein Herz krampfte sich bei dem Gedanken zusammen, dass Jocelyn etwas passiert sein könnte. Er hatte ihr versprochen, dass sie bei ihm in Sicherheit war, und keine zehn Stunden später war seine Wohnung aufgebrochen und verwüstet worden. Automatisch hob er seine Waffe, während er in die Wohnung trat.
Mühsam unterdrückte er den Impuls, nach Jocelyn zu rufen, und bewegte sich stattdessen lautlos den Flur entlang. Mit einem langen Schritt trat er über die Kommode hinweg und zuckte zusammen, als etwas unter seinem Schuh knirschte. Wut strömte durch seinen Körper, als er eines von Shanes gerahmten Fotos zerstört auf dem Boden liegen sah. Nach und nach blickte Jay in alle Zimmer, doch die Einbrecher waren nicht mehr da. Allerdings gab es auch keine Spur von Jocelyn. Ein schlechtes Gefühl breitete sich in seinem Magen aus. Zwar hatte er nicht ihre Leiche entdeckt, aber wenn diese Kerle sie verschleppt hatten, gab es kaum eine Möglichkeit, sie schnell genug wiederzufinden. In allen Räumen waren die Möbel zerstört, doch das interessierte ihn im Moment überhaupt nicht.
Während einer zweiten Tour durchsuchte er alle Schränke und Nischen, in die sich Jocelyn hätte verkriechen können, doch auch sie waren leer. Nirgends gab es eine Spur, wohin sie verschwunden sein könnte. Jay ließ sich auf sein aufgeschlitztes Sofa sinken und vergrub das Gesicht in den Händen. Verdammt! Wie hatten sie ihren Aufenthaltsort so schnell finden können? Er hatte außer Dave niemandem davon erzählt und war bei seinen Ermittlungen extrem vorsichtig gewesen. Trotzdem schien die Information innerhalb weniger Stunden an Leone weitergegeben worden zu sein. Das konnte er sich nur damit erklären, dass der Mafiaboss oder einer seiner gekauften Informanten innerhalb der Ermittlungsbehörden Zugriff auf die Datenbank hatte und einsehen konnte, wer welche Seiten aufrief. Aber selbst das war eine sehr vage Methode. Oder hatte Jocelyn jemanden angerufen? Nein, das konnte er sich nicht vorstellen.
Jay rieb über seine schmerzenden Schläfen. Vielleicht hatten sie gar nicht damit gerechnet, dass Jocelyn sich bei ihm versteckte, sondern waren nur eingebrochen und hatten die Wohnung verwüstet, um ihm eine Warnung zu verpassen. Trotzdem hatten sie Jocelyn
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