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Trümmermörder

Trümmermörder

Titel: Trümmermörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Rademacher
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Männer gefährdet sind und, besonders schrecklich, sogar Kinder. Dass es jemand ist, der an fast jedem Ort dieser Stadt fast jedem Bürger auflauern kann. DAS werden sie daraus lesen.«
    »Und es mag stimmen«, murmelt Stave.
    »Das macht die Arbeit nicht gerade einfacher. Ihre Arbeit. Schönen Sonntag noch, Herr Oberinspektor.«
    Stave steigt aus, nickt, schlägt die schwere Tür des Mercedes wieder zu, der sofort davonbraust.
    »Schöner Sonntag«, murmelt Stave, dann betritt er die Zentrale. Sieht nicht so aus, als würde er heute noch einmal dazu kommen, am Hauptbahnhof nach seinem Sohn zu suchen.
    Er gelangt nicht einmal ungestört ins Büro. Zwischen den Pfeilern löst sich ein Schatten, tritt auf ihn zu: ein junger Mann, frisch rasiert, munter, Notizblock und Bleistift in vor Kälte bläulich verfärbten Händen.
    »Ludwig Kleensch von der Zeit «, stellt er sich vor, »darf ich Sie kurz sprechen?«
    Stave muss sich schnell entscheiden: Soll er den Journalisten stehen lassen? Soll er mit ihm reden? Die Briten haben wieder Tages- und Wochenzeitungen zugelassen. Die meisten gehören politischen Parteien und beschränken sich auf Hamburg. Die Welt ist überparteilich und in der ganzen Besatzungszone zu haben, wie die Zeit , das Wochenblatt, das die erste Lizenz der britischen Behörden erhielt. Selbst die Tageszeitungen erscheinen in diesem Winter nur mit vier bis sechs Seiten und nur zweimal wöchentlich. Das gelbliche, holzhaltige Papier – wie bei alten, billigen Kindermalblocks, nur dünner – ist zu knapp.
    Der Oberinspektor kalkuliert: Jetzt ist Sonntag, bis Donnerstag, wenn die Zeit herauskommt, hätte er Ruhe, vorausgesetzt Kleensch bleibt der einzige Journalist, der sich bereits an die Sache drangehängt hat.
    »Gut«, sagt er, ringt vergebens um ein Lächeln, hält dem Schreiber aber die Tür auf. »In meinem Büro werden Sie sich wenigstens nicht die Hände abfrieren.«
    Kleensch nickt dankbar und überrascht angesichts von so viel Entgegenkommen.
    »Ich möchte mit Ihnen über den Trümmermörder sprechen«, sagt Kleensch, als sie oben angekommen sind.
    »Den Trümmermörder?«
    »So werde ich ihn nennen. Klingt eingänglich genug. Oder wäre Ihnen ›Der Würger‹ lieber?«
    Stave verzichtet auf eine Antwort, verzichtet auch darauf zu fragen, woher der Journalist schon so viel weiß – zum Beispiel auch, dass er, Stave, den Fall bearbeitet. Er denkt an die eng bedruckten Seiten, auf denen sich amtliche Bekanntmachungen, Hochzeits- und Todesanzeigen und alle Nachrichten der Welt drängen. Viel Platz wird Kleensch nicht haben. Vielleicht wird seine Geschichte den Lesern kaum auffallen? Nach den zwölf Jahren der braunen Zensur glaubt sowieso niemand mehr dem, was in den Blättern steht.
    Als hätte Kleensch seine Gedanken erraten, beugt er sich vor und murmelt ein wenig drohend: »Ich habe meiner Schriftleitung bereits angekündigt, dass es eine große Sache ist.«
    Der Oberinspektor nickt resigniert. Dann berichtet er nüchtern von den Fällen, schiebt dem Journalisten Kopien der Suchplakate herüber, erzählt ihm auch, was die Kripo bislang unternommen hat, verschweigt nur, was er demnächst zu tun gedenkt. Das, so spürt er, klänge ziemlich armselig.
    »Wird es weitere Morde geben?«, möchte Kleensch wissen, während er noch eifrig notiert und nicht einmal von seinem Block aufsieht.
    Dämliche Frage, denkt Stave, doch dann erkennt er, dass es eine Falle ist. Wenn er sagt: »Das kann man nicht ausschließen«, dann wird ihn der Journalist damit zitieren. Klingt ungut. »Wir hoffen, den Täter in den nächsten Tagen zu fassen«, antwortet er deshalb.
    Kleensch lächelt, halb anerkennend, halb enttäuscht. Er lässt eine Visitenkarte da, gedruckt auf demselben schäbigen Papier wie die Zeitung. »Falls es etwas Neues gibt, wäre ich Ihnen dankbar, wenn Sie mich anriefen. Ich will ja nichts Falsches drucken.«
    Der Journalist schüttelt ihm die Hand, öffnet die Tür – und wäre beinahe in Doktor Czrisini hineingelaufen. Neugierig starrt er ihn an, überlegt sich wohl eine Frage, entscheidet sich dann aber dagegen und verschwindet.
    Der Pathologe tritt ein. Wenige Augenblicke später folgt ihm auch Maschke – Stave mutmaßt, dass der sich irgendwo versteckt hat, bis der Journalist den Gang hinuntergegangen und außer Sicht ist. Schließlich erscheinen MacDonald und, hinter ihm, Erna Berg. Wer hat ihr Bescheid gesagt, fragt sich Stave, sagt aber nichts.
    »Ich mache Tee«, ruft sie und

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