Trügerisches Spiel (German Edition)
blickte Jocelyn ihn an. »Sagen wir es so: Mein Bruder ist nicht gerade dafür bekannt, viel zu reden.«
»Vor allem ist er viel zu selten hier, seit er an der Ostküste wohnt.« Traurigkeit zog über Angelas Gesicht. »Da bekomme ich endlich ein Enkelkind und kann es nur alle paar Monate mal sehen.« In die Augen seiner Mutter trat ein seltsamer Glanz, als sie erst Jocelyn und dann ihn betrachtete. Es wurde eindeutig Zeit für ein Ablenkungsmanöver. Rasch schob er den Stuhl zurück. »Entschuldigt mich für einen Moment, ich muss dringend Dave anrufen.«
Jocelyns alarmierter Gesichtsausdruck schnitt ihm ins Herz, aber darauf konnte er jetzt keine Rücksicht nehmen. Wenn seine Mutter erst mal auf eine Idee kam, war sie nur schwer wieder davon abzubringen, deshalb war es besser, sich zu entfernen und erst wiederzukommen, wenn sein Vater hier war.
Er blickte Jocelyn entschuldigend an. »Ich habe Dave gestern den ganzen Tag nicht erreicht, anscheinend hatte seine Tochter einen Blinddarmdurchbruch und wurde ins Krankenhaus eingeliefert.« Vor allem aber musste er seinem Partner von den Ereignissen erzählen und mit ihm besprechen, wie es weitergehen sollte.
»Oh.« Angela wirkte betroffen. »Richte ihm bitte meine Genesungswünsche für Kara aus. Ich hoffe, sie erholt sich schnell wieder.«
Jay lächelte sie an. »Ich werde es ihm ausrichten. Bin gleich wieder da.« Er trat auf den Flur und verließ das Haus. Draußen atmete er tief durch, bevor er das neue Handy aus der Hosentasche zog und anschaltete. Erleichtert atmete er auf, als er eine Rückrufnachricht von Dave entdeckte. Anscheinend war er aus dem Krankenhaus raus oder zumindest kurzzeitig wieder erreichbar.
Mit der Hüfte lehnte Jay sich an die Balustrade der Veranda, wählte Daves Nummer und wartete ungeduldig darauf, dass sein Partner sich meldete.
»Mahoney.« Das eine Wort klang bereits so erschöpft, dass Jay sich beinahe wünschte, er hätte nicht angerufen.
»Hallo Partner, wie geht es Kara?«
Einen Moment lang herrschte Stille, dann folgte ein unterdrücktes Stöhnen. Daves Stimme zitterte, als er schließlich antwortete. »So weit gut. Es war ein ziemlicher … Schreck.«
»Das kann ich mir vorstellen. Mom lässt Genesungswünsche ausrichten. Ich nehme an, Kara wurde operiert? Wann wird sie entlassen?«
Wieder Schweigen. »Ja, operiert. Es wird wohl noch ein paar Tage dauern, bis sie nach Hause kommt.« Dave räusperte sich. »Wie läuft es bei dir? Morris sagte, du hättest einen Unfall gehabt?«
Jay lachte humorlos. »So kann man es auch nennen. Ferro hatte mich um ein Treffen gebeten, doch bevor er sagen konnte, was er wollte, wurde er erschossen. Danach hat der Schütze versucht, mich zu erledigen, glücklicherweise hat er aber nicht richtig getroffen.«
Dave gab einen unterdrückten Laut von sich. »Wie geht es dir? Bist du verletzt?«
»Die eine oder andere Blessur, aber nichts Weltbewegendes. Hör zu, Dave, ich wollte dir nur Bescheid sagen, dass ich in nächster Zeit nicht zum Dienst komme. Ich weiß nicht, wie der Mörder von dem Treffen erfahren hat, aber ich nehme an, dass wirklich entweder das Telefon abgehört wird oder es im Department einen Spitzel gibt. Sag bitte zu niemandem was, okay?«
»Klar. Bist du jetzt gerade bei ihr?«
»Ja. Wenn irgendwas Wichtiges ist, erreichst du mich unter dieser Nummer, mein normales Handy habe ich abgestellt und woanders deponiert, damit mich niemand über den GPS-Chip finden kann.«
Jay hörte ein Kratzen. »Wann kommt ihr zurück?«
Er blickte über die grünen Hügel der Ranch und atmete tief ein. »Ich weiß es nicht. Im Moment ist es mir in San Francisco zu heiß, zuerst muss ich körperlich wieder fit sein und auch darüber nachdenken, wie ich die Sache am besten angehe.«
»Wir werden Leone kriegen, das verspreche ich dir.«
Jay rieb über seine schmerzende Schulter. »Sosehr ich ihn auch für das bestraft sehen will, was er Rizzo und so vielen anderen angetan hat, ich frage mich, ob Leone wirklich etwas mit dem Fahrstuhlmord zu tun hatte.«
Dave gab einen ungläubigen Laut von sich. »Hast du Beweise dafür?«
»Noch nicht, aber wenn es stimmen sollte, werde ich nicht ruhen, bevor ich den wahren Täter gefunden habe.«
»Sag mir Bescheid, wenn du etwas herausfindest. Was machst du, wenn es doch Leone war?«
Jay presste die Zähne zusammen. »Dann werde ich dafür sorgen, dass er nie wieder das Licht erblickt.«
»Ich helfe dir dabei.« Ein Moment der Stille entstand.
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