Trügerisches Spiel (German Edition)
unfair gewesen, der sich zuerst um sie gekümmert und dafür gesorgt hatte, dass sie in Sicherheit war, bevor er seine Dinge regelte.
Jocelyn blickte auf das einladende Doppelbett, das mit jeder Minute verlockender aussah. Müdigkeit ließ ihre Schritte schwer werden, ihre Augen waren bereits mehr als einmal zugefallen. Mit einer Hand stützte sie sich an der Wand ab, als sie schwankte. Sie schüttelte den Kopf, aber das machte sie auch nicht wacher. So dringend sie auch auf Jay warten wollte, es würde ihr nicht gelingen. Die Ereignisse des Tages hatten jeden Rest Kraft gekostet, ihre Energie war erschöpft. Wenn sie Jay morgen nicht zur Last fallen wollte, musste sie jetzt schlafen. Es fiel ihr schwer, einem Fremden zu vertrauen, aber wenn Jay gesagt hatte, dass Chris sie beschützen würde, dann würde sie ihn beim Wort nehmen.
Schwerfällig kroch sie ins Bett und zog die Decke über ihren Körper. Als ihr Kopf das Kissen berührte, stieß sie einen tiefen Seufzer aus. Wie von selbst fielen ihre Augen zu und sie sank in einen tiefen Schlaf.
Nachdem er sich vergewissert hatte, dass ihm niemand gefolgt war, stieg Jay die Stufen hinauf. Bevor er an die Tür klopfen konnte, öffnete sie sich bereits und Chris erschien in dem Spalt.
»Alles ruhig. Komm rein.«
Jay trat in den kleinen Flur und beobachtete, wie der ehemalige SEAL die Tür verriegelte und die Alarmanlage anschaltete. »Ist mit Ann alles in Ordnung?« Er hatte den beiden nicht gesagt, wer ihr Gast wirklich war, und sie hatten auch nicht danach gefragt. Wahrscheinlich war Chris durch seinen Job erst als SEAL und jetzt als Sicherheitsspezialist so an Geheimnisse gewöhnt, dass er sie einfach akzeptierte. In den letzten Jahren hatte Jay sich regelmäßig mit Chris im Fitnessstudio getroffen und war sicher, dass er mit der Situation umgehen konnte. Und tatsächlich war er bereit gewesen, Jocelyn für eine Nacht bei sich aufzunehmen.
Chris führte ihn in die Küche und in Richtung Tisch. »Setz dich, ich mache dir das Essen warm.« Als Jay ihn nur anblickte, seufzte er. »Deiner Freundin geht es so weit gut. Sie ist sehr still und hat sich gleich nach dem Essen ins Gästezimmer zurückgezogen.« Einer seiner Mundwinkel hob sich. »Mel hat ihre Kleidung mitgenommen und gewaschen, das ist wahrscheinlich der einzige Grund, warum sie noch nicht von hier verschwunden ist.« Er stellte den Teller in die Mikrowelle und schaltete sie an.
Langsam ließ sich Jay auf einen Stuhl sinken und fuhr mit den Händen durch seine zerzausten Haare. »Damit könntest du Recht haben. Ich hatte ihr versprochen, dass sie bei mir in Sicherheit ist, und schon am nächsten Tag bricht jemand in meine Wohnung ein. Wenn sie nicht aus dem Fenster geklettert wäre …«
»Hier wird ihr nichts geschehen. Sicher, dass ihr morgen schon weiterwollt?«
»Ja. Ich bin euch dankbar, dass ihr uns hier übernachten lasst, aber ich will euch nicht in Gefahr bringen. Je länger sie hier ist, desto größer die Wahrscheinlichkeit, dass es irgendwie herauskommt. Es braucht mir nur jemand zu folgen oder einen Sender an meinem Wagen oder in meiner Kleidung zu verstecken. Und ich will Ann so schnell wie möglich aus der Stadt herausbringen.« Er rieb über sein Gesicht. »Wir fahren morgen bei Sonnenaufgang los.«
Ein Klingeln ertönte, und Jay zuckte automatisch zusammen, bis er bemerkte, dass es nur die Mikrowelle war. Chris stellte den dampfenden Teller vor ihm auf den Tisch. »Iss. Ich möchte nicht, dass Clint mir hinterher vorwirft, ich hätte seinen Bruder hungern lassen.« Clint und Chris kannten sich aus den SEAL-Teams, ein weiterer Grund, ihm zu vertrauen.
Jay stieß ein Schnauben aus, nahm aber die Gabel entgegen, die Chris ihm reichte. »Ich glaube nicht, dass ich verhungern würde, wenn ich eine Mahlzeit verpasse – und Clint auch nicht. Aber trotzdem danke, ich habe seit heute Morgen nichts mehr gegessen.«
Chris nickte. »Ann braucht aber dringend regelmäßige Mahlzeiten, sie ist zu dünn.« Er hob die Hände, als Jay etwas dazu sagen wollte. »Befehl von Mel, ich bin nur der Überbringer.«
»Da, wo ich sie hinbringe, wird sie sicher gemästet.«
Ein schmales Lächeln erschien auf Chris’ Gesicht. »Das dachte ich mir.«
Eilig aß Jay auf, während Chris ihm von einigen lustigen Begebenheiten aus seiner SEAL-Zeit mit Clint erzählte. Schließlich war Jay satt und schob den leeren Teller von sich. »Danke für das Essen und die Unterhaltung.«
»Kein Problem. Wenn du weitere
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